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Kunstwart und Kulturwart — 28,3.1915

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Heft 17 (1. Juniheft 1915)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14420#0228

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unverzerrten Gesichter, die wie ersiarrt sind, haben den „Sturinblick", den
jeder draußen kennt. So ist für mich dieses Bild Bernhard Win»
ters eines der stärksten, die der Krieg bisher gezeitigt hat, und das
gehaltvollste seiner besondern Art, welches ich kenne. Daß es „rnoderner",
„weniger hölzern^, „inalerischer" sein „könnte", mag sein — aber wo
sind die „malerischeren" Bilder, die so viel von seelischem Kampf-
erleben gäben? Und wo ist das Erleben so srei von jeder kraftmeiern-
den Phrase, von jeder Hurra-Grimasse dargestellt, wie hier?

Da wir gerade von Bernhard Winter sprechen, so kann ich den Lesern
gleich mitteilen, daß wir sein Hindenbnrg-Bildnis, das neulich der
Kunstwart klein wiedergab, als großes Wandblatt in Originalgröße in
Kupferätzung herausgeben. Wir halten es für das beste aller Hindenburg«
Bildnisse, die wir kennen, und genügen mit dem großen Blatte einem
Wunsche vieler Leser.

' Des Tirolers dell'Antonio Holzbüste des Generals von Bissing,
des jetzigen Gouverneurs von Belgien. Wir haben früher von den künst-
lerischen Ligenwerten der Holzschnitzerei gesprochen, die dem Publikum
zuliebe meist sorgfältig . . . weggeglättet werden. Gute Holzschnitzerei sollte
nicht nur ihren Gegenstand zeigen, sondern auch das Holz und das
Schnitzen: gerade daraus erwächst ja für den Kenner die Hauptfreude,
wie das Messer aus dem Holz einen Menschen herausholt, so, wie
er in Auge, Kopf und Herz des andern Menschen, des Künstlers lebt,
der das Messer führt. Wenn das d a, wenn das „gesagt" ist, dann sollte
das Messer beiseite gehn, es könnte sortan nur verwässern und langweilig
machen. Die Holzschneider selber wissen das, soweit sie Künstler sind, aber
die meisten Besteller sind sich darüber nicht klar, die wünschen die
„weitere Ausführung«, und wär's mit Schmirgelpapier. Bei dem charakter-
vollen Kopse hier hat keiner den Künstler am Aushören zur rechten Zeit
verhindert.

Die Kopfleiste über dem Leitaussatz, der von der Heimstättenbewegung
handelt, ist von Rudolf Schiestl nach dem „Spielmann", das Schluß-
stück mit der Schwalbe von Fritz Philipp Schmidt nach dem „Haus-
buch deutscher Lyrik".

»j^ber unsre Notenbeilage wolle man den Beitrag „Zur Pslege der
-^älteren Musik" nachlesen. Das prachtvolle Flötenstück von I. A. Hasse,
das sie (ohne die Orchester-Ginleitung und -Coda) bringt, spricht wohl
für sich selbst. Eine (in unsrer Klavierübertragung verbesserte) unrichtige
Auffassung der Dynamik ist indes wichtig genug, um sie besonders hervor-
zuheben: Hasse Pslegt, wenn er dem leidenschaftlichen Akkord der neapoli-
tanischen Sexta (es-Dur in D) den Dominantakkord (a-^Dur) solgen läßt,
den ersteren t, den letzteren p zu geben. Schering verkehrt dies (in den
„Denkmälern«) mit sehr vergröbernder Wirkung ins Gegenteil und muß
im Revisionsbericht ausdrücklich anmerken, daß die originale Dynamik
die von uns wiedergegebene, besonders feine und leidenschastliche ist!

Herausgeber: Dr. d. c. Ferd. Avenarius in Dresden-Blasewitz; verantwortlich: der Herausgeber —
Verlag von Georg D. W. Lallwey, Druck von Kastner L Eallwey, k. Hofbuchdruckerei in München —
In Ssterreich-Ungarn für Herausgabe und Schristleitung verantwortl.: vr. Richard Batka in Wien XIII/6
 
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