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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 7
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Literarisches
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104

Literarisches.
Teller Jos. Or. Württembergische Geschichts-
quellen Band X. 1910:
Vie Umwandlung üesgeneaictinerklosttrs
kNwangen in ein weltliches edorfterrnstiN
(1460) u. Sie kirchliche Verfassung Ser Stills.
Verlag von W. Kohlhammer, Stutt-
gart. 57 l S. 8 Brosch. (Für Mit-
glieder des Ellwanger Geschichts- und
Altertumsverein ermäßigter Preis).
Das vorliegende Werk, verfaßt von dem besten
Kenner Cllwangischer Geschichte (vgl. auf dessen
Aufsätze zur Ellm. Geschichte in dieser Zeitschrift
1909 S. 80-88, 105—109 und S. 129-134,
152—153, ferner 1910 S. 97—102) zerfällt in
2 Teile, von denen der erste (S. 1 —291) Ur-
kundentexte und Aktenstücke, der zweite (S. 295
bis 533) zunächst eine zusammenhängende Dar-
stellung der Umwandlung des Benediktinerklosters
in ein weltliches Chorherrnstift, sodann die
kirchliche Verfassung des Stifts Ellwangen bis
zu seiner Aufhebung enthält.
Durch dieses Werk, das dem erstaunlichen Fleiß,
u. der Wissenschaft! Tüchtigkeit des Verfassers, das
beste Zeugnis ausstellt, ist die bisher noch wenig
erforschte kirchliche Verfassungsgeschichte des Stiftes
Ellwangen in das hellste Tageslicht getreten.
Man darf wohl sagen, daß besonders über die
im Jahre 1640 erfolgte Umwandlung des Klo-
sters in ein Chorherrnstift nach einer derart
gründlichen und umfassenden Darstellung, wie
sie sich auf S. 295 - 369 unter eingehender Ver-
wertung der auf die Umwandlung bezüglichen
(S. 3—80 des Textteiles abgedruckten) Urkundcn-
und Aktenstücke findet, kaum irgend wesentliche,
neue Gesichtspunkte jemals sich werden Vorbringen
lassen. Der Verfasser beschränkt sich in diesem
Teil seiner Abhandlung wie auch in dem nachher
zu besprechenden zweiten Teil nicht einseitig auf
die Darstellung der Quellen, die uns für Ell-
wangen zu diesem Vorgang überliefert sind,
sondern er bringt diese Umwandlung des Klo-
sters in ein weltliches Stift in Zusammenhang
mit der ganzen Zeitgeschichte, indem er in höchst
dankenswerter Weise auch über die ähnlichen
Vorgänge in andern deutschen Benediktinerklöstern
jener Zeit berichtet und so ein klares Bild über
die Klosterreformbewegung im 15. Jahrhundert
und ihre Gegner, besonders für das Bistum
Augsburg bietet. Von den hieher gehörigen
Aktenstücken möge der Abdruck des über
rsckituuin der Gülten und Renten des Kapitels
vom 2. April 1460 (S. 42—67) kurz hervorge-
hoben sein.
Auch der zweite Teil der Abhandlung,
die kirchliche Verfassung des Stiftes (S. 370
bis 571) beruht auf umfassenden Quellenstudien,
von denen wiederum die wichtigsten im Text-
teile (S. 81—282) wiedergegeben werden, so
namentlich die Statuten des Stifts von 1460
(S. 8l—127), von 1501 (156—167), 1506 (175
—195), 1537 (200 215) und spätere Stifts¬
statuten. Ter darstellende Teil zerfällt in 8
Kapitel, von denen die drei ersten S. 371 bis

422) sich mit der Verfassung des Benediktiner-
klosters, die andern mit der Verfassung des
weltlichen Chorherrnstifts beschäftigen. Diese
Einteilung war erforderlich, um erkennen zu
lassen, inwiefern sich durch die Umgestaltung des
Klosters in ein weltliches Stift auch die kirch-
liche Verfassung geändert hatte. Auf die staats-
rechtliche Stellung oes Stifts konnte der Ver-
fasser, um das Werk nicht noch mehr anschwellen
zu lassen, n u soweit es zum Verständnis des
Ganzen erforderlich war, eingehen. Der Ver-
fasser bespricht in diesen Kapiteln im einzelnen
an der Hand seiner überaus weitgreifenden
Quellenstudien die Exemtion des Klosters (bezw.
Stifts), die Stellung des Abts (Fürstpropsts)
die Besetzung der Probstei, seine Rechte und
Pflichten und sein Verhältnis zum Konvent
(Stiftskapitel), die einzelnen Konvents-(Kapitels-)
ämter und die Besetzung der Kanonikate, die
ständische Zusammensetzung und die
Zahl derselben, die niedere Stiftsgeistlichkeit, die
Korporationsrechte des Kapitels, den Einfluß
des Kapitels auf die Regierung des Stifts u.
s. w. Auch hier zieht der Verfasser, was den
Wert der Abhandlung für die auf dem Gebiete
der klösterlichen Verfassungsgeschichte arbeiten-
den Benutzer sehr erhöht, in reicherem Maße
die neue Literatur über die kirchliche Ver-
fassungsgeschichte anderer deutscher Klöster und
Stifte vergleichsweise heran.
Jeder der auf diesem Gebiete arbeiten will, nicht
nur der Freund Ellwanger Geschichte, wird daher
das Werk mit großem Nutzen zu Rate ziehen. In
den einzelnen Kapiteln des Buches sind manche
hübsche Einzelforschungen enthalten, die man
nach dem Titel des Buches zunächst vielleicht
nicht darin vermuten würde, so S. 275 ff. ein
Verzeichnis der Altäre der Stiftskirche, S. 376
ff. eine Untersuchung über die Entwicklung der
Pfarrverhältnisse in der Stadt Ellwangen; her-
vorgehoben sei noch die Untersuchung über den
Geburtsstand, die Abstammung der Aebte und
Fiirstpröbste (S 370 ff, S. 444 ff), über die
Reformbestrebungen der Melker Union und der
Bursfelder Kongregation (S. 302 f), über die
Nesidenzpflicht der Chorherrn (S. 481 ff.), die
sogenannte Reitpfriinde (S. 488 f.) und die
andern Chorpfründen. Erfreulich ist, daß der
Verfasser an manchen Stellen seiner Arbeit auf
verschiedene Nebenfrüchte seiner Studien hinweist,
deren Veröffentlichung wir in Bälde zu erwarten
haben.
Die Darstellungsweise des Verfassers im
allgemeinen ist anziehend, um so schmerzlicher
berührt es aber, wenn man im Zeitalter der
Sprachreinigung auf S. 410, 19 dem Fremd-
wortungetüm : Ein Schluß hierauf (-hievon)
auf die Standesverhältnisse entbehrten der
„Stringenz" (statt: ist nicht zwingend) be-
gegnet. Das Roth (S. 65, 3) ist m. E. zweifel-
los Roth Gemeinde Jagstzell. S. 288, 28 soll
es wohl statt „Vetter" Onkel heißen, wenigstens
ist mir nicht bekannt, daß avunculus (S. 290,
32) in ersterer Bedeutung gebraucht worden
wäre. X. O. lttüller.
Leck. Scheyrer, Ferd., Gesch. der
Revolution in Baden 1848/49 in
 
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