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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 4.1911

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Nr. 1 (Jan. u. Febr.)
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Linder, Joh.: Kellmünz: Römische Skulpturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24881#0019

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Körper hier sehr weit gediehen. Den Inhalt dieses mit einer gewissen Nach-
lässigkeit behandelten Bündels bilden wohl Schriftrollen *■).

Für die Annahme eines Kaiserstandbildnisses fehlt jedes kaiserliche
Insigne. Auch ist die Statue gleich den beiden andern hinten völlig oder
fast völlig unbearbeitet. Die Körperhaltung ist nur auf die Betrachtung von
vorne berechnet. Es sind wahrscheinlich Grabfiguren, die in Nischen standen.
Gegen die Annahme einer sakralen Würde oder Handlung spricht die aus
dem Verlauf der Gewandung erkennbare Nichtverhüllung des Hauptes. Ein
Privater hinwiederum fand doch wohl in Rhätien kaum ein solches Denkmal.

Nun zählt Rätien zu den wenigen Provinzen, welche nicht nur „kaiser-
liche“ hiessen, sondern selbst unter Ignorierung der für die Provinzialverwaltung
überkommenen republikanischen Verwaltungsformen geradezu als kaiserliche

Abb. 1—3. Marmorskulpturen aus der römischen Kastellmauer von Kellmünz. c. V 15*

Domänen verwaltet wurden durch kaiserliche Hausbeamte, Prokuratoren. Ihnen
war keine Legion unterstellt. Die nächste, insbesondere auch zum Schutze Rätiens
bestimmte und deshalb zwar nicht in die Provinz, aber doch nahe an ihre Grenze
gelegte Legion stand in Windisch. Kellmünz liegt dort, wo dieLuftlinie Augsburg-
Windisch die Iller schneidet, den Pässen Hohenrätiens und jenen Tirols gleich
nahe. Seine günstige Verkehrslage erhelltaus ihrer späteren strategischen Aus-
nützung durch intensive Befestigung. Es wäre möglich, dass der Ort zur Zeit der

') Wenn man unsere Statue mit andern gleichartigen vergleicht, so kann es keinem
Zweifel unterliegen, dass es sich hier um Schriftrollen handelt, durch die auf jeden Fall
ausgedrückt werden sollte, dass es sich hier um einen literarisch gebildeten oder her-
vorragenden Mann handelt. Vgl. Birt, Die Buchrolle in der Kunst S. 255ff. „RoIIen-
bündel ohne Kasten.“ Die dort S. 256 erwähnte Statue aus Lambaesis istdie eines Aes-
culap, abgebildet bei Cagnat, Musee de Lambese Taf. II, dazu S. 42. (Anmerk. d. Red.)
 
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