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Kunstwart und Kulturwart — 28,3.1915

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Heft 18 (2. Juniheft 1915)
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Avenarius, Ferdinand: Ja, auch Italien!
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Stapel, Wilhelm; Natorp, Paul: Paul Natorps "Tag des Deutschen"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14420#0241

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ten, wir wissen auch, daß wir den Frieden wollten. Wir wissen, daß
das Bild nicht nur ein Zerr-, sondern ein Trugbild ist, das man denen
draußen von uns vormalte, bis sie es selber in ihren Köpfen nachmalten
und nun alle unsre Handlungen in seine Umrisse hineinzwängten, wie der
Zeichner von Spaß-Landkarten seine Gestalten in die Grenzlinien der
Länder zwängt. Verkannt, verdächtigt, gehaßt stehen wir mit unsern Ver-
bündeten nun gegen füns, eigentlich sechs Großmächte und noch drei
Länder zur Wehr, es ist ja nicht übertrieben: gegen drei Viertel der Welt,
die überhaupt in Frage kommt. Wäre drüben „die Freiheit, die Wahrheit
und das Recht^, wer von uns könnte noch an die Möglichkeit deutschen
Sieges glauben? Wir aber sühlen die drei unmittelbar bei uns, nicht
überall verwirklicht, wohl aber als Verlangen, als Willen, als Kraft.
Als Keime besten Menschentums fühlen wir sie in uns, die treiben, als
Willensquellen, aus denen die Krast des Einzelnen und der Gesamtheit
dem Muskel zuströmt, der gerade gespannt werden muß. In dem aber,
was um uns geschieht, können wir keine aufwachsende Kraft erkennen,
sondern verfallende. Deshalb vertrauen wir. Und das halten wir für
gut, daß wir nicht leicht und schnell siegen. Wär' es damals so weiter-
gegangen hin nach Paris, so hätten wir trotz all der großen Opfer im
Anfang den Sieg doch nicht im Verhältnis zu seiner unermeßlichen Wichtig-
keit erarbeitet. Ietzt werden wir ihn erarbeiten. Der schwere
Sieg mit den Höchstanstrengungen aller Kräfte in uns wird das Tüch-
tigste entwickeln, was deutsches Wesen erreichen kann. fmj A

Paul Natorps ^Tag des Deutscheu"

^^ine philosophische Durchdringung des Tages der Weltgeschichte, den
E^wir jetzt erleben, ist seit den ersten Kriegsmonaten in allerlei Auf-
^«^sätzen und Vorträgen wieder und wieder versucht worden. Ls liegt
uns nun einmal im Blute: wir wollen zwar die Tatsachen erkennen, wie
sie sind, aber wir wollen auch darüber hinaus ihren tieseren Sinn er-
forschen, wir wollen, um es von einer andern Seite her auszudrücken:
uns unsrer Ideale bewußt werden und die Tatsachen und Vorgänge da-
nach werten.

Die Befreiungszeit hatte Arndt und Fichte. In unsrer Zeit hat man-
cher ähnlich sprechen wollen, aber seine Kraft entsprach dem Willen
nicht. Die ersten echten Klänge hallten aus einem Aufsatze Natorps
aus dem nun eingegangenen „Säemann", stärkere noch brachte ein
zweiter, der in dem Büchlein „Nach der Schlacht" (Verlag von Otto
Rippel, Hagen) erschienen ist. Den Abschluß fand Natorps Gedankenreihe
mit einem dritten Aufsatze in der „Tat". Ietzt liegen die drei gesammelt
vor in einem Bändchen, das nach Schillers Wort den Titel führt: „Der
Tag des Deutschen". Es erschien gleichfalls bei Rippel und kostet eine Mark.

Das Büchlein eröffnet ein „Brief eines deutschen Nniversitätsprofessors
an einen amerikanischen Kollegen". Hier ist eine jener Verteidigungen
an das Ausland, wie sie uns in den ersten Kriegsmonaten nötig schienen,
heut aber schon fast veraltet anmuten. Auch Natorps Apologie können
wir für unser Teil nur mehr „geschichtlich" nehmen, recht frisch erscheint
 
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