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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0261

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Die Aufstellung des Reiters vom Lateran durch Michelangelo

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päpstlichen Zeremonienmeisters Biagio Martinelli von Cesena8 über den 25. Januar desselben Jahres 1538
sich einer solchen Ansetzung entschieden widersetzt.
Nach diesem Tagebuch hat Paul III. an jenem 25. Januar, also am Fest von Pauli Bekehrung, wie er am
Nachmittag in die Stadt zurückkehrte, seine Besichtigungen damit abgeschlossen, daß er sich ,,locum
Capitolii noviter explanatum cum equo aeneo Constantini ex Laterano translato in plateam Capitolii“
zeigen ließ. Das Bronzepferd war also unmöglich erst am 23. oder 24. März hieher übertragen worden;
es mußte zum mindesten schon vor dem 25. Januar an seinem Ziele angelangt sein. Wie lange vorher der
Wechsel vorgenommen wurde, ist freilich daraus nicht zu entnehmen. Es läßt sich nicht einmal mit
Sicherheit schließen, ob die Ausplanung des Platzes der Übertragung vorausging oder erst nachher er-
folgte, wie neuerdings angenommen wird; ausgesprochen ist nur, daß sie für den 25. Januar bereit war.
Wir wissen auch viel zu wenig von dem damals herrschenden Zustand, um eine Vermutung für die
notwendig dafür beanspruchte Zeit zu wagen.
Ein so seltenes Ereignis kann niemals von ungefähr kommen, sondern muß irgendwie begründet sein.
Man hat deshalb auch den Versuch unternommen, einen Anlaß dafür aufzuweisen, und meinte demnach
tatsächlich in den Vorbereitungen zum triumphalen Einzug von Kaiser Karl V. in Pom, der am 5. April
1536 stattfand, die Erklärung des abenteuerlichen Unternehmens gefunden zu haben9. Doch so annehm-
bar diese Lösung vorkommen mag, sie hält genauerer Prüfung nicht stand; denn die Beschreibungen des
Empfangs zeigen nur zu deutlich, daß der Weg, den der Festzug nahm, die Höhe des Kapitols geflissent-
lich vermied10.
Vincenzo Tizzani11 hat überdies vom Lateranarchiv bereits Nachrichten beigebracht, aus denen deutlich
hervorgeht, daß noch merklich später das Kapitel der Chorherren von S. Giovanni in Laterano ver-
zweifelte Anstrengungen machte, die Wegnahme des altehrwürdigen Kennzeichens vom Lateran zu
verhindern. Es sieht sogar aus, wie wenn die Kapitularen der alten Erlöserkirche erst im späten Herbst
1537 etwas erfahren hätten davon, daß Paul III., der vor der Erhebung auf den Stuhl Petri lange Zeit
Cardinal Erzpriester der Basilika war12, die Absicht hegte, die päpstlichen Ansprüche preiszugeben und
den kaiserlichen Reiter wegziehen zu lassen. Vielleicht hatte man zufolge der früheren Erfahrungen den
Gerüchten bis dahin gar keinen Glauben schenken wollen; der Kardinal Farnese hatte vorbildlich für die
Erhaltung der Denkmäler gewirkt13. Man war daher bester Hoffnung, den Verlust schließlich doch zu
verhindern. Noch lebte die Erinnerung nach, wie es vor fast vierzig Jahren dem gleichen Kapitel gelungen
war, Alexander VI. gegenüber sich als Beschützer des Lateranbesitzes aufzuwerfen14. Es wurde also
sofort eine Dreiervertretung bestellt15, die sich zu Sr. Heiligkeit begeben sollte als Bittsteller: ,,ne equus
8 Cod. Vat. Lat. 12308 (früher Archivio Segreto Pont. Miscellanea Arm. XII, 56). Diariorum tom. decimus: Diarium Blasii de
Cesena Mag. Caerem. ab anno 1518 ad annum 1540, fol. 552r (früher 570r): „Post prandium Papa uenit in Vrbem per portam
S. Sebastiani et per diuersa loca pertransiuit una cum cardinalibus uidendo nouas suas fabricas circa moenia Vrbis et locum
Capitolij nouiter explanatum cum aequo aeneo Constantini ex Laterano translato in plateam Capitolij . . .“ Vgl. B. Podestä,
Carlo V a Roma nell’anno 1536, im Arch. d. Soc. Rom. di Stör. Patria 1, 1877, pp. 301-344.
9 Pastor, Paul III., S. 755, Anm. 2.
10 Pastor, Paul III., S. 171 f.
11 Della statua equestre di M. Aurelio, gelesen in den Sitzungen vom 29. Nov. 1877 und 25. April 1878 und veröffentlicht in den
Atti della Pont. Acc. Rom. di Archeol. Dissertazioni Ser. II tomo I, Rom 1881, pp. 241-261, und schon 1880 in einem Büchlein
zusammen mit ,,La casa di Lampadio prefetto di Roma nel 366“ auf den Seiten 1—39.
12 1508—1534: Vgl. Schede Galletti aus dem Lateranarchiv, cod. Vat. Lat. 8037, p. I, foll. 67r— 69r.
13 Schede Galletti, cod. Vat. Lat. 8037, p. I, fol. 68: „Ne’ primi giorni, si puö dire, dell’arcipretura di questo insigne Cardinale,
probabilmente a sua persuasione, poiche era de’ monumenti antichi grande estimatore, fu dal Capitolo Lateranese collocata nel
chiostro l’urna di porfido ehe era giä servita di sepolcro a S. Elena nel suo mausoleo nella via Lavicana, ridotta poi coll’andare del
tempo in varj pezzi e sotto un busto rappresentante detta Imperatrice posero la seguente iscrizione . . .“
,, . . . non solo assisteva per lo piü ai capitoli e ne sottoscriveva le risoluzioni di propria mano, cosa ehe avanti di lui non avea
pratticato altro arciprete, ma spiegando molte delle antiche costituzioni. . .“
14 Schede Galletti, cod. Vat. Lat. 8036, p. 3, fol. 100: „MCCCCXCVIII. XX. octob., elegerunt dominos Jacobellum, Franciscum
de Rubeis, Gentilem de Magistris et Julianum Cecium qui adituri Rmos DD. Cardinalem Ulixbonen., Ste Crucis, Vrsinum Colum-
nensem, dominos Conservatores et Capita Regionum deplorent, fugam coactam equi et statue Aureliani vulgariter Constantinianam
nuncupatam et supplicent dignentur intercedere apud Ss. D. N. uti retineat nec cesset stimulare. K. VI. 9.“
15 Schede Galletti, cod. Vat. Lat. 8037, p. 1, fol. 72: „MDXXXVII. XXVIII. Nov., Destinarunt ad S. D. N. Dnos Revdum epum
Signinum (Lorenzo Grana: 3. 1. 1528-5. 9. 1539, cf. Hierarchia Cathol. III., Gulik-Eubel, 2. Ausg., Münster 1923, p. 300),
Hieronymum Franchettum et Pomponium Cecium qui exorent suam S. ne equus eneus . . . K. XIII. 89.“
 
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