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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0053

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Die Gestalt des Sandalenlösers in der mittelalterlichen Kunst

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Oben: 22. Metallbeschlag. Budapest, Nemzeti-
Museum. Sandalenlösender Moses

Rechts: 23. Cosmas Indicopleustes, fol. 61 v. Rom,
Bibi. Vaticana, gr. 699. Horeb und Sinai


daneben die Schuhe, deren er sich entledigt hat. Zur Linken, nur im Fragment erhalten, sieht man die
Übergabe des Gesetzes; neben dem barfüßigen Moses stehen wieder seine ausgezogenen Schuhe. Dieses
Motiv der separat dargestellten Fußbekleidung erklärt Kraeling35 aus einer jüdischen Tradition, nach der
die Gesetzesübergabe an der gleichen Stelle geschah, an der auch die Offenbarung Gottes im Brennenden
Dornbusch erfolgt war. Da die Heiligkeit des Ortes das Ablegen des Schuhwerkes erforderte, habe es der
Künstler auf beiden Szenen so dargestellt.
Es ist uns nicht bekannt, ob die Symbolik des Schuhwerkes bereits in der allegorischen Schriftauslegung
der Juden eine Rolle gespielt hat36. Bei den christlichen Exegeten ist sie, wie wir gesehen haben, nicht nur
auf die Horebszene beschränkt. Es sei nicht gesagt, meint Gregor von Nyssa, daß Moses, nachdem er auf
Gottes Befehl die Füße von der Umhüllung der toten Häute befreit, um in dem heiligen Lande der
Erleuchtung fortzuschreiten, sie später wieder mit Schuhwerk versehen habe37. Da so das Lösen der
Sandale zur Vorbereitung wird, „um zum Berge Gottes emporzusteigen und dort den unsterblichen
Mysterien zu dienen"38, lag es nahe, beide Szenen der Theophanie, Horeb und Sinai auch in der Dar-
stellung enger miteinander zu verbinden, als dies der zeitlichen Abfolge im Alten Testamente gemäß
war.
Neben den bisher behandelten Beispielen gibt es aber auch Illustrationen zu Exodus 3,5, auf denen das
Sandalenlösen keine oder nur eine geringfügige Rolle spielt. In dem großen historischen Zyklus des Lang-
hauses von Santa Maria Maggiore in Rom (432-440) wird eine idyllische Hirtenszene - Moses umgeben
von seinen Tieren - dargestellt39. Die Erscheinung Gottes kündigt sich durch eine Feuerwolke an. In dem
Dittocheum des Prudentius40, jener Sammlung von Tituli, die zur Ausschmückung einer Basilika des
4. oder 5. Jahrhunderts dienen sollten oder gedient haben41, wird das Sandalenlösen nur neben anderen
35 Kraeling, Synagogue, S. 231.
36 Philo von Alexandrien kennt zwar den Symbolismus der ,,toten Häute“ als den der irrigen Meinungen, die abzulegen sind,
wendet ihn aber in der Horebszene nicht an. Vgl. Danielou, Vie de Moise, 1944, S. 60, Anm. 1.
37 Danielou, Platonisme, S. 32.
38 Vgl. S. 45.
39 Abb. C. Cecchelli, I Mosaici della Basilica di S. Maria Maggiore, Turin 1956, T. 30.
40 Migne PL 60, Kol. 95.
41 Vgl. J. P. Kirsch, Le Dittochaeum de Prudence et les Monuments de l’Antiquite Chretienne, Atti del II Congresso di Archeolo-
gia Cristiana, Rom 1902, p. 131.

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