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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0059

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Die Gestalt des Sandalenlösers in der mittelalterlichen Kunst

55


Oben: 27. Säulensarkophag, Nische links außen. Nimes,
Grotte des hl. Baudilius. Fußwaschung. — Rechts: 28.
Egbert-Codex, fol. 77 v. Trier, Stadtbibi. 24. Fußwaschung


Jene antike Statue des Hermes, der die Riemen seiner Sandale zuschnürt, um sich auf den Weg zu
begeben und einen Auftrag des Zeus auszuführen, hatte aber nicht nur das Vorbild für die Darstellung
des Moses am Berge Horeb abgegeben, sondern inspirierte auch bei der Wiedergabe der Fußwaschung,
die Christus seinen Jüngern beim Letzten Abendmahle erwies, die Gestalt eines jugendlichen Apostels,
der sich seines Schuhwerkes entledigt. Der formale Zusammenhang beider Figuren ist längst erkannt
worden69, die Verwandtheit ihrer Bedeutungen bisher noch nicht. Wie die ihre Kleider ablegenden
Figürchen der Taufszene wurde der sandalenlösende Apostel für eine Erfindung mittelalterlicher Künstler
erklärt, dazu bestimmt, etwas mehr Leben in die Darstellung der Fußwaschung zu bringen70. Tatsächlich
ist das Motiv aber sehr viel älter; es begegnet uns in der abgekürzten Form der gelösten Sandale bereits
auf der Sarkophagplastik.
Die frühesten uns erhaltenen Darstellungen der Fuß Waschung finden wir in einer Gruppe von vier Säulen-
sarkophagen, die der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts oder der Zeit um 400 angehören71. Zwei davon
(Rom, Lateran und Grotten des Vatikan) sind nicht fertig ausgeführt und kommen für unsere Unter-
suchung nicht in Betracht. Sie gehören aber den gleichen Typen an wie die Sarkophage in Nimes (Ab-
bildung 27) und Arles. Dargestellt ist Christus, der, einLinnen über der Schulter, von rechts auf den sitzen-
den Petrus zuschreitet, hinter dem noch der Kopf eines bärtigen, zuschauenden Apostels erkennbar ist.
Ein kleines Waschbecken steht neben dem Fußschemel Petri, dessen einer Fuß noch beschuht ist,
während die von dem anderen gelöste Sandale auf dem Schemel liegt, nur eingeritzt, aber deutlich sicht-
bar. In der Wilpertschen Publikation ist das Motiv der abgelegten Sandale auf dem Sarkophag in Arles

69 Vgl. Tikkanen, Beinstellungen, S. 101-103.
70 E. Male, L’Art religieux du XIIe siede en France, Paris, Ausgabe 1947, S. 77f. Auf die sehr vielschichtigen Probleme der
Fußwaschung können wir hier nicht eingehen, darüber haben wir in einer Dissertation (Bern 1955) gehandelt, die demnächst im
Druck erscheinen wird.
71 Nimes, Grotte des hl. Baudilius {Abb. 27). - Rom, Museo Laterano, Nr. 151; Abb. Wilpert, Sarc. 121, 1. - Arles, Musee lapi-
daire; Abb. Wilpert, Sarc. 12, 1. - Rom, Grotten von St. Peter, früher sog. Sarkophag Pius’ II.; Abb. Wilpert, Sarc. 12, 5.
 
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