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mit peinlicher Sorgfalt und guter Kenntnis der Anatomie und der Lichtperspektive
wiedergegeben sind ; alles in rostbraunen Farben, wie sichs für den sonngebräunten
Sol gehört. Mit der gesenkten Linken hält er die Peitsche an den Körper; die
Rechte dagegen, mangelhaft erhalten, scheint nach rechts, also vorwärts zu greifen,
und zwar nach dem ebenfalls flatternden Obergewand einer, wie vor allem der auffal-
lend weich gebildete und sehr schön ins Profil gtstellte Kopf und die Zierlichkeit der
ganzen Figur zeigt, weiblichen Person. Sie ist bekleidet. Ihr Haar trägt einen
durch eingesetzten blauen und grünlichen Glasfluß dargestellten Perlenkranz. Sie erhebt
ihre vorgestreckte rechte Hand, deren Daumen unter die andern Finger sich legt,
wie abwehrend gegen den ungestümen Sonnengott. Ihre Körperhaltung entspricht dieser
Zurückhaltung. Es ist also vermutlich einer der mancherlei Liebesszenen des Sonnen-
gottes dargestellt. Man denkt an Erzählungen, wie die von einer Daphne, welcher der
dem Sonnengott verwandte Apoll nachstellt. Eine genauere Vergieichung unserer Szene
mit den Darstellungen der pompejanischen Wandgemälde wird die genaue Benennung
der weiblichen Person ermöglichen.
Für die Datierung des neuen Fundes ist maßgebend, ein im Schutt gefundener
Rest einer terra sigil 1 ata-Bilderschlüsse 1 späterer Form. Sie w Teist in der Relief-
verzierung Amazonenschiidchen und kleine runde Medaillons mit einer Darsteilung auf,
die wir als Erzeugnis eines in Heiligenberg bei Straßburg nach ico n. Chr. arbeitenden
Meisters kennen ; und zwar ist es eine spätere Arbeit des Töpferkünstlers. Der Ton ist
nicht mehr sehr glänzend, die Ornamentierung ist etwas roh und die Gefäßewandung ist
ziemiich dick. Das ergibt die Zeit von 120—140 n. Chr. Damit stimmt auch die
Geschichte der römischen Besiedlung von Hochmauern überein, die allerdings bedeutend
früher einsetzt. Unser Mosaik rückt zeitlich an den Schluß des Höhepunkts dieser Be-
siedlung Hochmauerns. Leider war infolge der zwei früheren Grabungen an derselben
Stelle die Ausbeute an Kleinfunden ganz gering. Aber es ist zu hoffen, daß ëine später
aufzunehmende Nachuntersuchung des ganzen umliegenden Baukomplexes, zu dem
unser Mosaikzimmer als Prunkraum eines großstädtischen Herrenhauses gehört hat, uns
noch weitere geschichtliche Aufklärung, vor allem über den ganzen hier vorliegenden
Villentypus, ergeben wird. (Aus Schwäb. Kronik 3. Juni 1916 Nr. 257.)
Stuttgart. P. Goeßler.
45. Trier. Ein kirchlicher Bau aus spätrömischer oder frühfränkischer
Zeit. Bei dem Abbruch des Maximinklosters in Trier, das im letzten Jahrhundert als
Kaserne gedient hat, konnte ein Stück Mauer im letzten Augenblick der Zerstörung ent-
zogen und erhaiten werden, das mit durchlaufenden Ziegelschichten versehen einen ganz
römischen Eindruck ■ acht und dem römischen Kern des Trierer Doms in seiner Bau-
weise nahe verwn- erscheint. Einer unter Leitung von Baurat Kutzbach ausgeführten
Grabung des Ti;· 'er Museums ist es jetzt gelungen, den Grundriß des Bauwerks zu
ermitteln, von dem die Mauer den letzten über der Erde erhaltenen Rest darstellt. Es
ist eine kleine, einschiffige Halle, 14m lang und 9m breit, mit zwei schmalen,
etwas kürzeren Seitenräumen und einer Vorhalle vor der ganzen Breite der nach
Süden gerichteten Front. Die Lage des Baus und sein Zusammenhang mit den angren-
zenden, frühmittelalterlichen Bauten, aus denen sich die spätere Krypta der Maximin-
kirche entwickelt hat, machen es sehr wahrscheinlich, daß es sich auch hier bereits
um einen kirchlichen Bau handelt, der, soviel sich bis jetzt nach den Scherben und
sonstigen Anhaltspunkten sagen läßt, noch in römischer Zeit errichtet sein kann. Ob
sich dies nun bestätigt, oder ob der Bau in frühfränkische Zeit zu verweisen ist, lur die
nach dem Stand unserer Kenntnisse jeder neue Zuwachs fast noch mehr zu begrüßen
ist, auf jeden Fall scheint hier ein besonders wertvolier Beitrag zur äitesten Geschichte
des Christentums in Trier gew'onnen zu sein.Îf
T r i e r. E. K rü g e r.
MISZELLEN.
Bormitomagus — Worms.
46. G. Behrens hat oben S. 45 die dankenswerte Nachweisung gegeben, daß der Name
Bormitomagus anstatt Borbetomagus nicht nur im Itinerarium Antonini, sondern
auch inschriftlich in dieser Form überliefert ist. Daraus Iäßt sich nämlich auch
leichter erkennen, wie der spätere Name entstanden ist. Denn wie in vielen Fällen,
konnte auch hier von einem Konsonanten zu dem gleichen Laut in demselben
Wort leicht iibergesprungen werden (venificus aus venenificus wird oft als Beispiel
einer solchen Synkope angeführt), und aus Bormitomagus wurde dann Bormagus.
Hier wurde nun die Endung -agus als das häufige keltische -acus empfunden, und
wie aus *Alisacus (pagus Alisacinsis 695) — Alisacia (774) — Elisatia (806) —
mit peinlicher Sorgfalt und guter Kenntnis der Anatomie und der Lichtperspektive
wiedergegeben sind ; alles in rostbraunen Farben, wie sichs für den sonngebräunten
Sol gehört. Mit der gesenkten Linken hält er die Peitsche an den Körper; die
Rechte dagegen, mangelhaft erhalten, scheint nach rechts, also vorwärts zu greifen,
und zwar nach dem ebenfalls flatternden Obergewand einer, wie vor allem der auffal-
lend weich gebildete und sehr schön ins Profil gtstellte Kopf und die Zierlichkeit der
ganzen Figur zeigt, weiblichen Person. Sie ist bekleidet. Ihr Haar trägt einen
durch eingesetzten blauen und grünlichen Glasfluß dargestellten Perlenkranz. Sie erhebt
ihre vorgestreckte rechte Hand, deren Daumen unter die andern Finger sich legt,
wie abwehrend gegen den ungestümen Sonnengott. Ihre Körperhaltung entspricht dieser
Zurückhaltung. Es ist also vermutlich einer der mancherlei Liebesszenen des Sonnen-
gottes dargestellt. Man denkt an Erzählungen, wie die von einer Daphne, welcher der
dem Sonnengott verwandte Apoll nachstellt. Eine genauere Vergieichung unserer Szene
mit den Darstellungen der pompejanischen Wandgemälde wird die genaue Benennung
der weiblichen Person ermöglichen.
Für die Datierung des neuen Fundes ist maßgebend, ein im Schutt gefundener
Rest einer terra sigil 1 ata-Bilderschlüsse 1 späterer Form. Sie w Teist in der Relief-
verzierung Amazonenschiidchen und kleine runde Medaillons mit einer Darsteilung auf,
die wir als Erzeugnis eines in Heiligenberg bei Straßburg nach ico n. Chr. arbeitenden
Meisters kennen ; und zwar ist es eine spätere Arbeit des Töpferkünstlers. Der Ton ist
nicht mehr sehr glänzend, die Ornamentierung ist etwas roh und die Gefäßewandung ist
ziemiich dick. Das ergibt die Zeit von 120—140 n. Chr. Damit stimmt auch die
Geschichte der römischen Besiedlung von Hochmauern überein, die allerdings bedeutend
früher einsetzt. Unser Mosaik rückt zeitlich an den Schluß des Höhepunkts dieser Be-
siedlung Hochmauerns. Leider war infolge der zwei früheren Grabungen an derselben
Stelle die Ausbeute an Kleinfunden ganz gering. Aber es ist zu hoffen, daß ëine später
aufzunehmende Nachuntersuchung des ganzen umliegenden Baukomplexes, zu dem
unser Mosaikzimmer als Prunkraum eines großstädtischen Herrenhauses gehört hat, uns
noch weitere geschichtliche Aufklärung, vor allem über den ganzen hier vorliegenden
Villentypus, ergeben wird. (Aus Schwäb. Kronik 3. Juni 1916 Nr. 257.)
Stuttgart. P. Goeßler.
45. Trier. Ein kirchlicher Bau aus spätrömischer oder frühfränkischer
Zeit. Bei dem Abbruch des Maximinklosters in Trier, das im letzten Jahrhundert als
Kaserne gedient hat, konnte ein Stück Mauer im letzten Augenblick der Zerstörung ent-
zogen und erhaiten werden, das mit durchlaufenden Ziegelschichten versehen einen ganz
römischen Eindruck ■ acht und dem römischen Kern des Trierer Doms in seiner Bau-
weise nahe verwn- erscheint. Einer unter Leitung von Baurat Kutzbach ausgeführten
Grabung des Ti;· 'er Museums ist es jetzt gelungen, den Grundriß des Bauwerks zu
ermitteln, von dem die Mauer den letzten über der Erde erhaltenen Rest darstellt. Es
ist eine kleine, einschiffige Halle, 14m lang und 9m breit, mit zwei schmalen,
etwas kürzeren Seitenräumen und einer Vorhalle vor der ganzen Breite der nach
Süden gerichteten Front. Die Lage des Baus und sein Zusammenhang mit den angren-
zenden, frühmittelalterlichen Bauten, aus denen sich die spätere Krypta der Maximin-
kirche entwickelt hat, machen es sehr wahrscheinlich, daß es sich auch hier bereits
um einen kirchlichen Bau handelt, der, soviel sich bis jetzt nach den Scherben und
sonstigen Anhaltspunkten sagen läßt, noch in römischer Zeit errichtet sein kann. Ob
sich dies nun bestätigt, oder ob der Bau in frühfränkische Zeit zu verweisen ist, lur die
nach dem Stand unserer Kenntnisse jeder neue Zuwachs fast noch mehr zu begrüßen
ist, auf jeden Fall scheint hier ein besonders wertvolier Beitrag zur äitesten Geschichte
des Christentums in Trier gew'onnen zu sein.Îf
T r i e r. E. K rü g e r.
MISZELLEN.
Bormitomagus — Worms.
46. G. Behrens hat oben S. 45 die dankenswerte Nachweisung gegeben, daß der Name
Bormitomagus anstatt Borbetomagus nicht nur im Itinerarium Antonini, sondern
auch inschriftlich in dieser Form überliefert ist. Daraus Iäßt sich nämlich auch
leichter erkennen, wie der spätere Name entstanden ist. Denn wie in vielen Fällen,
konnte auch hier von einem Konsonanten zu dem gleichen Laut in demselben
Wort leicht iibergesprungen werden (venificus aus venenificus wird oft als Beispiel
einer solchen Synkope angeführt), und aus Bormitomagus wurde dann Bormagus.
Hier wurde nun die Endung -agus als das häufige keltische -acus empfunden, und
wie aus *Alisacus (pagus Alisacinsis 695) — Alisacia (774) — Elisatia (806) —