Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0276
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. Helgald

275

kapetingische Dynastie zu stabilisieren und zu konsolidieren, sind besonders in
der französischen und amerikanischen Forschung des Öfteren geäußert wor-
den1156. Diese hier bereits mehrfach diskutierte Haltung — die kritisch zu hin-
terfragen ist — geht letztendlich auf Jean-Marie Lemarignier und seine Arbeiten
aus den 50er Jahren zurück1157. Diese Vorannahmen haben den Blick auf die Texte
aus Fleury nachhaltig geprägt1158.
Helgald hat die Vita laut Robert-Henri Bautier an einigen Stellen selbst
überarbeitet, um etwa die Königinwitwe Constanze doch in teilweise besserem
Licht erscheinen zu lassen1159. Helgald selbst hat zu Amtszeiten der Äbte Abbo
und Gauzlin in Fleury als Mönch gelebt1160. Er ist in Fleury erzogen und ausge-
bildet worden, über einen Aufenthalt außerhalb Fleurys ist nichts bekannt. Er
kannte König Robert wohl persönlich und betont in der Vita mehrfach sein enges
Verhältnis zu ihm ebenso wie seine Kenntnis des Hofes in Orleans, eines der
frühen kapetingischen Zentren1161. Er erwähnt mit Gerbert von Reims und
Constantin von Micy weitere Personen seiner Zeit, die in die zentralen kirchlich-
politischen Konflikte des späten 10. Jahrhunderts in Westfranken eingebunden
waren, auch wenn er die Konflikte selbst nicht thematisiert. Durch die Darstel-
lung des Verhältnisses von Gerbert und Constantin wird deutlich, dass die
Trennlinien innerhalb der Konflikte nicht zwischen einem monastischen und
einem bischöflichen Lager verliefen. Vielmehr gab es auch innerhalb des
Mönchtums Widerstand gegen die anspruchsvollen und weitreichenden Re-
formen aus Cluny oder Fleury1162.
Helgald konstruiert eine Konstellation König-Abt als Hauptprotagonisten,
die zum Wohle Fleurys handeln. In diese Konstellation passt er Robert und
Gauzlin, aber auch Robert und Abbo ein. Diese Perspektive dient der narrativen
Strukturierung des Textes und bedingt daher auch Helgalds Blick in die Ver-
gangenheit.
Helgald lobt den verstorbenen Gerbert/Silvester II., der Robert II., den
Frommen erzogen hatte, ungeachtet der gesamten Affäre um die Besetzung des
Reimser Erzbischofsstuhl, als dessen Folge Gerberts Name sogar aus der Liste

1156 Bautier, Introduction, S. 36: „IIne faut pas perdre de vue, en effet, qu'il ecrivait dans la premiere
moitie du Xie siecle, alors que la dynastie capetienne, encore recente et faible, avait besom d'etre
consolidee". Vgl. auch Koziol, Begging Pardon, S. 167ff wenn auch mit anderem Akzent zu den
Kapetingern, die den Ottonen etwas entgegenzusetzen gehabt hätten.

1157 Vgl. bes. Autour de la royaute francaise du IXe au Xllle siecle von 1955.

1158 Erinnert sei nur auf die Auswirkungen auf die Erforschung von Abbo von Fleury.

1159 Bautier, S.42. Helgalds Haltung zu Constanze ist offensichtlich sehr zwiespältig, er beschreibt sie
als zänkisch, ruhmsüchtig und geldversessen (Kortüm, Robert II., S. 85). Auch die enge Ver-
bindung, die Helgald zum Bischof Odalrich von Orleans offensichtlich pflegte, ist ein Zeichen für
seine Ablehnung gegenüber Constanze, war Odalrich doch der Kandidat ihres Intimfeindes
Odos II. von Blois, während Constanzes Kandidat sich im Bischofsamt nicht halten konnte (vgl.
zu Theoderich und Constanze Kortüm, Robert II., 87).

1160 Zur Person Helgalds liegen nur sehr spärliche Informationen vor, vgl. zum Autor und seinem
Leben Bautier, Introduction, hier S. 18-28.

1161 Bautier, Introduction, bes. S. 38.

1162 Zu innermonastischen Auseinandersetzungen schon Sackur, Cluniazenser, Bd. 2.
 
Annotationen