2. Ein neuer Ebo? Der Fall Ebo in Flodoards Historia Remensis Ecclesiae
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zierte er ein weiteres Mal jenes Wissen über Bischöfe, das sich in diesen Schriften
spiegelte"746.
Flodoard verfasste eine Geschichte seines Bistums, der Aufbau entspricht
den Gesta Epsicoporum. Er kompilierte nicht nur, sondern inserierte, fasste
zusammen, registrierte und entschied, in welche Reihenfolge er die im Archiv
vorgefundenen Dokumente brachte. Er entwirft so in seinem Werk für einen
neuen Verwendungszusammenhang ein neues und singuläres Ebo-Bild. Flo-
doard passt die überlieferten Texte in einen narrativen Zusammenhang ein und
erzählt so, dass es in seiner Zeit plausibel gewesen sein muss. Die Zusammen-
stellung ist nur im Rückblick möglich gewesen und daher singulär in der his-
toriographischen Darstellung des Falles. Die zeitgenössische Historiographie
des 9. Jahrhunderts erwähnt Ebo in der Regel kaum oder nur negativ747.
2.1. Ebo als karolingischer Reichsbischof
Flodoard beginnt sein Kapitel über Ebo in einem sehr positiven Ton748. Er spricht
von ihm als einem vir industrius et liberalibus disciplinis erduditus. Über Ebos
soziale Herkunft gibt Flodoard keinerlei Auskünfte, nur soviel: Ebo sei Milch-
bruder und Mitschüler Ludwigs des Frommen gewesen. Dann beschreibt er Ebo
gemäß der karolingischen Tradition als idealen Bischof: Ebo übte eine rege
Bautätigkeit aus, sorgte für die Rückführung und den Schutz von Kirchengut,
befahl die Anlegung eines Polyptychons zur Effektivierung der Verwaltung,
erbaute ein Archiv in der Kirche und kümmerte sich um die Reliquien der
Reimser Kirche749. Eine wie auch immer geartete schlechte Amtsführung Ebos
wird von Flodoard nicht einmal angedeutet. Der Textblock ist aus den im
Reimser Archiv vorliegenden Urkunden und Inschriften gearbeitet: Flodoard
fügt sogar die Inschrift der Reimser Kirche über die Krönung Ludwigs des
Frommen durch Papst Stephan in Reims an, bei der Ebo angeblich als Erzbischof
den Papst empfangen habe750 sowie ein Epitaph der Mutter Ebos751.
Die weitere Schilderung der Amtszeit Ebos beruht hauptsächlich auf ur-
kundlicher Überlieferung aus der Zeit Ludwigs des Frommen752. Erwähnt wird
746 Patzold, Episcopus, S. 356.
747 Zur Darstellung Ebos in der Historiographie des 9. Jahrhunderts s. o. Patzold, Episcopus, S. 354-
357 sieht in der Darstellung Floaords das Bild eines Idealbischofs, das das vermeintlich erst
später entstandene Modell des ostfränkisch-ottonischen Reichsbischofs vorwegnahm. Flodoard
hat sein Bild nicht aus einem „neuen politischen Programm Ottos I. geschöpft" (ebd. S. 357). Dem
ist zuzustimmen. Doch ist Flodoards Ebo-Bild nichtsdestotrotz eine Komposition und nicht eine
Wiedergabe des karolingischen Bildes oder der karolingischen Realität.
748 Flodoard, Historia Remensis, II, c. 19, S. 175-183.
749 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 355.
750 Vgl. dazu Schneidmüller, Karolingische Tradition, S. 50.
751 Das Epitaph ist nur bei Flodoard überliefert.
752 Zu der urkundlichen Überlieferung in der Reimser Kirchengeschichte vgl. Stratmann, Königs-
und Privaturkunden; zur Zeit Ludwigs des Frommen vor allem Depreux, Urkunde Ludwigs des
Frommen. Flodoard gibt zwei Urkunden im Wortlaut wieder: In der einen erlässt Ludwig der
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zierte er ein weiteres Mal jenes Wissen über Bischöfe, das sich in diesen Schriften
spiegelte"746.
Flodoard verfasste eine Geschichte seines Bistums, der Aufbau entspricht
den Gesta Epsicoporum. Er kompilierte nicht nur, sondern inserierte, fasste
zusammen, registrierte und entschied, in welche Reihenfolge er die im Archiv
vorgefundenen Dokumente brachte. Er entwirft so in seinem Werk für einen
neuen Verwendungszusammenhang ein neues und singuläres Ebo-Bild. Flo-
doard passt die überlieferten Texte in einen narrativen Zusammenhang ein und
erzählt so, dass es in seiner Zeit plausibel gewesen sein muss. Die Zusammen-
stellung ist nur im Rückblick möglich gewesen und daher singulär in der his-
toriographischen Darstellung des Falles. Die zeitgenössische Historiographie
des 9. Jahrhunderts erwähnt Ebo in der Regel kaum oder nur negativ747.
2.1. Ebo als karolingischer Reichsbischof
Flodoard beginnt sein Kapitel über Ebo in einem sehr positiven Ton748. Er spricht
von ihm als einem vir industrius et liberalibus disciplinis erduditus. Über Ebos
soziale Herkunft gibt Flodoard keinerlei Auskünfte, nur soviel: Ebo sei Milch-
bruder und Mitschüler Ludwigs des Frommen gewesen. Dann beschreibt er Ebo
gemäß der karolingischen Tradition als idealen Bischof: Ebo übte eine rege
Bautätigkeit aus, sorgte für die Rückführung und den Schutz von Kirchengut,
befahl die Anlegung eines Polyptychons zur Effektivierung der Verwaltung,
erbaute ein Archiv in der Kirche und kümmerte sich um die Reliquien der
Reimser Kirche749. Eine wie auch immer geartete schlechte Amtsführung Ebos
wird von Flodoard nicht einmal angedeutet. Der Textblock ist aus den im
Reimser Archiv vorliegenden Urkunden und Inschriften gearbeitet: Flodoard
fügt sogar die Inschrift der Reimser Kirche über die Krönung Ludwigs des
Frommen durch Papst Stephan in Reims an, bei der Ebo angeblich als Erzbischof
den Papst empfangen habe750 sowie ein Epitaph der Mutter Ebos751.
Die weitere Schilderung der Amtszeit Ebos beruht hauptsächlich auf ur-
kundlicher Überlieferung aus der Zeit Ludwigs des Frommen752. Erwähnt wird
746 Patzold, Episcopus, S. 356.
747 Zur Darstellung Ebos in der Historiographie des 9. Jahrhunderts s. o. Patzold, Episcopus, S. 354-
357 sieht in der Darstellung Floaords das Bild eines Idealbischofs, das das vermeintlich erst
später entstandene Modell des ostfränkisch-ottonischen Reichsbischofs vorwegnahm. Flodoard
hat sein Bild nicht aus einem „neuen politischen Programm Ottos I. geschöpft" (ebd. S. 357). Dem
ist zuzustimmen. Doch ist Flodoards Ebo-Bild nichtsdestotrotz eine Komposition und nicht eine
Wiedergabe des karolingischen Bildes oder der karolingischen Realität.
748 Flodoard, Historia Remensis, II, c. 19, S. 175-183.
749 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 355.
750 Vgl. dazu Schneidmüller, Karolingische Tradition, S. 50.
751 Das Epitaph ist nur bei Flodoard überliefert.
752 Zu der urkundlichen Überlieferung in der Reimser Kirchengeschichte vgl. Stratmann, Königs-
und Privaturkunden; zur Zeit Ludwigs des Frommen vor allem Depreux, Urkunde Ludwigs des
Frommen. Flodoard gibt zwei Urkunden im Wortlaut wieder: In der einen erlässt Ludwig der