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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 10
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Selig, Theodor: Die Bruderschaften des Dekanats Riedlingen, [10]
DOI Artikel:
Beck, Paul A.: Das deutsche Brevier
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0181

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kaxelle oder anderswo kommunizieren. Man
wünscht, daß dies alle Monat geschehe.
8. Bei einem Versehgang sollen die Brüder
und Schwestern das Hochwürdigste begleiten und
ihre Untergebenen dazu anhalten (und wäre gar
anständig, wenn dies mit brennenden Aerzen
geschähe).
9. Die Mitglieder sollen sich in den Kirchen,
Häusern und Wohnungen Gottes ehrbar, erbau-
lich und andächtig aufführen und andere, beson-
ders Untergebene dazu ermahnen, Zuwiderhan-
delnde abstrafen;
w. das Sakramcntiersn meiden und andere
davon abhalten. Sakramentierer, die sich nicht
bessern wollen, sind vom Präses nach dreimaliger
vergeblicher Mahnung öffentlich aus der Bruder-
schaft auszuschließeu.
Diese m Regeln sollen jährlich am Titnlar-
fest von der Kanzel verlesen werden.
Von den Regeln unterscheidet der
Verfasser des Bruderschaftsbüchleins die
Ordnung der Bruderschaft, welche er
ebenfalls in 10 Punkten beschreibt. Sie
betrifft die Aufnahme, Feste, Prozessio-
nen, Protektoren, Bruderschaftsrat.
Die Aufnahme wurde mit einer
gewissen Feierlichkeit umgeben und mit
Uebergabe des Bruderschaftszeichens in
der Kirche vorgenommen. Einschreib-
gebühren wurden nicht verlangt, sondern
nur die Bezahlung dessen, was das Zei-
chen und Büchlein kostete; indes wurde
ein freiwilliges Opfer angenommen. Nach
dem Tode eines Mitglieds schickte man
das Zeichen zurück, ivorauf der Name
ins Totenbuch eingetragen wurde.
Das Titu larfest wurde am Sonn-
tag nach der Oclav Lorpori8 Lün8ü
gefeiert. Weitere Bruderschaftsfeste wa-
ren: das Fest Mariä Verkündigung, das
Kirchweihfest der Kapelle, das Fest der
hl. Barbara, des hl. Wendelinus.
Umgänge fanden statt an den Bru-
derschaftsfeften und Monatssonntagen
(letzter Sonntag des Manats, März und
August ausgenommen). Es wurden 9
züchtige und fromme Jungfrauen aus-
erwählt, welche an ihren Schilden die
Namen der 9 Chöre der Engel tragen
und das Frauenvolk in der Prozession
anführen mußten. Ein Bild der hl. Bar-
bara, auf ein üabrurn gemalt, wurde
dem Frauengeschlecht vorausgetragen.
Als Protektoren der Bruderschaft
wurden erbeten der Fürst zu Sigmarin-
gen (Jurisdiktions-Herr zu Binzwangen),
der Graf zu Dürmentingen-Scheer (Juris-
diktionsherr des Orts, wo die Bruder-

schaftskapelle stand), die Aebtissin von
Heiligkreuztal (Eigentumsfrau zu Binz-
wangen, der auch das iu8 prae8entancii
auf die Pfarrei zuftand).
Der Bruderfchaftsrat, zusammen-
gesetzt aus ehrlichen, frommen Männern
von Binzwangen und der Nachbarschaft,
bestand aus einem Präfekten, 2 Assisten-
ten, 2 Bruderschaftspflegern nnd 12 Rä-
ten, welche weiße und rote Stäbe mit
den Namen Jesus, Maria, Josef, Pau-
lus und Lambertus bei den Prozessionen
mittrugen.
Papst Clemens XII. verlieh der Bru-
derschaft mehrere Ablässe und die Gnade
eines privilegierten Altares für jeden
Donnerstag des Jahres. (Forts, f.)
kclc. üeutrche ürevier.
Im aufgeklärten 18. Jahrhundert
wurde n. A. auch gegen die lateinische
Kirchensprache bezw. gegen das la-
teinische Brevier Stimmung und von sol-
chen Agitatoren (Neuerern) geltend ge-
macht, wie widersinnig es sei, dem Volke,
das kein Wörtchen Latein verstehe, eine
Menge Gebete in lat. Sprache vorzu-
murmeln und die einfältigen Nonnen
den ganzen Tag mit gedankenlosem Her-
plappern des römischen Breviers zu mar-
tern. Einzelne Kirchenfürsten gaben dieser
Bewegung auch etwas nach; so ließ z. B.
der Augsburger Weihbischof und General-
vicar Frecher Joh. Nep. v. Ungelter
auf Deissenhausen in Augsburg (ch das.
i. I. 1808), Statthalter des Churfürften
Clemens Wenzeslaus von Sachsen, Bi-
schofs von Trier und Augsburg, bei Feier-
lichkeiten, wo er auf dem Lande den
Gottesdienst hielt, aus einer Mainzer
Uebersetzung des Meßbuches die Meß-
gebete des Tages von der Kanzel deutsch
vorlesen, indeß er sie am Altäre lateinisch
sprach; ebenso mußte sein Sekretär, der
bekannte Donauwörther Exmönch Frz.
T. Bronner öfters deraleichen Vorles-
ungen halten (s. Frz. L Bronners
Leben, von ihm selbst beschrieben, III,
S. 115, Zürich bei Orell, Geßnec, Füßli
<L Co. 1797).
Um auch den Klosterfrauen eiwas An-
deres als ein lateinisches Gemische ihnen
unverständlicher Psalmen in die Hände
zu geben, bewog Ungelter seinen Pro-
 
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