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Beck, Paul A. [Editor]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 3
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Rummel, Anton: Die Gegenreformation zu Biberach von 1546 - 1618, [2]: (nach den Akten im kath. Stadtpfarrarchiv)
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0066

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40 —

Rat und zir den städtischen Aemtern ha-
ben sollten, auch zu deu 15 Personeu des
kleinen Rates noch 6 weitere gewühlt
werden sollen. Natürlich hätten diese 6
weiteren aus der Gemeinde den Evan-
gelischen das Uebergewicht verschafft, weil
die 8—9 Mitglieder aus den Patriciern
meist katholisch und die andern 11—12
ans der Gemeinde meist evangelisch ge-
wesen wären. Diese Entscheidung Kaiser
Ferdinands sei bis 1585 verheimlicht
worden, in welchem Jahr ein Evange-
lischer Bürgermeister geworden, nämlich
Gottschalk Klock. Wie es sich in diesem
Stück wirklich verhält, kann nicht control-
liect werden, lieber die Amtsführung
des kath. Rats fehlt es nicht an Klagen
von feiten der Evangelischen. In der
Beschwerdeschrift an die Union um 1610
klagen sie: Wenn die Evangelischen von
den Katholischen in Sachen der Religion
geschmäht oder sonst angetastet werden,
so finden sie keine Hilfe; wenn dagegen
sie gegen die Patricier und deren Religion
sich zu weit auslassen, so werde gegen
sie eingeschritten und zn Beschwerden hät-
ten sie oft Anlaß, dem: die Katholiken
reden auf den: Marktplatz, vor Kramer-
läden und Zechen spöttisch wider die Evan-
gelischen und nennen ihre Fürsten Bettel-
fürsten; ferner hätten die kath. Lehrer
gute Besoldung und Wohnung, die Evan-
gelischen aber so schlechte Wohnung und
Besoldung, daß sie Weib und Kind kaum
ernähren können. Die Evangelischen hät-
ten auch keine tauglichen Lehrer, sondern
müßten sich mit gemeinen Handwerkern
begnügen. Besonders wegen der Lehrer
beschweren sich auch die Protestanten Bi-
berachs im Jahre 1615 an den Chur-
fürsten von der Pfalz und zwar folgender-
maßen: Bisher hatten die evang. Kinder,
die jetzt über 300 im Spital seien, einen
evang. Lehrer gehabt. Nach dessen Ab-
leben habe der papiftische Rat denselben
am 2. Dezember 1614 mit einem Heuch-
ler ersetzt und ihm befohlen, die Kinder
zur Anrufung der Mutter Gottes anzu-
halten und im Katechismus des Canisius
zu unterrichten. Außerdem habe der Rat
trotz der vielen Kinder einen deutschen
Lehrer abgeschafft und nur noch 2 belassen
und dieselben seien ungeschickte Tröpfe
vom Weberhandwerk. Ferner beschweren

sie sich im gleichen Schriftstück, der Rat
habe im Gegensatz zu andern mohlbestell-
ten Städten anstatt die zum Unterhalt der
Armen bestimmten Früchte zu sammeln
und aufzubewahren, dieselben außer der
Stadt verkauft und die armen Bürger-
hilflos gelassen und der neue Bürger-
meister habe gesagt, man müsse die
Ketzer nüchtern machen. Und so wurden
scheints verschiedene Beschwerden gegen
den Stadtrat vorgebracht; wer will aber
entscheiden, ob sie berechtigt oder unberech-
tigt waren?
Inwiefern war nun. der kath Stadt-
rat ein Vorteil für die Katholiken? Sicher-
lich wurde durch ihn das weitere Umsich-
greifen der Reformation in den Biberachi-
schen Ortschaften verhindert und eine kleine
Gegenreformation ins Werk gesetzt. Das
bestätigen uns auch die Beschmerdeschriften
der Protestanten, so einmal die an die Union
mn 1610. Dort heißt es, der Rat habe
es fertig gebracht, daß nm das Jahr 1582
die Gemeinden Attenweiler, Ahlen, Valt-
ringen, Jngerkingen, Muttensweiler nnd
Burgrieden, die, wie Holzheim, ev. Per-
digcr gehabt, kath. Meßpriester nnnehmen
nnd bisher dulden mußten. Auch Hütten
es die Biberacher Katholiken durchgesetzt,
daß in Holzheini beim Durchziehen kath.
Prozessionen aus benachbarten kath. Orten
gelüutet werden müsse. Noch mehr weiß
Joachim Schaupp in seiner Beschwerde
an deir Churpfälzischen Canzler Grön
zu berichten in dieser Beziehung. Ber-
kach. Rat, schreibt er, habe beschlossen im
Biberachischen Dorfe Holzheim den evang.
Prediger ab und einen kath. Meßpriester
einzusetzen, gleichwie er es schon in 18
Ortschaften gemacht.
Auch habe er beschlossen, den dortigen
Schultheißen abzusetzen, weil derselbe be-
nachbarten kath. durchziehenden Prozes-
sionen nicht mit den Kirchenglocken habe
läuten lassen. Der kath. Rat habe dort
ein Jahr vorher versprochen, von diesem
Verlangen in Zukunft abzustehen.
Ferner ließ der Rat den 16, Nov. 1571
die Spitalkirche, so in eine Kammer ver-
wandelt war, ausrüumen und trotz der
Widersprüche der Prädikanten für den
kath. Gottesdienst einrichten; von 1573
an wurde dort wieder Meß gelesen nnd
im Jahre 1609 ein eigener Spitalpriester
 
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