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Notwendigkeiten gegenüber gestellt sah. Die Ehrungen des römischen Senats sind
nur Umdeutungen seines eigenen im tiefsten Sinn unrömischen Strebens im römischen
Sinne, Versuche, Rom verständlich zu machen, was es doch noch nicht zu fassen im-
stande war. Für Caesars letzte Ziele wie für die Beurteilung seiner Mörder (die daraus
einen Rechtstitel für sich herleiten konnten) ist dieser Zug in Caesars Geschichte von
nicht geringer Bedeutung.
Um noch zu einigen Einzelheiten in dem Buche v. Mess Stellung zu nehmen:
Der Name Caesar (Anm. 6) wird durch die bei Festus s. v. Caesar erhaltene Deu-
tung des Verrius Flaccus am wahrscheinlichsten erklärt.
S. 8 überträgt v. Mess die Anspmche des einen Caesar auf seine Familie, wenn
er sagt: «Seine Familie stellt sich, wie Perikles und die Alkmaeoniden, an die Spitze
der aufgeklärten, sozial- und fortschrittbereiten Elemente, aber nur, um wie Perikles
auf dem Wege über die populare Politik zur Herrschaft emporzusteigen.»
Dem Aristoteles Schuld an der rückwärtsschauenden Romantik geben, die die Zeit von
Caesars Anfängen erfüllt, weil er in der «Zeit der Erhebung der Monarchie und des
antiken Großstaates — in den alten Geleisen — über die beste Einrichtung der kleinen
städtischen Republiken geforscht, gesonnen und gelehrt» habe (S. 17), heißt vom Philo-
sophen fordern, was dem Politiker zukommt. Goethe sein Verhalten zur deutscher, Sache
in den Jahren 1806—1813 vorzuwerfen, ist seit langer Zeit Mode, darum nicht weniger
ungerechtfertigt.
Der Satz S. 21: «Das einzige Mittel, den Willen des gesamten Volkes zur Geltung
zu bringen, war seine Konzentration auf eine führende Persönlichkeit bei einer Wahl
großen Stils, d. h. eine zeitweilige oder dauernde populare Monarchie», unterschätzt die
Bedeutung des Senats, die erst Caesar gebrochen hat, indem er sie seinen Zwecken
dienstbar machte. Weder die Gracchen, noch Marius, noch Pompeius hatten mit der
popularen Monarchie Erfolg gehabt.
S. 28: Daß schon die Leichenrede fürCornelia und Julia für das Volk einen tieferen
Sinn besaßen, ist nicht glaubhaft. Sulla hat die kommende Größe des jungen Caesar
mit dem Blick des Großen erkannt. Vor den Kleinen und der Masse war es Caesar
leicht, seine Ansprüche (wenn sie damals schon konkrete Form hatten und nicht nur
die des ahnenstolzen Adligen überhaupt waren) zu verschleiern, wie es ihm die poli-
tische Klugheit gebot.
Die Unterstützung des Pompeius i. J. 67 (S. 27) schuf für Caesar den Präzedenz-
fa.Il, der zudem den Osten betraf, während Caesars Aufmerksamkeit nach dem Westen
ging. So hat Sihler recht, wenn er (S. 52) sagt: «Wir können mit Sicherheit annehmen,
daß seine Sympathien und Unterstützung die Politik gewaltiger Provinzialgewalten nach
Kräften förderten. Sein eigenes Imperium würde schon zu einer Zeit im cursus honorum
kommen.» Sueton 11.1 und Dio 36.43 bestätigen es.
Caesars Streben, sich eine Machtbasis in Ägypten zu schaffen (S. 29), bezeugt die
Sicherheit seines Blicks, der auch darin intuitiv einen wesentlichen Faktor der späteren
Monarchie ins Auge gefaßt hat, ebenso wie sein Eintreten für die jenseits des Po gele-
genen Landschaften (S. 31) nicht ein Kampf für eine politische Notwendigkeit, sondern
ein Mittel für seine Ziele war.
Für den spanischen Feldzug (S. 75 ff.) vermutet Dio 37.52 richtig, daß er außer
einer Vorbereitung für Gallien Caesar eine Gelegenheit war, den ersten Triumph zu
erringen.
S. 134 heißt es : «Nicht mit Unrecht erkannte man in der Begünstigung und Pro-
tektion der Transpadana die schrecklichen weiteren Pläne des Imperators: die Ent-
thronung von Italien und den Ersatz durch das junge, neue, kräftigere Blut der roma-
nisierten Nationen, wie es die Latinischen Bürger der Transpadanä waren.» In der Tat
beginnt erst mit Augustus jener Prozeß, der bei Werbung von Angehörigen der Heere
auch Angehörige fremder Völker heranziehen ließ. Aber noch Augustus hat «trotz aller
Schwierigkeit, die ein aus geworbenen Leuten und Fremden gebildetes Heer darbot,
Notwendigkeiten gegenüber gestellt sah. Die Ehrungen des römischen Senats sind
nur Umdeutungen seines eigenen im tiefsten Sinn unrömischen Strebens im römischen
Sinne, Versuche, Rom verständlich zu machen, was es doch noch nicht zu fassen im-
stande war. Für Caesars letzte Ziele wie für die Beurteilung seiner Mörder (die daraus
einen Rechtstitel für sich herleiten konnten) ist dieser Zug in Caesars Geschichte von
nicht geringer Bedeutung.
Um noch zu einigen Einzelheiten in dem Buche v. Mess Stellung zu nehmen:
Der Name Caesar (Anm. 6) wird durch die bei Festus s. v. Caesar erhaltene Deu-
tung des Verrius Flaccus am wahrscheinlichsten erklärt.
S. 8 überträgt v. Mess die Anspmche des einen Caesar auf seine Familie, wenn
er sagt: «Seine Familie stellt sich, wie Perikles und die Alkmaeoniden, an die Spitze
der aufgeklärten, sozial- und fortschrittbereiten Elemente, aber nur, um wie Perikles
auf dem Wege über die populare Politik zur Herrschaft emporzusteigen.»
Dem Aristoteles Schuld an der rückwärtsschauenden Romantik geben, die die Zeit von
Caesars Anfängen erfüllt, weil er in der «Zeit der Erhebung der Monarchie und des
antiken Großstaates — in den alten Geleisen — über die beste Einrichtung der kleinen
städtischen Republiken geforscht, gesonnen und gelehrt» habe (S. 17), heißt vom Philo-
sophen fordern, was dem Politiker zukommt. Goethe sein Verhalten zur deutscher, Sache
in den Jahren 1806—1813 vorzuwerfen, ist seit langer Zeit Mode, darum nicht weniger
ungerechtfertigt.
Der Satz S. 21: «Das einzige Mittel, den Willen des gesamten Volkes zur Geltung
zu bringen, war seine Konzentration auf eine führende Persönlichkeit bei einer Wahl
großen Stils, d. h. eine zeitweilige oder dauernde populare Monarchie», unterschätzt die
Bedeutung des Senats, die erst Caesar gebrochen hat, indem er sie seinen Zwecken
dienstbar machte. Weder die Gracchen, noch Marius, noch Pompeius hatten mit der
popularen Monarchie Erfolg gehabt.
S. 28: Daß schon die Leichenrede fürCornelia und Julia für das Volk einen tieferen
Sinn besaßen, ist nicht glaubhaft. Sulla hat die kommende Größe des jungen Caesar
mit dem Blick des Großen erkannt. Vor den Kleinen und der Masse war es Caesar
leicht, seine Ansprüche (wenn sie damals schon konkrete Form hatten und nicht nur
die des ahnenstolzen Adligen überhaupt waren) zu verschleiern, wie es ihm die poli-
tische Klugheit gebot.
Die Unterstützung des Pompeius i. J. 67 (S. 27) schuf für Caesar den Präzedenz-
fa.Il, der zudem den Osten betraf, während Caesars Aufmerksamkeit nach dem Westen
ging. So hat Sihler recht, wenn er (S. 52) sagt: «Wir können mit Sicherheit annehmen,
daß seine Sympathien und Unterstützung die Politik gewaltiger Provinzialgewalten nach
Kräften förderten. Sein eigenes Imperium würde schon zu einer Zeit im cursus honorum
kommen.» Sueton 11.1 und Dio 36.43 bestätigen es.
Caesars Streben, sich eine Machtbasis in Ägypten zu schaffen (S. 29), bezeugt die
Sicherheit seines Blicks, der auch darin intuitiv einen wesentlichen Faktor der späteren
Monarchie ins Auge gefaßt hat, ebenso wie sein Eintreten für die jenseits des Po gele-
genen Landschaften (S. 31) nicht ein Kampf für eine politische Notwendigkeit, sondern
ein Mittel für seine Ziele war.
Für den spanischen Feldzug (S. 75 ff.) vermutet Dio 37.52 richtig, daß er außer
einer Vorbereitung für Gallien Caesar eine Gelegenheit war, den ersten Triumph zu
erringen.
S. 134 heißt es : «Nicht mit Unrecht erkannte man in der Begünstigung und Pro-
tektion der Transpadana die schrecklichen weiteren Pläne des Imperators: die Ent-
thronung von Italien und den Ersatz durch das junge, neue, kräftigere Blut der roma-
nisierten Nationen, wie es die Latinischen Bürger der Transpadanä waren.» In der Tat
beginnt erst mit Augustus jener Prozeß, der bei Werbung von Angehörigen der Heere
auch Angehörige fremder Völker heranziehen ließ. Aber noch Augustus hat «trotz aller
Schwierigkeit, die ein aus geworbenen Leuten und Fremden gebildetes Heer darbot,