dazu mußten ihm erst sechs Iahrzehnte kuust — als solche mit ihreu Fuß-
vergeheu . . . spitzenwieseleien und ihren ausdruck-
Denu dieses Werk ist, nebenher. losen Stereothpgestikulationenunerträg-
verletzend! Es ist ein internationa- lich ist, was übrigens ebenfalls Michard
les Armutzeugnis und eine soziale Strauß anscheinend völlig gleichgültig
Taktlosigkeit. ist, so darf gesagt werden, daß eine un-
Dem Deutschen Richard Strauß ha- geheure Leistung in dieser Gruppen-
ben die Wiener ihre Oper, dieses herr- wirbel- und -hüpfekunst steckte und daß
lichste Musikhaus Europas, übergeben, einzelne Täuzerinnen sich über das
als er als Künstler ein überholter Mann, Trivialballett bis zur beschwiugtesten
abernocheiuhervorragenderStabmeister Grazie und fessellosesteu Hingabe er-
war. Man feiert ihn, bezahlt ihn horrenül hoben. Vollends aber bedeuteten die
und baut ihm eiu Haus im oder am Kostüme und Dekorationen von Ada
schönsten Park dieser unvergleichlichen Nigrin einen Augenschmaus, dessen
Stadt. Dank lag nahe. Nahe lag ein entzückendeFülle an künstlerischemReiz
sinndnrchwirkter Dank. Richard Strau- die Musik hundertfach überbot. Man
ßens Wien-Erlebnis, der Stadt gewid- hätte sich glücklich fühlen könuen vor
met. Aber was erlebte Strauß? Von diesem erleseneu Farben-, Licht- und
der unerhörteu geschichtlichenTiefe, von Linientraum,- doch leider steckte der
dem musikzitteruden Zauber, von der kleine Bub einen stärker an, dem es da
tausendfältig süßen uud feinen Mensch- unten vor lauter Schlagobers schlecht
lichkeit, von der unbrechbareu Kulkur wird. W. Sch.
der österreichischen Hauptstadt — nichts. 'IT-
Sondern ihre Konditorläden, Gebäcke Eleonora Duse
und Schuäpse. Ienes Gspaßl-, Kaffee- ist sicherlich Vielen so gegangen
und Zuckerl-Wicn, dessen sich feinere ^wie mir: sie war uns nicht Offen-
Wiener Naturen selber nicht freuen. barerin der Kunst allein, auch des Le-
Das nahm er her uud blies es mit sei- b ens. So also, dachte es iu nns, wenn
nem plumpesten bayerischen Radiver- ste die Bühne still betrat, so also kann
zehrer-Atem auf zu einem milliarden- Leben gespielt werden, also kann so
verschlingenden Theaterluxus — Ri- auch gelebt werden. Aud so sollen
chard Strauß! wir leben!
Wien ist nicht reich. Nicht vicl we- Wie? Niemandwird es zu sagenver-
niger als in Deutschland wird hier mögen. Dicse nervenfeinste aller Dar-
Not gelitten, gehungert und gedarbt. stellerinncn vcrmochte den Willen zum
Eine schauerliche Selb stmo rd epidc- rückhaltlosen Lcbcn hervorzulockcn, aber
mie begleitet die Straußwoche. Die ihre Kunst versagte sich, je mehr sie
Preise steigen, alleuthalben krachts, nnd Kunst war, um so gewisser der Dcutuug,
in huuderttausend Wohnungen griusen der Zergliedcrung. Ihre Hcrkuuft hat
Angst und Not einander an. Ein Ku- die Welt erfahreu: Lleonore Duse eut-
cheu ist da eiue Sehusucht, jSchlag- stammtc altem Theaterblut. Ihre Schu-
obers ein Kindertraum. Das hiudert lung wisseu wir: Praxis und das
Richard Strauß nicht, den frenctischen bittere Durchlcben schweren Aufstiegs.
Luxus der obereu Schichten im deut- Ihre pragmatische Formel: Kleinstc
schen Operntheater mit einem geradezu Kraftausgabe zu größter Wirkung. Ihr
verrückten Pomp als Ballett zu vcr- Merkmal vcrgißt kein Lebender, der sie
herrlichen. Mir scheiut: eiue gußeiserne sah: die magischen HLnde einer ur-
Wurschtigkeit hat schon dazu gehört, wesen- und übermcnschenhaften Frau.
solchcs in diesen Elendsjahren zu er- Ihre Stimme — hier stocke ich nun.
sinnen; aber es durchzuführen, heißt Und werde inue, wie nichtig all diese
die Grenze der Frivolität strcifeu oder Bcmerkungen über das Außere ihres
übcrschreiten. Hat Strauß nicht ge- Seins, die Formalien ihrer Kunst sind.
wußt, was er tat? Bei ihrer Stimme beginut das Ge-
Mit zwei Sätzen sei der Operulei- heimnis. Und damit für uns, die wir
stnng gedacht. Sehcn wir ab davon, daß Erinnerung daran im Tiefsten tragen,
einem Heutigen die spezifische Ballctt- die Notwendigkeit. umschreibeud auzu-
kunst — diese absolute Un- nnd Wider- deuten.
vergeheu . . . spitzenwieseleien und ihren ausdruck-
Denu dieses Werk ist, nebenher. losen Stereothpgestikulationenunerträg-
verletzend! Es ist ein internationa- lich ist, was übrigens ebenfalls Michard
les Armutzeugnis und eine soziale Strauß anscheinend völlig gleichgültig
Taktlosigkeit. ist, so darf gesagt werden, daß eine un-
Dem Deutschen Richard Strauß ha- geheure Leistung in dieser Gruppen-
ben die Wiener ihre Oper, dieses herr- wirbel- und -hüpfekunst steckte und daß
lichste Musikhaus Europas, übergeben, einzelne Täuzerinnen sich über das
als er als Künstler ein überholter Mann, Trivialballett bis zur beschwiugtesten
abernocheiuhervorragenderStabmeister Grazie und fessellosesteu Hingabe er-
war. Man feiert ihn, bezahlt ihn horrenül hoben. Vollends aber bedeuteten die
und baut ihm eiu Haus im oder am Kostüme und Dekorationen von Ada
schönsten Park dieser unvergleichlichen Nigrin einen Augenschmaus, dessen
Stadt. Dank lag nahe. Nahe lag ein entzückendeFülle an künstlerischemReiz
sinndnrchwirkter Dank. Richard Strau- die Musik hundertfach überbot. Man
ßens Wien-Erlebnis, der Stadt gewid- hätte sich glücklich fühlen könuen vor
met. Aber was erlebte Strauß? Von diesem erleseneu Farben-, Licht- und
der unerhörteu geschichtlichenTiefe, von Linientraum,- doch leider steckte der
dem musikzitteruden Zauber, von der kleine Bub einen stärker an, dem es da
tausendfältig süßen uud feinen Mensch- unten vor lauter Schlagobers schlecht
lichkeit, von der unbrechbareu Kulkur wird. W. Sch.
der österreichischen Hauptstadt — nichts. 'IT-
Sondern ihre Konditorläden, Gebäcke Eleonora Duse
und Schuäpse. Ienes Gspaßl-, Kaffee- ist sicherlich Vielen so gegangen
und Zuckerl-Wicn, dessen sich feinere ^wie mir: sie war uns nicht Offen-
Wiener Naturen selber nicht freuen. barerin der Kunst allein, auch des Le-
Das nahm er her uud blies es mit sei- b ens. So also, dachte es iu nns, wenn
nem plumpesten bayerischen Radiver- ste die Bühne still betrat, so also kann
zehrer-Atem auf zu einem milliarden- Leben gespielt werden, also kann so
verschlingenden Theaterluxus — Ri- auch gelebt werden. Aud so sollen
chard Strauß! wir leben!
Wien ist nicht reich. Nicht vicl we- Wie? Niemandwird es zu sagenver-
niger als in Deutschland wird hier mögen. Dicse nervenfeinste aller Dar-
Not gelitten, gehungert und gedarbt. stellerinncn vcrmochte den Willen zum
Eine schauerliche Selb stmo rd epidc- rückhaltlosen Lcbcn hervorzulockcn, aber
mie begleitet die Straußwoche. Die ihre Kunst versagte sich, je mehr sie
Preise steigen, alleuthalben krachts, nnd Kunst war, um so gewisser der Dcutuug,
in huuderttausend Wohnungen griusen der Zergliedcrung. Ihre Hcrkuuft hat
Angst und Not einander an. Ein Ku- die Welt erfahreu: Lleonore Duse eut-
cheu ist da eiue Sehusucht, jSchlag- stammtc altem Theaterblut. Ihre Schu-
obers ein Kindertraum. Das hiudert lung wisseu wir: Praxis und das
Richard Strauß nicht, den frenctischen bittere Durchlcben schweren Aufstiegs.
Luxus der obereu Schichten im deut- Ihre pragmatische Formel: Kleinstc
schen Operntheater mit einem geradezu Kraftausgabe zu größter Wirkung. Ihr
verrückten Pomp als Ballett zu vcr- Merkmal vcrgißt kein Lebender, der sie
herrlichen. Mir scheiut: eiue gußeiserne sah: die magischen HLnde einer ur-
Wurschtigkeit hat schon dazu gehört, wesen- und übermcnschenhaften Frau.
solchcs in diesen Elendsjahren zu er- Ihre Stimme — hier stocke ich nun.
sinnen; aber es durchzuführen, heißt Und werde inue, wie nichtig all diese
die Grenze der Frivolität strcifeu oder Bcmerkungen über das Außere ihres
übcrschreiten. Hat Strauß nicht ge- Seins, die Formalien ihrer Kunst sind.
wußt, was er tat? Bei ihrer Stimme beginut das Ge-
Mit zwei Sätzen sei der Operulei- heimnis. Und damit für uns, die wir
stnng gedacht. Sehcn wir ab davon, daß Erinnerung daran im Tiefsten tragen,
einem Heutigen die spezifische Ballctt- die Notwendigkeit. umschreibeud auzu-
kunst — diese absolute Un- nnd Wider- deuten.