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vicar, den geh. Rath Thomas Joseph
von Haiden, der sich eben mit einer
neuen Einrichtung des adeligen Damen-
stifts zu St. Stephan in Augsburg be-
schäftigte, für den Chor der Damen ein
eigenes deutsches Brevier zu schaffen.
Zu diesem Zwecke übersetzte er einige
Teile des alten Breviers, kürzte es zum
Tröste der jüngeren Stiftsfräulein um
ein Beträchtliches ab, ließ es bei Styx
in Augsburg unter der Correctur Brau-
ners drucken und brachte es zu wege, daß
es der sonst gegen alle Neuerungen einge-
nommene Churfürst Clemens Wenzes-
laus sogar approbirte. Uugelter hatte
mit der Zeit geradezu im Sinne, nach
und nach die Nonnen in mehreren Kir-
chen deutsch beten zu lassen und gestat-
tete zu diesem Behufs einigen Conventen,
sich so wie die Stiftsdamen in Augsburg
des deutschen Breviers zu bedienen. Al-
lein da dieses d. Brevier die Arbeit Hai-
dens war, auch als Erstlingsarbeit noch
viele Unvollkommenheiten aufwies, so be-
sprach sich Ungelter auf einer Dienstreise
nach.Koblenz und Köln mit einem gut-
gesinnten, helldenkenden Manne, dem
Herrn v. W.. V... am Churkölnischen
Hofe, und ward mit diesem einig, es sollte
von Thaddäus Dereser (geb. 1757
zu Fahr in Franken), einem geschickten
Carmeliter, welcher Lehrer an der Univer-
sität zu Bonn war, ein neues zweck-
mäßiges Erbauungsbuch, das den Na-
men Brevier führen sollte, und als ein
solches den Nonnen zum Gebrauche em-
pfohlen werden könnte, abgefaßt werden.
Eifrig machte sich der thätige Mann an
seine Aufgabe, flocht die ganze evange-
lische Geschichte und sehr Vieles, was
zum „praktischen Christentum" führt, in
seine Lektionen und Gebete ein und suchte
das Werk so genießbar und nützlich als
möglich zu machen. In wenigen Mo-
naten war es fertig gebracht und langte
mit der Approbation des Erzbischofs von
Köln bei Ungelter an. Der Inhalt ge-
fiel ihm gleich so wohl, daß er sich ent-
schloß, dasselbe zum Druck zu befördern.
Bronner sollte einen Verleger suchen.
Veit L Rieger in Augsburg weiger-
ten sich geradezu, sich auf das bedenkliche
Unternehmen einzulassen. Wolf ließ
sich bereden, den Verlag zu überneh-
men, wenn ihm für den Verkauf von
(wenigstens) 400 Exemplaren gutgestan-
den würde. Ungelter benahm sich dann
mit Bronner darüber. Letzterer meinte,
das neue Brevier werde den großen
Nutzen nicht schaffen, den man sich davon
verspreche, denn jedes Formelbuch, dessen
man einmal gewohnt werde, mache nur
selten Eindruck aufs Herz; 2. es setze ihn
(Ungelter) der Gefahr aus, für dessen
Inhalt verantwortlich zu sein, und man
könne so leicht in jedem dergl. Buche un-
katholische Sätze wittern und schließlich
werde er wahrscheinlich sein Geld ver-
liefen, wenn er die verlangte Bedingung
eingehe. Gleichwohl erklärte sich Ungelter
für die Unternehmung, denn der erste
Grund wollte ihm nicht einleuchten; den
zweiten hoffte er dadurch zu entkräften,
daß er das Buch der strengsten Censur
unterwerfen wollte, und in Ansehung
eines etwaigen Deficites war er groß-
mütig genug, sich zu äußern, er habe
auch eine hübsche mit Brillanten besetzte
Dose in seiner Schatulle, welche er im
Notfälle verkaufen und den Erlös daraus
der Ausführung dieses guten Werkes
weihen würde. Wahrscheinlich hatte er
sich mit dem Aufklärer Dereser und
seinem Kölner Freunde schon zu weit
eingelassen und konnte nicht gut mehr
zurücktreten. Also ward der Vertrag ge-
schlossen, und das Manuscript der Cen-
sur übergeben. Die Jesuiten von Augs-
burg hatten von ihren Brüdern in Köln
schon erfahren, was für eine Neuerung
mit dem Brevier geschehen sollte und
taten bei ihrem Freunde, dem geistl. Rate
und Büchercensor Jos. Anton Steiner
in A. Schritte, er möchte einem Werke,
das an der verworfenen Universität von
Bonn durch einen sehr verdächtigen Auf-
klärer verfertigt und nur auf Verwendung
des Römerfeindes Hedderich die Ap-
probation erhalten habe, die bischöflich-
Augsburgische Approbation versagen.
Steiner machte Miene, allerlei freie Sätze
in den Commentarien über das Evange-
lium entdecken bezw. beanstanden zu wol-
len, worauf Ungelter das Manuscript
zurückforderte und es Joh. Mich. Sailer
in Dillingen übergab, um es zunächst
durchzusehen, ev. zu purgieren und dessen
Herausgabe dann i. S. der hl. römischen
vicar, den geh. Rath Thomas Joseph
von Haiden, der sich eben mit einer
neuen Einrichtung des adeligen Damen-
stifts zu St. Stephan in Augsburg be-
schäftigte, für den Chor der Damen ein
eigenes deutsches Brevier zu schaffen.
Zu diesem Zwecke übersetzte er einige
Teile des alten Breviers, kürzte es zum
Tröste der jüngeren Stiftsfräulein um
ein Beträchtliches ab, ließ es bei Styx
in Augsburg unter der Correctur Brau-
ners drucken und brachte es zu wege, daß
es der sonst gegen alle Neuerungen einge-
nommene Churfürst Clemens Wenzes-
laus sogar approbirte. Uugelter hatte
mit der Zeit geradezu im Sinne, nach
und nach die Nonnen in mehreren Kir-
chen deutsch beten zu lassen und gestat-
tete zu diesem Behufs einigen Conventen,
sich so wie die Stiftsdamen in Augsburg
des deutschen Breviers zu bedienen. Al-
lein da dieses d. Brevier die Arbeit Hai-
dens war, auch als Erstlingsarbeit noch
viele Unvollkommenheiten aufwies, so be-
sprach sich Ungelter auf einer Dienstreise
nach.Koblenz und Köln mit einem gut-
gesinnten, helldenkenden Manne, dem
Herrn v. W.. V... am Churkölnischen
Hofe, und ward mit diesem einig, es sollte
von Thaddäus Dereser (geb. 1757
zu Fahr in Franken), einem geschickten
Carmeliter, welcher Lehrer an der Univer-
sität zu Bonn war, ein neues zweck-
mäßiges Erbauungsbuch, das den Na-
men Brevier führen sollte, und als ein
solches den Nonnen zum Gebrauche em-
pfohlen werden könnte, abgefaßt werden.
Eifrig machte sich der thätige Mann an
seine Aufgabe, flocht die ganze evange-
lische Geschichte und sehr Vieles, was
zum „praktischen Christentum" führt, in
seine Lektionen und Gebete ein und suchte
das Werk so genießbar und nützlich als
möglich zu machen. In wenigen Mo-
naten war es fertig gebracht und langte
mit der Approbation des Erzbischofs von
Köln bei Ungelter an. Der Inhalt ge-
fiel ihm gleich so wohl, daß er sich ent-
schloß, dasselbe zum Druck zu befördern.
Bronner sollte einen Verleger suchen.
Veit L Rieger in Augsburg weiger-
ten sich geradezu, sich auf das bedenkliche
Unternehmen einzulassen. Wolf ließ
sich bereden, den Verlag zu überneh-
men, wenn ihm für den Verkauf von
(wenigstens) 400 Exemplaren gutgestan-
den würde. Ungelter benahm sich dann
mit Bronner darüber. Letzterer meinte,
das neue Brevier werde den großen
Nutzen nicht schaffen, den man sich davon
verspreche, denn jedes Formelbuch, dessen
man einmal gewohnt werde, mache nur
selten Eindruck aufs Herz; 2. es setze ihn
(Ungelter) der Gefahr aus, für dessen
Inhalt verantwortlich zu sein, und man
könne so leicht in jedem dergl. Buche un-
katholische Sätze wittern und schließlich
werde er wahrscheinlich sein Geld ver-
liefen, wenn er die verlangte Bedingung
eingehe. Gleichwohl erklärte sich Ungelter
für die Unternehmung, denn der erste
Grund wollte ihm nicht einleuchten; den
zweiten hoffte er dadurch zu entkräften,
daß er das Buch der strengsten Censur
unterwerfen wollte, und in Ansehung
eines etwaigen Deficites war er groß-
mütig genug, sich zu äußern, er habe
auch eine hübsche mit Brillanten besetzte
Dose in seiner Schatulle, welche er im
Notfälle verkaufen und den Erlös daraus
der Ausführung dieses guten Werkes
weihen würde. Wahrscheinlich hatte er
sich mit dem Aufklärer Dereser und
seinem Kölner Freunde schon zu weit
eingelassen und konnte nicht gut mehr
zurücktreten. Also ward der Vertrag ge-
schlossen, und das Manuscript der Cen-
sur übergeben. Die Jesuiten von Augs-
burg hatten von ihren Brüdern in Köln
schon erfahren, was für eine Neuerung
mit dem Brevier geschehen sollte und
taten bei ihrem Freunde, dem geistl. Rate
und Büchercensor Jos. Anton Steiner
in A. Schritte, er möchte einem Werke,
das an der verworfenen Universität von
Bonn durch einen sehr verdächtigen Auf-
klärer verfertigt und nur auf Verwendung
des Römerfeindes Hedderich die Ap-
probation erhalten habe, die bischöflich-
Augsburgische Approbation versagen.
Steiner machte Miene, allerlei freie Sätze
in den Commentarien über das Evange-
lium entdecken bezw. beanstanden zu wol-
len, worauf Ungelter das Manuscript
zurückforderte und es Joh. Mich. Sailer
in Dillingen übergab, um es zunächst
durchzusehen, ev. zu purgieren und dessen
Herausgabe dann i. S. der hl. römischen