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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0329

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Zur Bautätigkeit Sixtus’ V. an S. Maria Maggiore in Rom

325

haben trotz wertvoller Einzelforschungen5 an die-
sem. von dem Hausarchitekten des Felice Peretti-
Montalto selbst entworfenen Bild kaum zu rütteln
gewagt. Die folgenden, mit zum Teil unveröffent-
lichtem Quellenmaterial unterbauten Feststellun-
gen und Überlegungen zur Entstehungsgeschichte
des Baues werden versuchen, über das subjektive
Zeugnis des auf seinen Ruhm vielleicht allzu
bedachten Cavaliere hinaus wieder näher an die
kunstgeschichtliche Wirklichkeit dieses Unterneh-
mens heranzuführen.

235. Vatikan, Sala Regia, Ausschnitt aus „Gregor VII. löst
Heinrich IV. aus dem Bann“, von Fed. und Tadd. Zuccari

Zunächst zum Zusammenhang, wie er sich aus einer
Übersicht der überlieferten Nachrichten ergibt6:
Von der seit ihrer Gründung gegebenen beherr-
schenden Lage am Abhang des Esquilin abgesehen,
welche durch den mächtigen Campanile aus dem
14. Jahrhundert nur für die Fernsicht etwas akzen-
tuiert wurde, hatte S. Maria Maggiore - neuzeitlich
gesehen - bis zum 15. Jahrhundert im Stadtbild ar-
chitektonisch eher verloren als gewonnen {Abb. 235,
241, 254). Der Kernbau war durch die Anfügung
einer Fülle von Kapellen, Sakristeien, Kanoniker-
wohnungen und Schuppen ebenso überwuchert7 wie
der - freilich weniger beeinträchtigte - gelagerte
Innenraum durch zahlreiche Altäre, Ziborien,
Schranken, Ambonen und Grabmäler angefüllt gewesen ist8. Mit dem im Westen parallel beigefügten Palast
von S. Maria Maggiore hatte sich nur ein für das spätmittelalterliche Rom typisches Konglomerat Palast -
Kirche ergeben9, und selbst durch das der Kirche eingefügte schmale Querschiff des 13. Jahrhunderts
und die dementsprechend herausgeschobene neue Apsis war für die einheitliche architektonische Physio-
gnomie des Baues wenig gewonnen. Formal wirksame Tendenzen im neuzeitlichen Sinne traten hingegen
mit der im 15. Jahrhundert erfolgten Einwölbung von Seitenschiffen und Querhaus sowie der Öffnung
der Querhausportale auf eine große Freitreppe hinter der Apsis zutage. Mit diesen unter Kardinal
Estouteville ausgeführten Neuerungen10 wurde der Bau leicht gestrafft und vorsichtig auch nach Nord-
westen geöffnet, wobei sich mit dem neuen Zugang auch eine neue Ansicht vorbereitete {Abb. 235)11.
Die Einfügung der Kassettendecke über dem Mittelschiff - vielleicht noch unter Estouteville begonnen,


5 s. die Arbeiten von G. Biasiotti, op. eit., ferner ders., La reproduzione della grotta di Betlemme in S. Maria Maggiore in Roma,
Dissert. della Pontificia Accademia Romana di Archeologia, Ser. II, vol. XV, 1921, pp. 97 ff.; J. Orbaan, Dai Conti di Domenico
Fontana, Boll. d’Arte 1914, p. 63, und davon ausgehend: R. Berliner, Arnolfo di Cambios Presepe, Beiträge für Georg Swar-
zenski, Berlin 1941, pp. 51 ff. (dabei Selbstberichtigung d. Aufsatzes in Gazette desBeaux-Arts, VI Ser. vol. 30, 1946, p. 255); ders.,
Die Weihnachtskrippe, op. cit., pp. 26, 43f., 162, 163, 176; R. Cecchetelli Ippoliti, La Tomba di Papa Sisto Quinto, Roma
1923 — auf den im Staatsarchiv und im vatik. Archiv (A. A. Arm. B. 7) befindl. Baurechnungen fußend.
6 Vor allem Adinolfi; die verschiedenen Aufsätze Biasiottis, Pastor X u. Orbaan sowie dort zitierte Literatur.
7 Eine Vorstellung von diesem Zustand vermittelt der Plan De Angelis, fol. 56 (Abb. 241), ferner das Fresko der Sixtin. Bibliothek
des Vatikan (Biasiotti, Melanges, 1915, PI. II), das Sette-Chiese-Blatt von 1575 (Spec .Romanae Magnificentiae, p. 103), die Van-
Aelst-Fassadenansicht (H. Egger, Römische Veduten II, p. 26, Abb. 9), bes. aber die Beschreibung O. Panvinios (f 1568),
Biblioteca Vaticana, Cod. Vat. lat. 6781 (151 r. u. v.), abgedruckt bei Biasiotti, Melanges, 1915, cf. pp. 20ff.
8 Wenn man Panvinio folgt, muß der Innenraumeindruck dem der alten Peterskirche mit ihren Altären und Grabmälern sehr
ähnlich gewesen sein.
9 Verwandt war die Situation u. a. bei SS. Apostoli, S. Marco, S. Pietro in Vincoli; cf. T. Magnuson, Studies in Roman Quattro-
cento Architecture, Figura 9, Stockholm 1958, wo auf pp. 226 ff. auch der Pal. von S. Maria Maggiore abgehandelt wird.
10 Über die Umbauten unter Kard. Estouteville s. auch den demnächst im Röm. Jahrbuch für Kunstgeschichte 9 erscheinenden
Aufsatz G. Urbans über den Römischen Kirchenbau im Quattrocento,
u s, u. S. 332 u. Anm. 39, 40.
 
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