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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 9.1916

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Nr. 3 (Mai u. Juni)
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Stuttgart: Römische Altertumsfunde aus Nordfrankreich
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Quilling, Fritz: Neptun mit dem Pelikan
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https://doi.org/10.11588/diglit.25479#0054

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42

ist. An einer anderen Stelle zeigt sich im
modernen Grabenschnitt ein Fundament
von mächtiger Breite, bis 2 m Tiefe in den
Boden gesenkt. Hier handelt es sich ver-
mutlich um den in keinem römischen
Bauernhaus fehlenden Keller, der in der
Regel unter dem Hauptwohnraum angelegt
war; die verhältnismäßig geringe Höhe
seiner Decke, die ein Vergleich der zwei
angegebenen Niveaus ergibt, ist ebenfalls
typisch für die römischen Keller. Neben
diesem tiefen Fundament aus stark gemör-
teltem Bruchsteinmauerwerk zeigte sich
im Schnitt eine 10 — 15 cm dicke Kies-
schotterung; vermutlich befinden wir uns
damit im Innenhof, an dessen Rand ein
Wegchen umlief. Nicht eigentlich um der
Funde willen, die hier — außer vielleicht

im Keller — nicht in der Form materiell
wertvoller Gegenstände, sondern nur ais
wissenschaftliche Wertobjekte zu erwarten
sind, sondern um zu voller Klarheit über
den Grundriß und die Anlage dieses in
Württemberg häufigen Typus einer sog.
Villa rustica und des Wohngebäudes eines
römischen Bauernhofs zu kommen, haben
die Offiziere die Absicht, bei unsichtigem
Wetter die Grabung fortzusetzen : ein glän-
zendes Zeugnis für die gleichsam wissen-
schaftliche Ruhe, mit der die Unsrigen
auch nach igmonatlichem Kriegsdienst und
nach i7monatlichem Schützengrabendasein
dem Feinde gegenüberstehen. (Nach einem
Bericht von P. Goeßler, Schwäb. Merkur
1916 Nr. 114.)

MISZELLEN.

Neptun mit dem Pelikan.

18. Auf den beiden Schmalseiten des Obernburger Votivsteines CIL XIII
6621 (ORL nr. 35 S. 27 nr 2. Taf. IV, 8a—-c) befinden sich Darstellungen,
die schon dem Bearbeiter des betr. Limesheftes, Conrady, bemerkenswert
und außergewöhnlich erschienen sind. Die — uns hier zunächst allein inte-
ressierende — der rechten Seitenfläche beschreibt er, wie folgt; «Neptun,
nur mit der Chlamys bekleidet, steht aufrecht auf einem runden Postamente,
auf der Rechten einen in die Höhe gerichteten Delphin haltend, mit der
emporgehobenen Linken sich auf einen mächtigen Dreizack stiitzend. Neben
seinem rechten Fuß sitzt ein Vogel, der mit verrenktem Kopf den langen,
halb geöffneten Schnabel fast senkrecht in die Höhe reckt.»

Über die Gattung des Vogels ist nichts angegeben und im CIL ist die
avis gar mit einem Fragezeichen versehen. Zunächst könnte man wohl an
einen Fischadler denken, wie ihn z. B. auf Miinzen Hadrians (Cohen 2 II,
S. 132, Abbildung) Neptun auf der Hand trägt. Aber dem widersprechen Hals
und Schnabel. Mit mehr Recht ist ein Schwan vermutet worden wegen der
breiten Schwimmhäute und des gedrungenen Baues. Aber dem widerspricht
der ganz außerordentlich lange und so seltsam in die Höhe gereckte Schnabel.
Zudem, was soll ein Schwan bei Neptun?

Nun, wer jemals sich in Zoologischen Gärten das Volk der Wasservögel
genauer angesehen hat, weiß sofort, daß hier ein Pelikan 1) dargestellt ist.
Fiir ihn stimmen die breiten Schwimmhäute, der gedrungene, schwerfällige
Bau und namentlich der abnorm lange Schnabel, dessen Bewegungsmotiv
sogar fiir den Pelikan geradezu charakteristisch ist. Bezeichnend ist ferner
der breite Unterschnabel und der deutlich angegebene Schnabelsack. Das
Tier hält den Kopf nach aussen gewendet und reckt den Schnabel begehr-
lich nach dem Delphin zu, den Neptun auf der Hand trägt.

Da die Gruppe auf einem Postament dargestellt ist, soll sie wohl eine
Statue wiedergeben. Die Statue muß an einem Ort gestanden haben und
gefertigt worden sein, wo der Pelikan heimisch war, so heimisch, daß er
Neptun als Attribut verliehen werden konnte. Diese Gegend war gewiß nicht
Obernburg, denn dort kommt der Pelikan nicht vor. Sein. Verbreitungsgebiet

') Herr Dr. Priemel, Direktor des Zoologischen Gartens in Frankfurt a. M. hatte
die Güte, einen Abguss des Obernburger Steines im Besitz des Saalburgmuseums da-
raufhin zu prüfen und die Richtigkeit meiner Deutung zu bestätigen. Ihm verdanke
ich auch die mturgeschichtlichen Angaben über den Pelikan.
 
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