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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 35.1992

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Nr. 4
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Aktuelle Themen
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Alexa, Dietmar; Wagner, Ulrike: Seminarium Pragense 1992 - "Una Europa, unus homo, una lingua"
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https://doi.org/10.11588/diglit.35880#0167

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Tschechoslowakei, Akademiker aller Grade und Ausübende nichtakademischer Berufe, Jung
und Alt -vom Schüler bis zu dem in seiner Vitalität ungebrochenen 81jährigen Grammaticus Dr.
Raimund Pfister aus München - wuchsen hier zu einer großen friedvollen Familie zusammen, die
mangels anderer gemeinsamer Sprachen und dank der unverkrampften Atmosphäre täglich mehr
die Gelegenheit nutzte, das Lateinische zur Kommunikation zu verwenden. Jeweils unterschied-
liche persönliche Erlebnisse brachten auch diejenigen zum Lateinsprechen, die es sich am An-
fang ganz und gar nicht Zutrauen mochten. Als ein großes Erlebnis darf die feierliche Inauguratio
des Seminars bezeichnet werden, die in der Magna Aula der Prager Karlsuniversität stattfand. Der
Aufgeschlossenheit und tatkräftigen Unterstützung des Universitätskanzlers, Herrn Ing. Jan. Ko-
fron, ist es zu verdanken, daß diese Feier mitten in den Sommerferien stattfinden und mit Darbie-
tungen des hervorragenden Universitätschores geschmückt werden konnte — lateinische Darbie-
tungen, versteht sich, wenn man von zwei Dvorak-Liedern einmal absieht. Deren Texte waren
freilich die einzigen nichtlateinischen Worte der Feier. Besonders beeindruckte die Grußrede
des Prorektors und Professors der Medizin Zdenek Lojda. Zu Wort kamen auch die drei Modera-
toren des Seminars: Dietmar Alexa betonte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der L.V.P.A. die
Bedeutung des Lateinischen für die europäische Zukunft, Ulrike Wagner sprach über die Ziele
des Seminars und Prof. Dr. Bohumila Mouchovä stellte die Bedeutung des Lateinischen im Prager
Geistesleben der Vergangenheit und Gegenwart dar. Im Mittelpunkt der Eröffnungsfeier stand
die wirkungsvolle Rede von Prof. Dr. Wilfried Stroh (München) ,,De tinguae Latinae virtutibus",
in der er vor allem das Schaffen des tschechischen Komponisten Jan Noväk (1921 -1984), seinen
Kampf für die Freiheit des Geistes, seine europäische Gesinnung und seinen hervorragenden Bei-
trag für eine lebendige musikalische Latinität unserer Zeit würdigte.
Die eigentliche Seminartätigkeit fand im Hotel Karlik statt, einem früheren Zentrum für Fortbil-
dungslehrgänge der Betriebe, das, 20 km von der Prager Stadtmitte entfernt, idyllisch im Tal der
Berounka liegt. Das umfangreiche Vortrags-, Seminar- und Übungsprogramm eröffnete Prof. An-
dreas Fritsch (Berlin) mit einem in inhaltlicher und rhetorischer Hinsicht glänzenden Vortrag
über das Leben und das Werk des Comenius. Eine ,,Schola" (d.i. Seminar) zu diesem Thema
schloß sich unter seiner Leitung an. Dr. Martin Steiner (Prag), selbst seit Jahren an der Herausga-
be der lateinisch geschriebenen Werke des Comenius durch den Prager Akademie-Verlag betei-
ligt, hielt Vorlesung und Seminar über die Sprache des Comenius. Eine Brücke zur klassischen Li-
teratur der Antike schlug Prof. Dr. Silvano Buscaroli (Bologna) mit seinem Vortrag ,,De Comenio
et utopia Platonica". Ebenfalls durch große Gelehrsamkeit wie Beredsamkeit zeichnete sich der
Vortrag von Prof. Dr. Godo Lieberg (Bochum/Arezzo) aus zu dem Thema „Quid Desiderius Eras-
mus in opusculo, cui laus stultitiae titulus est, de affectibus senserit". Mit dem Thema „Quid et
quomodo Poggius Florentinus de causa publica et morte Hieronymi Pragensis ad Leonardum Ar-
retinum scripserit" beschäftigte sich Paola Marongiu (Florenz) in einem kenntnisreichen Vortrag.
Über die „Historia Bohemica in chronicis Latinis" berichtete Dr. Jana Zachovä (Prag) dem inter-
essierten Publikum in einem wissenschaftlich profunden Vortrag. Für Prof. Dr. Michael von Al-
brecht (Heidelberg), der zum großen Bedauern aller Teilnehmer aus gesundheitlichen Gründen
kurzfristig absagen mußte, sprang Ulrike Wagner (Erlangen) ein. Sie hielt einen Vortrag mit dem
Titel „De antiquis ludis et spectaculo puparum". Als ein bereits bewährter und schon vielen be-
kannter Scholarch tat sich auch dieses Mai wieder Dr. Peter Hrandek (Wien) hervor. Seine Scho-
la widmete sich den Themen „De systematibus variis partium orationis Latinae" und „Compute-
mus Latine". Prof. Dr. Bohumila Mouchovä sorgte dafür, daß das Studium der Autoren der klassi-
schen Antike nicht zu kurz kam. Sie leitete ein Seminar zu dem Thema „Quid Tacitus et

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