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Beck, Paul A. [Editor]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 11
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Hehle, Josef: Die ehemalige St. Blasius-Priesterfraternität in Ehingen a. N. im 15. - 18. Jahrhundert, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0190

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164

tionsgeschäfte teilweise abgehalten war.
Nach der Totenmesse und Totenvesper
sollen alle conkratro8 das Grab des betr.
Verstorbenen besuchen, was damals aller-
dings leichter als heutzutage ausführbar
war, weil der Friedhof sich noch unmit-
telbar bei der Pfarrkirche befand. Dabei
hat einer der 3 Hilfspriester die Räuche-
rung am Grabe vorzunehmen. Wer an
diesem gemeinsamen Besuch des Grabes
nicht teilnimmt, verliert ebenfalls das
Präsenzgeld. Übrigens soll der Psarrherr
als solcher von diesen Verlusten und
Strafen nicht mitbetroffen werden, viel-
mehr jedesmal, auch wenn er nicht dabei
gewesen ist, sein Präfenzgeld erhalten,
weil er durch die schwere Last feiner Amts-
geschäfte durchweg entschuldigt erscheint.
Dagegen haben die übrigen conkratres
mit Ausnahme der 3 pastorationspflich-
tigen Hilsspriester bei Pflichtversäumnis-
sen unter gewissen besonderen Umständen
neben dem Verlust der Präsenzgelder auch
noch eine Geldstrafe an die Bruderschafts-
kasse zu entrichten. So oft eine Toten-
Vigil stattgefunden hat, sind alle con-
tratre8 verpflichtet, am folgenden Tag
eine hl. Messe zu lesen, was doch wohl
so zu verstehen ist, daß sie dieselbe für
den betr. Verstorbenen zu applizieren
haben. — Neben diesen Hauptpunkten
der Statuten verdienen noch nachstehende
weitere Bestimmungen derselben beson-
ders erwähnt zu werden:
Jeder, der künftighin in die Frater-
nität ausgenommen werden will, muß
einerseits einen Gulden als Eintrittsge-
bühr in die Brnderschaftskasse bezahlen,
andererseits schwören, die Statuten, wel-
che alljährlich einmal in der Fraternitäts-
versammlung vorgelesen werden sollen,
samt den etwaigen künftigen Zusätzen
genau zu beobachten. Ebenso ist jedes
Mitglied eidlich verpflichtet, die Statuten
streng geheim zu halten bezw. — nach
einem späteren Zusatz — überhaupt alle
Geheimnisse der Fraternität unverbrüchlich
zu verschweigen. Nach dem Hinscheiden
eines Mitglieds haben seine Erben 1 Gul-
den an die Bruderschaftspflege zu ent-
richten. Dafür müssen alle conkratreg
von der Pfarrkirche aus im Chorrock
prozessionsweise zum Tranerhaus ziehen
und von da aus den Leichnam, der von

4 contratre8 getragen werden soll, zu
Grabe geleiten. Ebenso sind sie verpflich-
tet, noch am gleichen Tage, falls die
Beerdigung vormittags stattfindet, oder
jedenfalls am nächsten Tag eine hl. Messe
für den verstorbenen Mitbruder zu lesen
und vorher eine Vigil für denselben zu
singen, außerdem auch den clie8 8eptimu8
und trics8imu8 mit Vigil und Messe für
ihn abzuhalten. Für die Erfüllung die-
ser Pflichten erhalten sie Präsenzgelder
aus dem Nachlaß des Verstorbenen, wenn
überhaupt ein solcher vorhanden ist; dage-
gen zieht ihnen die Vernachlässigung einer
dieser Obliegenheiten eine an die Bruder-
schaftskasse zu entrichtende Strafe zu. —
Von den nachträglichen Zusätzen, welche in
der Zeit von 1418 —1515 durch jeweilige
Majoritätsbeschlüsse der in der Sakristei
versammelten conkratres den Statuten
beigefügt wurden, sollen hier wenigstens
2 speziell erwähnt werden: 1) Wenn
ein conkrater wegen Krankheit oder kör-
perlicher Schwächlichkeit nicht imstande ist,
seinen Verpflichtungen dnrch persönliches
Erscheinen in der Pfarrkirche nachzukom-
men, und wenn fein leibliches Unvermö-
gen in aller Form konstatiert ist, so sollen
ihm nach Verfluß von 8 Tagen fortan die
auf ihn entfallenden Präsenzgelder unver-
kürzt ausbezahlt werden, vorausgesetzt daß
er sich im Bereich der Stadtpfarrei Ehingen
aufhält; dafür ist er aber verpflichtet,
soweit sein körperlicher Zustand es gestat-
tet, die während seiner Krankheit jeweils
einfallenden Totenvigilien für sich zu Hau-
se zu persolvieren. (Dnrch einen noch
späteren Zusatz wurde bezüglich dieses
Punktes bestimmt, daß der Kranke, wenn
er die letzterwähnte Verpflichtung wirk-
lich zu Hanse erfüllt, nur für den ersten
Tag seiner Krankheit der Präsenzgelder
verlustig gehen, dagegen für die weiteren
Tage dieselben aus sein Ansuchen erhalten
soll). 2) Der Inhaber einer neueren, erst
nach der Errichtung der Fraternität ge-
stifteten Pfründe kann der alten, schon
früher gestifteten Präsenzgelder nur dann
teilhaftig werden, wenn er bei seinem Ein-
tritt zur Erhöhung des Fonds der Prä-
senzgelder einen Beitrag an die Bruder-
schaftspflege leistet, dessen Höhe von der
Fraternität entsprechend dem Wert der
alten Präsenzgelder sestzusetzen ist. — Die
 
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