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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 10
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Selig, Theodor: Die Bruderschaften des Dekanats Riedlingen, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0180

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154

te8timonÜ8, Iibri8, continuu trackillono
et Lntiqui88ima pictura" die Tatsache
angegeben, daß im österreichischen Dorf
Binzwangen anno 1348 räuberische Erz-
schelmen das Ciborium samt den kon-
sekrierten Partikeln aus der Pfarrkirche
gestohlen, mit demselben über die Donau-
brücke sich geflüchtet, und weil sie den
göttlichen Schatz nicht mehr zu ertragen
wußten, das hlgste. Sakrament ins Ge-
büsch geworfen haben. Als des andern
Tags der Kuhhirte mit seiner Herde vor-
bei kam, versammelte sich — wie eine
alte Tradition beglaubigt — das unver-
nünftige Vieh um das Gestrüpp, erkannte
Gott seinen Herrn, kniete teils nieder,
teils fing es an zu scharren und zu brül-
len, als wollte es die Unbild seines Herrn
beweinen und die Bosheit der Menschen
verfluchen. So fand mau den kostbaren
Schatz und trug ihn mit großer Freude
und herzlichem Leid an seinen Ort zurück.
Um den geheiligten Platz nicht zu ver-
gessen, steckte der Pfarrer seinen Stab da-
hin, und es wurde au dem Ort eine
Kapelle erbaut, welche sich zu einer viel-
besuchen Wallfahrtsstätte erhob?)
Im Laufe der Zeit ließ diese Andacht
ziemlich nach, und um sie wieder aus-
zufrischen und die Gott dem Herrn zu-
gefügte Schmach nach Kräften zu ersetzen,
wurde die Bruderschaft vom allerheil.
Altarssakrament errichtet.
Näherhin hatte die Bruderschaft fol-
genden Zweck:
0 die Verehrung des hl. Altarssakraments
zu fördern, den Glauben an dieses Geheimnis
gegenüber den Irrlehren zu befestigen, jenes
Wunder wieder ins Gedächtnis zurückzurufen
und die verübten Unbilden durch die Brüder und
Schwestern der Bruderschaft auf einige weise
ersetzen zu lassen;
2s das fast allgemein übliche Sakramentieren
nach Möglichkeit auszutilgen;
Z) neben der Vermehrung der Anbetung,
Liebe und Inbrunst gegen dieses kl. Sakrament
Gott dem Herrn für diesen Schatz zu danken
und dessen öfteren, aber eifrigen und recht an-
dächtigen Gebrauch einzuführen;
H auch Mariä, der Mutter des im hl. Sa-
krament gegenwärtigen Jesus, Liebe und Dank
zu erweisen;
s) durch allgemeinen Genuß dieser Liebes-
speise die brüderliche Liebe, Treue, Frieden und
Einigkeit, die fast ganz zerfallen, aufzuwecken;
6) der bedrohten Jugend gegen die Anfech-
H Vgl. Oberamtsbeschr. von Riedl. S. 123;
„D.-A." 19Ü7 S. 111 k.

tungen des Fleisches eine kräftige Medizin anzu-
tragen ;
?) „wider die Gefährlichkeiten der anrucken-
den, schon lang mit Forcht erwarteten und sich
allbereit mit großen Drohungen anmeldenden
Zeit einen unüberwindlichen Schild (ck. Titel des
Bruderschastsbüchleins) für Leib und Seele um
so sicherer zu halten", als man
8) bei Einsetzung dieser höchsten Bruderschaft
das 17. Laecuium der Einstellung dieses hl. Sa-
kraments zur allgemeinen Freude der ganzen
kath. Kirche begehe;
Z) die hl. Wegzehrung in der Sterbstunde,
ein seliges Ende, und nach dem Tod brüderliche
Hilfe zu erlangen;
;o) den Abgestorbenen das reichlich mitzu-
teilen, wornach sie am meisten rufen (ssn^uinsm
psto), das hlgste. Fleisch und Blut Jesu Christi.
Zu besonderen Patronen dieser
Bruderschaft wurden erwählt Maria, die
Mutier Gottes, der hl. Josef, die hl.
Apostel, der hl. Bisch, u. Mart. Lam-
bertus (Kirchenpatron von Binzwangen),
zu dessen Andenken ein von Holz ge-
machtes und an seinem hl. Haupt zu
Freiburg anno 1732 den 27. Nov. vom
Präses^) selbst angerührtes Haupt bei
den gewöhnlichen Umgängen herumge-
tragen wurde, endlich die hl. Barbara.
— Beigefügt wird noch, daß in dieser
Kapelle seit vielen Jahren der hl. Wen-
delin als ein Patron für das Vieh und
die hl. Cunera für die Pferde verehrt
werde.
Wie Veranlassung und Zweck, so sind
auch die Regeln dieser Bruderschaft in
dem erwähnten Büchlein weitläufig be-
schrieben. Es sind kurz folgende:
wer Mitglied werden will, muß sich nach
Empfang der hl. Sakramente durch den Präses
(Pfarrer! einschreiben lassen.
2. Die Mitglieder müssen das Bruderschafts-
zeichen sAblaßpfennig in Form einer kleinen Hostie)
an einer Schnur, Band oder Kette am Hals inner-
halb der Kleider auf dem Herzen tragen;
z. Das Zeichen jeden Morgen beim Aufstehen
und jeden Abend vor dem Niederlegen andächtig
küssen und dabei sprechen: Gelobt und gebene-
deit rc.;
q. Jeden Morgen ; Vaterunser, Ave Maria
und christl. Glauben für die lebenden Mitbrüder
und Mitschwestern, ebenso am Abend für die
Abgestorbenen.
8. Ein jeder soll sich befleißen, den gewöhn-
lichen Umgängen fleißig beizuwohnen.
6. Bei den z Hauptumgängen und bei den
Prozessionen wird ein Rosenkranz sür die Leben-
digen und Abgestorbenen gebetet; wer nicht bei-
wohnen kann, soll dies zu Hause beten.
?. wenigstens auf die Z Hauptfeste sollen
die Mitglieder beichten und in der Bruderschasts-
H d. h. von Pfarrer Rettich.
 
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