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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 35.1992

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Nr. 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.35880#0129

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der Täuschung und Verstellung, den Herrn der Unterwelt, hat sich das Theater im Athen der An-
tike nie gelöst; die Aufführungen fanden vielmehr stets und einzig im Rahmen von Dionysos-
Festen statt. Ein alltägliches Ereignis wie heute war Theater im klassischen Griechenland also
nicht." Im Schlußteil weist G. darauf hin, ,,daß die weiblichen Rollen ebenfalls von Männern ge-
spielt werden mußten; denn in Athen waren öffentliche Auftritte freigeborener Frauen untersagt.
[...] Nur am Rande sei vermerkt, daß die katholische Kirche bezüglich der Frau die entsprechen-
de Bühnentradition der Griechen später wieder aufgenommen hat (siehe MUSEION 2000, Heft
1/1992, S. 39ff.). Zur Lösung der geschilderten Probleme haben die griechischen Theatermacher
auf ein bewährtes Mittel zurückgegriffen: die Maske. Sie ermöglichte es den Schauspielern, in
kurzer Zeit in eine andere Rolle zu schlüpfen, auch in diejenige einer Frau."
In Heft 2/1992 der Mitteitungen des Hochschutverbandes schreibt Herbert WILHELM!, Univ.-
Prof. für Industrieofenbau und Wärmetechnik in Aachen, über,,Aufgaben des Gymnasiums zur
Vorbereitung auf Studium und Beruf". In dem Aufsatz, der wertvolle Gedanken zur Legitimation
des altsprachlichen Unterrichts enthält (ohne daß der Autor pro domo zu sprechen braucht),
heißt es u.a.: ,,Die Führungsebene der mir fachverbundenen Industrie weist mit zunehmender
Häufigkeit auf die im Mittel mangelhafte Allgemeinbildung von Hochschulabsolventen hin, wel-
che ihnen das Verständnis fachübergreifender Probleme erschwere und dadurch den Aufstieg in
Führungspositionen trotz hervorragender Fachqualifikation erschwere." Es sei ,,keine gute Vor-
schule fürs Leben, wenn junge Menschen schon frühzeitig durch großzügige Abwahl von
schwierigen und ungeliebten Fächern wichtigen Lerninhalten ausweichen können, die die
Grundlage unserer Kultur und Zivilisation, d.h. unserer Wirtschaft, Technik und Gesellschaft
sind. [...] Auch Sprachen sind heute mehr denn je ein unumgänglicher Bestandteil jeder Bildung;
fern jeden Selbstzwecks ist es ebenfalls notwendig, wenigstens einen Überblick über die ,toten'
Sprachen, das Lateinische und das Griechische, zu haben. Nicht zuletzt ist es wichtig, wieder un-
befangen geschichtlich zu denken, damit wir die Entwicklungslinien verstehen, die unser Umfeld
prägen." Nach Auffassung des Technik-Professors ,,sollte das Gymnasium die grundlegenden
Kenntnisse eines breiten Spektrums gesicherten Wissens vermitteln, auf dessen Basis sich kritisch
prüfende und handelnde Menschen selbst heran- und weiterbilden können. Dieses Ziel autono-
mer Urteilsbildung des Individuums wird schon am Anfang des westlichen Kulturkreises in der
griechischen Philosophie entworfen, und es bestimmt im Unterschied zum orientalischen noch
heute unser Denken. Im Rückgriff auf diese alten Texte wird von Petrarca, Salutati und anderen
in der Renaissance ein Bildungsidea! entwickelt, in dem Menschenwürde und Autonomie des In-
dividuums, Realitätsbezug und aktives Handeln als Ziel des Wissenserwerbs, genaue Nachprü-
fung und Besorgtheit ums Detail hohe Stellenwerte haben. [...] Weil in der klassischen Periode
die großen Leitideen zur Klärung der Welt und der Gesellschaft in sehr ursprünglicher Form ent-
wickelt wurden, können sie noch heute in anderer Verkleidung benutzt werden." Wilhelmi erin-
nert daran, ,,daß Heisenberg in seinen letzten Lebensjahren auf der Suche nach neuen Deutun-
gen auf das Studium der Vorsokratiker verwies. Nützlich dazu wäre aber die Kenntnis des Altgrie-
chischen, denn wie sonst könnte man die Nuancierungen in den Texten verstehen?" Am Axiom
von der Erhaltung der Masse (Empedokles, Anaxagoras, Euripides, Leukippos, Aristoteles) will
der Fachmann für Industrieofenbau und Wärmetechnik deutlich werden lassen, ,,daß moderne
Denkmodelle ihren Ursprung in der vorsokratischen Philosophie haben können". Bildung be-
steht nach W. ,,auch in der Erkenntnis, daß jenseits des Denkhorizontes empirisch überprüfba-
ren Wissens eine spekulative, metaphysische, geistige Welt existiert, wie sie schon in der griechi-

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