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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 1
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Brehm, Karl: Ein Gebet- und Lehrbuch des Stuttgarter Hofkaplans Franz Anton Michael Seiz von 1771
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9

und hierzu dienliche Gebeten Der nach-
mittägige Gottesdienst oder alle Vesperen
mit ihren Psalmen in Latein u. Deutsch.
Der Bußpsalmen Vliserere in Deutsch
zu singen oder zu beten. Nebst einem
Anhang von zerschiedenem kurtz- oder
täglichen Andachts-Übungen u. s. w. zum
andächtigen Gebrauch der katholischen
herausgegeben von k. v. ?. ^nt. Mcb.
8eix, Herzoglich-Würtembergischen Hof-
Caplan, Vliss. ^post. und Pfarrer zu
Offingen. Mit gnädigster Erlaubniß der
Obern. Bamberg u. Würzburg 1771."
Aus der Unterschrift der sich anschließen-
den Widmung an Herzog Karl von Würt-
temberg ergiebt sich, daß das „IDO. kst"
des Titels mit „Hochwürden Herrn Franz"
zu deuten und zu lesen ist. Die Wid-
mung erfolgt, weil „die so herrliche als
mit grossen Kosten verknüpfte Beleuch-
tungen, mit welchen Euer Herzogliche
Durchlaucht den in denen Sacramenta-
lischen Brods-Gestalten anwohnend-ver-
menschten Gott alljährlich in der Heil.
Char- oder Marter-Wochen Tag u. Nacht
eines Theils, andern Theils aber durch
die an dem hohen Fest Corporis Lbristi
gewöhnlich - feierlich - abhaltende ?roces-
sion gottseeligst zu verehren pflegen,"st
die Frömmigkeit des herzoglichen Herzens
bekunden. Seiz will mit seinen verdeutsch-
ten Kirchengebeten „allen und jeden nicht
nur einen echten Begriff, sondern eine An-
leitung zur wahren Andacht und Hochschätz-
ung gegen diesem Hochheiligsten Opfer "st
bieteir und dem gegnerischen Vorwurf be-
gegnen: „Ihre Priester lesen die Meß
nur deßwegen in lateinischer Sprache,
damit der gemeine Mann nicht wisse,
oder verstehen solle, was da aus dem
Altar von ihnen gehandelt werde, "st
Entsprechend dieser apologetischen Tendenz
verteidigt das Gebetbuch die katholische
Lehre vom hl. Meßopfer, von den Zere-
monien, von der Fürbitte für die Ver-
storbenen und von der Ohrenbeicht gegen
„die jetzigen Protestanten" und „die heu-
tigen Neulinge."st Um „Unwissender:"
d. h. wohl unwissenden Katholiken zu
zeigen, daß stille hl. Messe und Pontifi-
kal- bezw. Levitenamt das gleiche Opfer
sind, werden auch deren Zeremonien er-
läutertest Als „hl. Messe, wie der Prie-
ster sie am Altäre betet" erscheint ab

S. 87 eine wörtliche Verdeutschung des
Meßformulars vor: Ostern, der sich kernig
frommes „Gebet unter der hl. Meß" an-
schließt. Aehnlich zu beurteilen ist der
S. 301—324 stehende Anhang von Ge-
beten, die teilweise dem römischen Rituale
entlehnt sind. Ganz im Gegensatz hiezu
und zu den nachfolgenden kurzen Beicht-
nnd Kommnniongebeten — die letzteren
finden sich heute noch im Lompeucllurn
veteris Uitualis Lonstantiensis — steht
der 14strophige, fast durch und durch
lehrhafte, in holperigen Knittelversen ab-
gefaßte „Vorb ereitu ngs- Lehr- Auf-
opferungs- Anbettungs- Lab- und Dank-
sagungs-Gesang, zur würdigen Betzwoh-
nung und andächtigen Anhörung des
Opfers der hl. Meß zu singen im Ton:
Aus Lieb verwundter Jesu mein etc.
In Gottes Nam, der einig ist,
Und in Personen dreyfach ist,
Zu dessen grösten Lob und Ehr,
O Christen-Mensch, die Meß anhör. "st
Unter den Vespergesängen, meist auch
in deutscher, möglichst wörtlicher Ueber-
setzung gegeben von S. 160—300, findet
sich auch die Miserere-Andacht mit einem
Gebet für Herzog Karl und das ganze
hochfürstliche Haus. Dieser dürfte übri-
gens van der Uebersetzungsarbeit seines
Hoskaplans Seiz nicht besvnders erbaut
gewesen sem, weil dadurch nur die offi-
ziellen kirchlichen Gebetbücher popularisirt
wurden. Wenigstens ging Seiz schon
1772 auf die Pfarrei Schelklingen ab,
während er seine bisherige Pfarrei Of-
fingen durch zwei Vikare hatte versehen
lassen dürfen?)
st Gebetbuch A a. O. 3 k. st A. a. O. A. 4.
st A. a. O. A5. st A.a.O. 37 u.80. ist A. a. O.
67 kk. st A. a. O. 143. Herzog Karl Eugen
v. W. u. seine Zeit. 1907. I, 376. Als Pfarrer
von Schelklingen hat Seiz 1779/80 vielleicht auch
das anonyme „Charwochenbuch in deutsch- und
lateinischer Sprache" herausgegeben. Dasselbe
zählt 3S0 Seiten und erschien „im Verlag der
Armen, Reichsherrschnft Justingen im Jahre
Christi 1780." Das doppelsprachige Gebetbuch
rühmt sich in Deutschland eine bisher ganz un-
bekannte Erscheinung zu sein und will durch
französische Vorbilder veranlaßt sein. Es ist
Herzog Karl gewidmet wegen dessen „exempla-
rischeim) Eifer" in der Teilnahme an den Got-
tesdiensten der hl. Woche. Auf eine Erklärung
der Charwocbenzeremonien folgen die Mehrzahl
der kirchlichen Meß- und Breviergebete für die
Zeit vom Palmsonntag bis zum Osterfest.
 
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