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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 35.1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.35880#0184

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Schluß der Spiele: „Man wird zweifellos eines Tages sagen, daß diese Spiele von Barcelona einen
traurigen Wendepunkt in der olympischen Geschichte darstellen. Denn diesmal hat man hinter
den Kulissen der Leistungen wirklich viel von Geld und Sponsoren geredet, und viele mit Gold
überhäufte Sportler erschienen Profis zum Verwechseln ähnlich. Schlimmer, die Olympia-
Funktionäre haben uns nicht verborgen, daß man bei den nächsten Spielen in Atlanta in vier Jah-
ren «mehr Realitätssinn beweisen« müsse. Man will bereits die Sportarten ausmerzen, die nicht
"populär« (d.h.: fernsehgerecht) genug sind. Und man will die Zahl der Teilnehmer jeder Mann-
schaft verringern, um die Stadien nicht mit zu vielen "Statisten« zu füllen. Das heißt, daß der
Amateursport keinen Platz mehr bei Olympischen Spielen haben wird, und daß "teilnehmen"
nicht mehr alles ist. Künftig wird man "im Fernsehen gefallen« und um jeden Preis gewinnen müs-
sen. Kurz: Pierre de Coubertin ist in gewisser Weise bei den Spielen von 1992 ausgeschieden."
(Zit. in der F.A.Z. vom 11.8.92).
ANDREAS FRITSCH

„Barze!-Lona", „Bartsche!ona", „Barketona" & cetera
Vor einiger Zeit beschäftigte sich die F.A.Z. noch einmal mit dem durch griechische, italienische
und deutsche Altphilologen seit Jahrhunderten geklärten Problem, ob das klassisch-lateinische
,,C" vor hellen Vokalen so falsch ausgesprochen wurde wie mit „z" im deutschen Kirchen- und
Küchen-Latein, wo man ,,Zypern", ,,Zesar", „Zizero" und „Zirkus" spricht, statt richtig: „Ky-
pros", „Kaisar", „Kikero" und „Kirkus" zu sprechen wie die Alten Römer zu Kaiser Augustus'
Zeiten die römisch geschriebenen Wörter „Cyprus", „Caesar", „Cicero" und „CIRCVS" aus-
sprachen. Ein findiger — und offenbar altphilologisch gut informierter — Leser der F.A.Z., ein
„Dr. rerum politicarum", stellte sich am Schluß der überflüssig langen Diskussion dumm und
schrieb in einem gekonnten Leserbrief: „Meinetwegen können doch Käsar, Kikero und Kleopatra
in den Kirkus gehen!" Wie recht er hatte, verbarg er snobistisch-tuerisch; denn „Cicero" wurde
im Altgriechischen zu Ciceros Lebzeiten in Athen als „Kik^ron" geschrieben, „CAESAR" als
„Kaisar" und der römische „CIRCVS" als „Kirkos". Zu Caesars und Ciceros Zeiten wurde in
Rom und im gesamten Imperium Romanum von den Römern „C " immer als ,,K" gesprochen —
aber nicht „C." = Gaius; denn das „C." als Abkürzung für gesprochendes „Gajus" war aus ehr-
fürchtigen Altertumsgründen nicht zu „G" in der Schrift geworden. Ursprünglich unterschied die
aus Griechenland übernommene Schrift der Römer in ihrem leicht abgewandelten Alphabet auf
der neugriechischen Insel „Sikelia" (römisch „Sicilia" geschrieben) nicht „C" und „G", sondern
schrieb nur „C".
Die korrekte Aussprache für die Olympia-Stadt Barcelona lautet im Spanischen „Barßeiona" —
diese korrekte Aussprache verwendet der WDR 5 im Spanischfunk nach 21 Uhr. Obwohl also
Spanier genügend im WDR sind, hört man folgende Aussprachen im WDR immer wieder:
„Barzel-Lona" (typisch deutsch), „Bartschelona" (gelegentlich von italienisierenden Italienern
der „Redazione italiana"); denn die Italiener sprechen ja auch „Sitschilia", nicht römisch klas-
sisch „Sikilia". Im neugriechischen Funk sprechen schließlich Neugriechen „Barkelona" (weil
sie wissen, daß die Italiener, Spanier und Deutschen „C" nicht korrekt wie „K" sprechen).
DiEiMAR-lNGO DEICHMANN, Dipl.-Altphilologe, Soest (Westf.)

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