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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 3
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Brehm, Karl: Zur Schriftstellerei des Propstes Melchior Zanger von St. Moritz in Ehingen a. N. 1603
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Rummel, Anton: Die Gegenreformation zu Biberach von 1546 - 1618, [2]: (nach den Akten im kath. Stadtpfarrarchiv)
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0065

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— 39

gers Passionsreden eine besondere Be-
tonung des moralisch-asketischen Momen-
tes erwarten. Tatsächlich scheint nur aber
mehr die dogmatisch-allegorische Bedeu-
tung auf Grund patristischer Schriftaus-
legung in den Vordergrund gestellt zu
sein. Dieser enge Anschluß an die Väter
erstickt fast alle Originalität des Pfarrers
von St. Moriz, läßt feine Predigten zu
allgemein und für das Ehinger Publi-
kum zu hoch erscheinen, obwohl Zanger
unter anderm „ob ün^uarum kervens
8tuäium,c>b ecole8ia8tici Ministern curas"
die Behandlung theologischer Spezial-
fragen gänzlich ausschließt.öO) Die geringe
Originalität dieser Lesefruchtpredigten aus
Schrift- und Vaterstellen und verbinden-
dem Text ohne alle lokale Färbung bringt
es auch mit sich, daß die kulturhistorische
Ausbeute gleich Null ist und Polemik ge-
gen die Neugläubigen gänzlich fehlt, welch
letzterer Punkt in keiner Weise bedauert
werden soll. Zanger kündigt an, er spreche
erst iiber das Leiden Christi im allge-
meinen (I. u. II. Pred.) und dann über
den bitteren Tod und das glorreiche Be-
gräbnis Christi.öst Von letzterem spricht
er tatsächlich nur in der zweiten Hälfte
der XI. Predigt, in deren Schlußgebet
noch eine Predigt „äe nostra resurrec-
tione" für die „crastina cües" (Karsams-
tag) angekündigt wird?ch Nach zwei
thematischen Sermonen über die Notwen-
digkeit und über die Ursachen und Wir-
kungen des Leidens Christi folgen homi-
letische Einzelbilder aus der Leidensge-
schichte nach allen vier Evangelisten:
Christus am Oelberg (III. u. IV. Pred.),
vor dem hohen Rat (V. n. VI. Pred.),
vor Pilatus u. Herodes (VII. u. VIII. Pred.),
auf dem Kreuzweg und auf Kalvaria
(IX.—XI. Pred). In Predigt III u. IV
erzählt Zanger erst einen harmonistischen
Evangelientext, von der V. Predigt an
beginnt er sofort mit der versweisen Er-
klärung. Nutzanwendungen werden sel-
ten ausdrücklich gemacht. Die Predigten
schließen gewöhnlich mit einem Pater
no8ter oder sonst einem kurzen Gebet
des Predigers. Zangers Passionspredig-
ten legen laut Zeugnis ab für seinen

°") 1^. c. p. 8.
Lonc. XI, p. 5.
-") t.. c. p. 301.

Eifer als Seelsorger und für seinen ge-
wissenhaften Gehorsam gegen die „cano-
N68 et äecreta sacrosancti oecumenici
concilii Uriclentini", die den Konstanzer
Zynoäalia ckecreta von 1567 zu Grunde
liegen.
(Schluß folgt.)

Vie Gegenreformation 2» Riberack
von 1546—1618.
(Nach den Akten im kath. Stadtpfarcarchiv)
von Kaplan Rummel.
(Fortsetzung.)
3. Weiterer Kampf um den Religions-
stand zu Biberach (566—(6(8.
a) Der Kampf um den Stadtrat ein Kampf
um den Religionsstand (566—(6(8.
Ein Nutzen fiir die Katholiken war
also wohl der Kauf des Kirchensatzes durch
den Spital nicht, andererseits war aber
der nach der Wahlinstruktion Carls V.
gewählte Stadtrat ein großer Vorteil fiir
die Katholiken. Das lag von Anfang an
klar zu Tage. Deshalb waren bis zum
Ende des 30jährigen Krieges fort und
fort Stetigkeiten wegen des Stadtrats.
Der überwiegend kath. Stadtrat begün-
stigte die Katholiken und war überhaupt
eiu Dorn in den Augen der Evangelischen.
Das geht besonders aus den Klagen der
Evangelischen hervor. Im Jahre 1575
klagen sie durch die ev. Kurfürsten beim
Kaiser: der nach der Wahlinstruktion
Carls V. gewählte Rat führe ein übles
Regiment und sei aus Katholiken und ab-
gefallenen Protestanten zusammengesetzt;
auch entspreche er dem Verhältnis der
Religionen nicht, da in Biberach 6000?
Protestanten und 200? Katholiken seien.
Wiederum beschwerten sie sich 1582 auf
dem Reichstag zu Augsburg und 1583
beim Pfalzgrafen Chursürst Ludwig über
die ungerechte Zusammensetzung des Stadt-
rats. Am kräftigsten fiel aber die Be-
schwerde aus, die sie um 1610 au die
evaugel. Union richteten. Sie brachten
vor, Kaiser Ferdinand habe 1562 auf die
Klagen der Protestanten entschieden, daß
beide Confessionen in bürgerlicher Be-
ziehung gleich berechtigt neben einander
leben nnd besähigte Personen ohne Unter-
schied der Religion gleichen Zutritt in den
 
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