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Kunstwart und Kulturwart — 37,2.1924

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Heft 10 (Juliheft 1924)
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Better, Adolf: Richard Schaukal: zu seinem fünfzigsten Geburtstag
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14440#0172

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auch Entferntes bezeichnen mag: es sind Unvereinbarkeiten, die voneinander
durch die bis an die letzte Grenze eigener Art gediehene Form geschie-
den sind."

Dieser seiner Frage: Warum sind Mensch und Tier einander abhanden
gekommen? schließe ich die Bemerkung an, daß es tragisch wäre, wenn uns
die andre Frage nicht immer gegenwärtig bliebe: Warum sind Mensch und
Mensch einander abhanden gekommen? . . .

Ich nannte Schaukal früher einen besonders vielseitigen, einen vielpoligen
Menschen und gab der Vermutung Ausdruck, daß nicht einmal die Freunde
seinen vollen Reichtum kennen. Noch weniger kann ich diesen hier aus-
schöpfen. Früh reif, wie alle Menschen seiner Art, und früh in Wesen uud
Anschauungen gefestigt, hat er Werk aus Werk hervorgebracht, worin er
immer wieder jenen Ausgleich vollzieht, dem er seine ganze Fülle verdankt,
ich meine: worin er immer wieder sich entweder in Angriff oder Abwehr
gegen die Welt begriffen zeigt oder sich selbst davon durch seine Kunst erlöst.

Als Meister der Sprache kommen ihm heute wenige gleich, übertrifft ihn
keiner. Daß unsere österreichische Sprachkultur seit Stifter und Kürnberger
bis zu Schaukals Zeitgenossen Hofmannsthal und Karl Kraus durchaus
ebenbürtig an der Seite des andern großen deutschen Schrifttums steht,
haben wir neben jenen Wenigen auch ihm zu danken.

Lieber Freund! Das Schicksal hat dich reich begnadet, du aber hast dich
dieser Gnaden würdig gezeigt: hast viel empfangen und viel gegeben. Ge-
geben denen, die du so gar nicht magst, deinen Mitmenschen und Zeitge-
nossen; gegeben aber auch schon jenen, die nach uns kommen, unseren Kin-
dern und Kindeskindern, die du vielleicht deshalb so besonders liebst, weil
sie zu Zeitgenossen erst werden sollen und es erst sein werden, wenn du es
nicht mehr bist. Viel hast Du uns gegeben, wofür du, obwohl dirs nie um
Dank zu tun war, ihn nun doch hinnehmen mußt, denn — du sagtest es selbst:
— „gegen Dank und Beifall ist man wehrlos". Adolf Vetter

Lose Blätter

Stunden mit Klopstock

Von E. L. Gattermann

Nacht über dem Klopstockhause in Quedlinburg.

Wunderwirkend aus blauschwarzer Tiefe
webst du vorüber ewig den Zeiten,
herrlicher Aufblick der Nacht, sternenbesätes Gezelt
das die Nnendlichkeit über uns spannt!

Staunend steh ich in Andacht versunken,

blicke empor zum funkelnden Strome,
der sich mit milchweißem Glanz zieht durch die dämmernde Nacht,
füllend der himmlischen Ganga Bett.

Glanz der hochaufstrebenden Hoffnung

schenkt mir das Auge Iupiters blendend
und der Gebrüder Gestirn, Kastor und Pollux, ihr,
inniger Treue umglänztes Symbol!
 
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