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Kunstwart und Kulturwart — 28,3.1915

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Heft 17 (1. Juniheft 1915)
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Stein, Erwin: Die Kriegsfürsorge der Städte
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Steffen, Gustaf Fredrik: Die britische Politik und der Weltkrieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.14420#0203

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An ehrlichen und opferwilligen Bemühungen seitens der Stadtverwal-
tungen, den notleidenden Kreisen mit Rat und Hilse zur Seite zu stehen,
hat es also nicht gesehlt. Soweit bis heute übersehen werden kann, ist
glücklicherweise fast immer wirksame Kriegshilse durch die Gemeinden ge-
leistet worden. LrwinStein

Die britische Politik und der Weltkrieg»

^^^as britische Weltreich ist anderer Art als jegliches Imperium, das
^-H Hvor ihm existiert hat. Es umsaßt nicht allein ein Viertel der Land-
obersläche der Erde, sondern schließt auch die politische Herrschast
über die fünf Weltmeere ein. Aber diese siebzehn Zwanzigstel unserer
Weltkugel wacht das angelsächsische Volk mit Blicken, welche Abgunst
und Anruhe verdunkeln. Daß die britische Macht, verschiedene Grade
politischer Oberhoheit einschließend, ihre Herrscherhand über siebzehn Zwan-
zigstel des Erdbodens ausstreckt, ist eine Tatsache, die genau erkennen
läßt, wie sehr das britische Imperium alle andern Nationen niederdrückt
und ihre Rechte und Ausdehnungsmöglichkeiten zu Lande und zu Wasser
beschneidet.

„Nicht so sehr in dem ungeheuren Amfange der britischen Besitzungen
wie in ihrer geographischen Verteilung müssen wir die Vorbedingungen
zum Herausbeschwören kriegerischer Konflikte mit andern Staaten suchen.
Die britische Weltmacht ist kein geographisch abgeteiltes Reich wie das
russische, das einen zusammenhängenden Teil der Erde umsaßt. Das
Imperium der Angelsachsen umschließt unsere ganze Weltkugel, und in
dieses Reich finden wir alle übrigen Staaten der Erde eingezwängt. Kein
einziger dieser Staaten kann seinem natürlichen Erweiterungstriebe fol-
gen, ohne früher oder später in unmittelbare Kollision mit der britischen
Macht zu geraten. — —

„Die britische Herrschast kann sich nicht weiter ausdehnen, ohne die
politischen Rechte und territorialen Besitzungen anderer Völker zu be-
einträchtigen. Diese Kriegsursache ift in demselben Grade permanent, wie
zwischen der militärischen Krast des britischen Imperiums und der der
Staaten, welche die Expansionslinien des Imperiums schneiden, Gleich-
heit existiert.

„Die gegenwärtige britische Herrschast läßt sich nicht aufrechterhalten,
ohne daß die territoriale und politische Ausdehnung anderer Völker ge-
hemmt wird — ein Verhältnis, das zum Kriege sühren muß — zu einem
Kriege, wenn das Imperium unterliegt, zu einer Reihe von Kriegen,
wenn es siegt."

In diesem Zitate scheinen mir die am tiessten liegenden Arsachen des
gegenwärtigen Weltbrandes zusammengefaßt zu sein. Denn falls Eng-
land in dem Konflikte zwischen Deutschland-Ssterreich und Rußland-Frank-
reich neutral geblieben wäre, hätten wir freilich einen großen Krieg er-
leben können, aber keinen Weltbrand. Englands Teilnehmen daran gegen
Deutschland erweiterte und vertieste den großen, rein europäischen Kon-
flikt zwischen Russoslawen und Germanen zu einem Weltkriege. Und
Englands Beteiligung hat ihren tiessten, und zwar durchaus realen Grnnd
in nichts anderem als dem Umsange, dem Ausbaue, dem Expansionstriebe
und dem Selbsterhaltungsinstinkte des britischen Weltreiches.

^ Vgl. hierzu den Rundschaubeitrag „Zwei schwedische Bücher über den Krieg".
 
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