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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 11
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Beck, Paul A.: Gelehrte Wollust, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0196

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170

lichen ziemlich allgemeiner Brauch, die Westen
„Leible", Wämser und Röcke der Männer mit
Knöpfen zu besetzen, die aus weltlichen Münz en
bestanden, so aus Sechskreuzerstücken, oder aus
sog. „Zwölfern", bei wohlhabenden Bauern
namentlich aus „Vierundzwanzigern" („Sechs-
bäznern"). Brauchte nun der Träger eines sol-
chen Kleidungsstückes rasch unvorhergesehener
Weise Geld, so half er sich nicht selten dadurch,
daß die an solchen Knöpfen durchgeschlagene Oese,
soweit es ging, abgefeilt und so der Knopf not-
dürftig wieder in eine Münze zurückverwandelt und
als solche verausgabt wurde. — Doch ist der
ersten Deutung, foferne dieselbe der Pointe von:
„rein gar nichts" richtigen Ausdruck verleiht,
der Vorzug zu geben vor der ebengenannten,
welche eher das Gegenteil („etwas Rechtes")
besagen möchte.
Anmerkung. Erstmals in der Zeitschrift
für Literaturgesch. „Euphorien" von A. Sauer,
VM, S. 585/86, Leipzig und Wien bei Karl
Fromme, 1900 veröffentlicht.
tlltramsntan — Mtramsnkanirmur —
Ullrskatftoliken — Ultkatbolirch.
In der Zeitschrift für deutsche Wort-
forschung (III., 1902, Straßburg, Verlag
von Trübner) findet sich in einem Artikel
von A. Gombert „Noch Einiges über
Schlagwörter und Redensarten" (S.
335/336) ein beachtenswerter Excurs über
das in die Sprache eingebürgerte Wort:
Ultramontan — Ultramontanis-
m u s. Nach demselben kommt der Aus-
druck „Ultramontanen, Ultramontaner"
schon bei Wieland in seinem deutschen
Merkur vor. Goerres stellt in seiner
i. I. 1821 erschienenen Schrift: „Europa
und die Revolution" S. 221 dem „poli-
tischen Ultramontanism" einen gleichen
politischen Protestantism gegenüber. Der
bekannte (in den 1870er I. -s) katholische
Theologe Or. Leopold Schmid aus
Mengeu, weil. Prof, der k. Theologie in
Gießen, gebraucht z. B. in seiner 1867
erschienenen antiultramontanen Schrift:
„Ultramontan oder katholisch? Die reli-
giöse Grundfrage Deutschlands und
der Christenheit. Gießen, Verlag von
E. Heinemann" stets die Form Ultra-
monatism. Eine Verdeutschung des
Wortes versucht der alte Ernst Moritz
Arndt in seinen „Reifen" (S. 101) wie
folgt: „ .... Ich wünschte, ich könnte
eine Abhandlung schreiben als Ehren-
rettung der Italiener gegen die „Jenseits
der Berge" (Ultramontani), wie sie uns
nennen. Der Spracheiferer Camp e gibt
das Wort durch die Ueberbergischen oder

Ueberberger" uud somit nur als Bezeich-
nung der Deutschen, Franzosen rc.
durch die Italiener'und umgekehrt dieser
durch jene. Ausdrücke, die bei aller Ge-
nauigkeit der wortgetreuen Wiedergabe uns
doch fremdartig vorkommen." Zschokke
meint in seiner i. I. 1842^ bei Heinr.
Remigius Sauerländer zu Aarau erschiene-
nen „Selbstschau" (l S.183/184):.... das
altdeutsche Wort „ennet", das nochsjetzt
statt „jenseits" in der Schweiz lebt, ver-
dient zur Bezeichnung dessen, was jenseits
der Alpen (daher ennetbirgisch) oder der
Meere (oder ennetmeerisch) liegt, wohl
eher der deutschen Sprache eingebürgert
zu werden, als. das „ultramontanisch,
transatlantisch und dgl. Als Eigenschafts-
wort kommt im 18. Jahrhundert, so in
Nicolais „Reisen", V., S. 123 rc., fast nur
die Form ultramontanis ch vor. Für
die Parteibezeichnnng Ultramontane hat
schon der bekannte Philosoph;und Natur-
forscher Heinr. Steffens (1773—1845)
in feinen im Verlag bei Jos. Max L Cp.
insBreslauserschienenen Memoiren: „Was
ich erlebte" (im X. Band/derselben, 1845)
ein wohllbesseresMort, nehmlich Ultra-
katholiken geprägt. Die betreffende
Stelle lautet: „Ich muß doch gestehen, daß
essmir fast seltsam vorkam, als ich durch
diese früheren Fremde mich in die Mitte
solcher Männer (Görres, Ringseis/Campe,
Brentano und Werner v. Haxthausen)
versetzt sah, die sich ^sämtlich als Ultra-
katholiken und Ultralegitime aus-
zeichneten." Auch einsgegensätzliches Eigen-
schaftswort, ultramund an — über-
irdisch, findet sich/wenn auch selten, vor,
Wortbildungen aus diesem Gebiete wäre
auch noch die Tramontane au-s dem
ital. 8ut>8t. la tramontana, was jenseits
der Gebirge liegt, der Nordwind, Norden
anzufügen.
Altkatholisch. Dieses Wort findet
sich in denZeiten vorsdemAltkatholicismus
so auch in den von dem Rottenburger
Domkaplan Xaver Lang herausgegebenen
„Kirchenblätternsf. d.Mstum Rottenburg"
III, S. 330. (Tübingen, bei Lud. Fried.
Fues, 1832), wo es anläßlich eines libe-
ralen Artikels des „gemeinnützigen An-
zeigers" von Rottweil heißt: Nicht nur
in der großen Welt, sondern auch in der
Nachbarstadt Rottweil, die sich früher
 
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