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Kunstwart und Kulturwart — 28,3.1915

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Heft 17 (1. Juniheft 1915)
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Steffen, Gustaf Fredrik: Die britische Politik und der Weltkrieg
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14420#0210

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rnnerhalb aller modernen Großmächte dreselben sind. Wenn wir es
nicht schon wissen, so werden wir jetzt daran erinnert, daß das englische
Volk, seinem in geographischer Hinsicht eigentümlich bedingten Bedürfnisse
gemäß, mindestens ebenso militaristisch ist wie das deutsche, und daß das
deutsche, seinen eigentümlichen wirtschastlichen Lntwicklungsbedingungen
zusolge, mindestens ebenso friedlich ist wie das englische. Wenn eine der
beiden Nationen imperialistischer ist als die andere, so ist es die königlich-
englische und nicht die kaiserlich-deutsche. Moderner Imperialismus ist
ein außerordentlich expansives, oft ein weltumfassendes politisches Streben.
Die Deutschen sind weit mehr ein HLusliches Volk, ein Luropavolk, als die
auf dem ganzen Erdballe als Herren im Hause lebenden Anglosachsen.
Stockholm GustafF. Steffen

Vom Heute fürs Morgen

Auch Jtalien?

^v^enn der Leser dieses Blatt vors
^-^Auge nimmt, ist vielleicht schon
eine Antwort gesprochen. Ebenso
möglich ist ja, daß die Antwort wei-
ter „schwebt". And ausgeschlossen
nicht einmal, daß sie überhaupt im
Schweben bleibt.

Offen über Italien zu reden, ist
jetzt unmöglich, nicht etwa der Zen-
sur wegen, sondern aus Gründen
der Mitverantwortlichkeit. Das dars
gesagt werden: im Falle Italien hat
sich unsre Presse ihrer Aufgabe bis
jetzt durchaus gewachsen gezeigt.
Leicht ist es ihr sicher nicht geworden:
es war für uns alle eine Dauer-
übung in Selbstbeherr-
schung. Möge diese Selbstbeherr-
schung auch vorhalten für den Fall
der Kriegserklärung. Wir würden
auch einem erklärt feindlichen
Italien nur nützen, wenn wir uns
jetzt nicht in Zucht behielten, wir
könnten ihm gar keinen größeren Ge-
fallen tun, als dadurch, daß wir
seinen Bundesgenossen die ersehnte
Gelegenheit zu entrüsteten Augen-
aufschlägen über diejenigen gäben,
denen zuliebe das treue Italien so
lange an sich gehalten habe und die
nun, oh! ihr wahres Gesicht ent-
hüllten.

Italien hat stets rein praktische
Politik in rein national-egoistischer

Weise getrieben. So hat es sich zu-
sammengefunden und entwickelt,
immer in der Ausnutzung der Ar-
beit anderer Völker, mit seinem Heer
immer als „Zuwag" auf derjenigen
Schale, auf welcher ihm das Meist-
wiegende zu liegen schien. „Ich sage
nicht, daß das ein Fehler sei", ich
glaube eher das Gegenteil, denn auf
dem Wege zu seinen völkischen Zie-
len hat sich ja Italien unzweifelhaft
gehoben. Immer war es dabei eine
kleine Zahl von Leitenden, welche
seit des alten Garibaldi Tagen die
Aufopferungsfähigkeit der Schwär-
mer benutzte, die sich ihrerseits für
die Leitenden hielten. Wenn man
jetzt einen d'Annunzio — „halb
Apostel und halb Hanswurst" — auf
die Menge losließ, so fragt sich: tat
man auch das der Pression wegen
oder tat man's, weil man das Er-
hitzen um der Hitze willen wollte,
und wenn: wird man im rechten
Augenblick die Geister bannen kön-
nen, die man rief?

Daß die italienische Regierung
nicht nur aus „friedlichem" Wege
so viel wie möglich von Osterreich
herausschlagen, daß sie ihrerseits, sie
die Regierung, wirklich den Krieg
wolle, das zu glauben fällt nicht
leicht, es sei denn, ein Fehler in den
Verhandlungen habe zum Abschluß
eines Geheimvertrages mit unsern
 
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