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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0282

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278

Paul Ortwin Rave

schweifender Literat und. fruchtbarer Vielschreiber war,
übrigens als völliger Sonderling endete, da er, auf seine alten
Tage in einem verfallenen Turm hausend, nur nachts ausging,
nackt wie ein Narr. Damals ein Dreißiger, war er im besten
Alter und wußte sich bei höher Gestellten durch launige
Plaudereien über Land und Leute beliebt zu machen. Am
22. Juli 1543 richtet er ein längeres Schreiben an den Grafen
Agostino Landi, der wenige Jahre später als Mörder des Pier
Luigi Farnese sich einen berüchtigten Namen machen sollte,
und erzählt von dem, was er in Como erlebt hat7. Er teilt
dabei, wichtig genug, die außen als Steintafel über der Ein-
gangshalle angebracht gewesene Bauinschrift von 1543 mit.
Leider aber deutet er in keiner Weise etwas über die Künstler
an, die an dem Bau tätig gewesen sein konnten.
Unterdessen blieb Giovio in Diensten der Kurie, im beson-
deren des Kardinallegaten und hochmögenden Kunstmäzens
Alessandro Farnese. Schon in früheren Jahren war er bei
gelegentlichem Aufenthalt Vasaris in Rom mit dem jungen
Maler bekannt geworden, er beriet und empfahl ihn, und
Vasari selbst berichtet von jenem denkwürdigen, von Giovio
angeregten Gespräch in dem schöngeistigen Kreise um Far-
nese, das ihn zur Abfassung der Viten bewogen habe8 9. Als im
Sommer 1546 Vasari den Saal der Cancelleria mit den Ruhmes-
taten der Farnese auszumalen hatte, war Giovio der spiritus rector des ganzen Unternehmens, so erscheint
er natürlich im Bilde, und zwar in der Gruppe der nächsten Günstlinge um Papst Paul III. (Abb. 201)\
Auch fand der Humanist sein Bildnis bei den umfangreichen Darstellungen, mit denen die Farnese sich
ihr Schloß zu Caprarola durch die Künstlerfamilie der Zuccari ausschmücken ließen.
Aber mit dem Tode Pauls III. Farnese 1549 hat Giovio wohl nicht nur seinen päpstlichen Gönner,
sondern auch eine große Hoffnung zu Grabe getragen, die er all die Jahre genährt hatte: die Erwartung
der Kardinalswürde. Er gab seine römische Wohnung auf, wovon lange, ausführliche Listen dieser Jahre
Kunde geben, auf denen Hausrat und Kunstwerke verzeichnet sind, um sie nach Como in seine Villa
überführen zu lassen10. Wenn nicht dort, lebte der betagte Gelehrte die letzten Jahre am Hofe in Florenz,
wo er von Cosimo I. hoch geschätzt und in Ehren gehalten wurde. Alt, gichtig, verdrießlich und mürrisch
geworden, starb er hier am 10. Dezember 1552 im siebzigsten Lebensjahr. Der Herzog ließ ihn bei den
Mediceergräbern in San Lorenzo beisetzen, auch sein Grabmal dort im Klosterhofe errichten, eine mar-
morne Sitzfigur in bischöflicher Tracht, gearbeitet von Francesco da San Gallo11, der ebenfalls die Denk-
münze auf Giovios Tod mit seinem Profilbildnis schuf.


201. Giorgio Vasari: Bildnis des Paolo Giovio.
Rom, Cancelleria, Ausschnitt

2. Beschreibung. In dem erstmals 1546 erschienenen Bande seiner Elogien auf berühmte Denker
und Dichter hat Giovio der Widmung an Alessandro Farnese einleitend eine „Musaei Joviani Descriptio“
beigegeben, die sich, wie man es von seiner Feder gewöhnt ist, in herrlicher Rhetorik ergeht, auch den
Sinn des ganzen als Villeggiatura eines Humanisten sehr schön vor Augen stellt, dafür aber manches
unklar gelassen hat, was Aussehen und Form seiner Schöpfung betrifft. Einen kürzeren, ziemlich sachlich
gehaltenen Bericht liefert ein Brief von Benedetto Giovio, der ohne Jahresangabe aus dem Familien-
archiv in einem späteren Elogio auf Paolo Giovio publiziert ist (s. Anm. 5). Den farbigsten Beitrag
7 Alessandro Luzio, II museo gioviano descritto da A. F. Doni, in: Archivio Storico Lombardo, Serie III, XXVIII (1901).
8 Giorgio Vasari, Die Lebensbeschreibungen, Deutsch von Georg Gronau, Straßburg 1906, Bd. VI, S. 374f. - Wolfgang Kallab,
Vasaristudien, Wien-Leipzig 1908. — Emil Schaeffer, Ein unbekanntes Bildnis des Paolo Giovio, in: Von Bildern und Menschen
der Renaissance, Berlin 1914, S. 179ff. (mit nützlichen Literaturverweisen).
9 Ernst Steinmann, Die Sala Farnese in der Cancelleria, in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, 3. Jg. (1910), S. 45-58, 15 Abb.
10 Santo Monti, Documenti Giovio inediti, in: Periodico della Societä Storica di Como, vol. 16 (1904), p. 6-71.
11 Gustave Clausse, Les San Gallo, I-III, Paris 1902, p. 205-213, 1 Taf.
 
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