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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 9.1916

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Nr. 6 (Nov. u. Dez)
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Günther, Adam: Coblenz, römisches Bronze-Gewicht
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Goessler, Peter: Rottweil, ein neuer römischer Fund
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https://doi.org/10.11588/diglit.25479#0104

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Herrn Jordan aus Pfahlholz der Römerbrücke gefertigt). Daß das Biistchen als
Gewicht gedient haben mag, zeigt eine Ausbruchstelle auf dem Kopfe auf der
rechten Seite, wo iiber dem Schwerpunkt der Biigel befestigt gewesen sein wird.

Coblenz. A. Giinther.

Rottweil. Ein neuer römischer Fund.

44. Wer den Spuren des altrömischen Rottweil nachgeht, kennt das Prachtstück der

dortigen Sammlungen und zugleich einen der schönsten altgeschichtlichen Funde unseres
Landes, den in der St. Lorenzkapelle aufbewahrten Mosaikboden mit der Darstellung
des Sängers Orpheus im mittleren Hauptbild, das selber wieder von Zirkus- und Arena-
szenen eingerahmt ist. Das Mosaik ist i. J. 1834 auf Hochmauern gefunden worden.
Aber bereits 50 Jahre früher hatte die — heute noch Iange nicht abgeschlossene —
archäologische Erforschung des römischen Rottweil ihren glänzenden Anfang gemacht,
ebenfalls mit einem Mosaikfußboden. Man hatte sich damals mit der Aufnahme eines
Protokolls und einer farbigen Zeichnung der Reste begnügt. Die Ausgrabung war wieder
zugedeckt worden, der Pflug ging wieder über den Acker und nahm Jahr um Jahr
Steinchen des kaum 30 cm unter der heutigen Oberfläche liegenden Mosaikbodens mit.
Die Stelle ward vergessen, und so oft spätere Forscher die Nachrichten darüber prüften,
bedauerten sie, daß diese nicht genau genug waren, um diè Stelle untrüglich zu ver-
raten. Man wußte nur a''s dem schriftlichen Bericht, daß das Gebäude, zu dem der
Boden gehörte, „südlich“ an die das Hofgut Hochmauern umschließende Mauer anstieß.
Die dem Rottweiler Archivar kürzlich gelungene Wiederauffmdung eines noch genaueren
Fundprotokolls, das von einem unter dem Boden festgestellten System zweier gekreuzter
Heizkanäle spricht, erinnerte im vergangenen Winter den um das römische Rottweil
verdienten Baurat a. D. Mährlen daran, daß im Jahre 1894 von Professor Hölder einige
Meter östlich der Südostecke der genannten Hofmauer ein römisches Zimmer mit solchem
Doppelkanal ausgegraben worden war. Die von ihm damals besorgte Aufnahme war
noch vorhanden. Also dort mußte der Mosaikboden liegen; freilirh konnte man nur
noch auf Reste rechnen, nachdem die 1. Grabung vom Jahre 17S4 bereits einige Teile
ausgebrochen und den Boden längere Zeit der Witterung ausgesetzt hatte. Die 2. Gra-
bung von 1894 hatte offenbar nur der Untersuchung der Kanäle gegolten und war viel-
leicht, da 1784 bereits die Untersuchung der Kanäle die darüber geiegenen Mosaikteile
entfernt oder zerstört hatte gar nicht auf den Boden gestoßen. Mährlen machte sich
im Dezember 1915 an die Bloßlegung der Mosaikreste. Diese ist auch völlig gelungen.
Aber ein längerer Verbleib im Boden nach der Aufdeckung war nicht tunlich, da die
Steinchen an der Luft aus dem Mörtel, in den sie gesetzt sind, gar zu leicht heraus-
wittern. So wurden mit Eintritt der beständigen Jahreszeit, im Mai ds. Js. die noch er-
ha:tenen 7 Reste nach einem anderwärts erprobten Verfahren herausgenommen, in Gips
und Zement eingegossen und sorgfältigster Konservierungsarbeit in die Lorenzkapelle
verbracht. Mit der Heraifsnahme des Bodens verband sich eine genauere Untersuchung
des ganzen Baues bezw. Zimmers, unter dem die Kanäle liefen und dessen Boden so
kunstvoll belegt war

Als Zimmer innerhalh eines größeren, als vornehme Villa anzusehenden Mauer-
komplexes stellt sich das Mauerviereck dar, in dem noch an 7 verschiedenen Stellen
größere und kleinere zusammenhängende Mosaikreste gefunden wurden '). Einzelne Stein-
chen fanden sich im ganzen Bau, der von West nach Ost 6 r/a m im Licht maß. Die
Süd-Nordlänge ließ sich nicht bestimmen ; wohl war die Südmauer zwar völlig ausge-
brochen, aber noch in der Baugrube zu konstatieren. Aber der Abschluß nach Norden
war vollständig verschwunden und an seiner Stelle Iagen nur Trümmer in größerer Tiefe,
die das ehemalige Vorhandensein eines Kellers daselbst veimuten lassen. Auf der Ein-
füllung saß an der Nordv'estecke gut erkenntlich das Niveau eines gewölbten Ofens,
von dem der eine der etvva 30—40 cm irh Licht messenden Knnäle ausging. Diese
Kanäle, je von der Nordwest- bezvv. Nordostecke in der Diagonale durch den Raum
laufend, von 40 cm breiten, gemauerten Wangen eingefaßt, haben jedenfalls der Heizung
gedient und zwar in erster Linie eines an die Südostecke anschließenden kleinen Raums,
der 1784 gefunden vvurde und der offenbar eine normale römische unterirdische Feuerung,
die sog. flypokaustenheizung hatte. Damit stimmt, daß das Kanalniveau von dem Ein-
gang, d. h. vom Ofen, bis zum Austritt in jenes Zimmer sich um 24 cm langsam hob.
Ebenso stieg das Niveau des anderen Kanals von .der Nordostecke zur Südwestecke um
34 cm. An jener Ecke war freilich von einem Ofen nichts mehr zu sehen, wohl aber
an der Südvvestecke Spuren starken Brands in dem an die östliche Kanalwange an-
schließenden natürlichen Boden. Die Kanäle selber schnitten sich nicht genau recht-

’) Die 7 Stellen sind auf Abb. 31 durch dunklere Tönung kenntlich gemacht.
 
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