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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 29.1911

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Nr. 12
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Pfeiffer, Bertold: Die Künstlerfamilie Feichtmayr
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https://doi.org/10.11588/diglit.32978#0208

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182

Verhältnis von Architektur und Dekora-
tion zeigt sich besonders im Schloß zu
Bruchsal eine fortschreitende Entwicklung;
im Fürstensaal noch klare tektonische
Gliederung mit schwerem Hauptgesims;
im Treppenhaus ist durch Einschalten einer
großen Kehle mit meisterhaft phantastisch
gebildeter Brüstung schon eine Auflösung
des Baugefüges angebahnt; im Marmor-
saal ist das Gebälk unterbrochen, das
Gesims gebogen, die Rocaille quillt „in
wilder Anarchie" ins Deckenbild hinein.
Eine gewisse Vergröberung der Formen
bemerkt man dann in der Ausstattung
von Ottobeuren und besonders in Zwie-
falten, wo der Naturalismus überhaud
nimmt; man denke an die Kanzel, deren
Brüstung mit bemoosten Tropfsteingebil-
den überhangen scheint und an welcher
wildbewegte Figuren in drastischer Auffas-
sung symbolisch die Heilslehre darstellen
sollen. Ansprechender sind Figuren von
ungezwungenem Realismus, wie an einem
Altar die Gruppe von St. Martin mit
dem Bettler und der Gans.
Vielleicht auch noch ein Bruder von
Joh. Michael war ein Josef Fe icht-
mayrZ) der 1747 die Pfarrkirche zu
Straß bei Neu-Ulm nut Stukkaturen
versah (nach A. Schröder).
Als letzter namhafter Stukkatur aus
der Augsburger Familie ist ein Neffe
Johann Michaels zu erwähnen. Franz
Laver hinterließ nämlich zwei Söhne.
Von Simpert Feichtmayrwird weiter
nichts berichtet als daß auch er Stukkatur
und seit 28. Juni 1764 Eigentümer des
Hauses 127/128 war. Dagegen wurde
der jüngere Sohn, Franz Lauer II,
welcher 1771 die im Vorjahr gegründete
kurfürstliche Zeichenschule zu München
besuchte, noch im gleichen Jahrzehnt bay-
rischer Hofstukkator?) Wohl sein
Hauptwerk ist die Stuckausstattung der
y Nach Zeichnungen eines „Jos. Feichtmayer"
sind 4 Blatt Altäre in Kupfer gestochen von G.
B. Göz (ß 1774) in Augsburg. — Von einem
Jos. Feichtmayr rührt auch her „Simetria der
Säulen-Ordnungen", 6 Tafeln, wovon 5 kübsche,
reich ornamentierte Altäre, gest. von I. S. Negges,
o. I., gr. Fol. (im Katalog Nr. 346 und von
Kunsthändler Hiersemann in Leipzig zu 18 Mk.
ausgeschrieben). Anm. der Redaktion.
?) Paul von Stetten a. a. O. S. 443. Schon
im pfälzischen Hofkalender für 1780 finde ich
Feichtmayr als Hofstukkator.

Prämonstratenserkirche zu Rothst) in
Oberschwaben (O. A. Leutkirch), welche
unter den Prälaten Mauritius (ß 1782)
und insbesondere Willibold Held (1782
—1789) neugebaut wurde. Schon 1774
legte Feichtmayr ein Modell für die
Dekoration vor?) Er arbeitete zunächst
inr Chor, dann im Schiff; die Kanzel
stammt erst aus dem Jahr 1785. Ein-
geweiht wurde die Kirche 1786.
Die Formengebung ist hier schon
ganz klasfistisch kannelierte Pilaster mit
jonischen, durch Girlanden bereicherten
Kapitalen, Gebälk mit Zahnschnitt und
Eierstab. Altäre von ruhigem Aufbau mit
Kompositsäulen, Tnchgehängen und Vasen.
Kanzel auf Konsolen, an der Brüstung
Rosetten. Gewölbverzierung nur durch
Malerei angedeutet, großzügige Ranken,
Kassetten in den Bögen u. s. w. Turm-
logen mit rundbogiger, zwischen Pilaster
gefaßter Öffnung, allerlei Behängen und
klassizistischer Flechtbandbrüstung ; an der
Sohlbank Flachrelief, über dem Bogen-
scheitel Stuckengel.
Eine kleinere Arbeit hat er 1783 um
600 fl. besorgt, die einfachen Stukkaturen
in der Pfarrkirche zu Schwindkirchen
bei Mühldorf?) Die Dekoration der
Theatinerkirche zu München wurde
von ihm iin Jahr 1789 nur ausgebessert?)
Nebenbei sind noch einige Maler zu
nennen, versprengte Glieder des Geschlechts
der Feichtmayr. So ein Benedikt
Feichtmayr, der 1701 zu München
Hofschutz nachfucht und in dec Residenz
Verzierungen, Früchte und Blumen ge-
malt haben soll?) Ein Maler Jakob
Feichtmayr, um 1760, wird als Lehrer
von Christian Wink (geb. zu Eichstädt
1738) erwähnt. Ein anderer, 'Anton
Feichtmayr, geb. zu Herschelbrunn 1760,
war seit 1793 als Maler in Moos-
y Meidinger, Historische Beschreibung verschie-
dener Städte und Märkte u.s.w., 1790,11, 170.—
Vergl. Kick und Pfeiffer a. a. O., S. 14, Tafel 64 f.
y Nach dem in gräflich Erbachschen Rent-
amt verwahrten Kirchcnbaubuch, das ich vor
langen Jahren einsehen durfte.
tz Die Kunstdenkmüler des Regierungsbezirks
Oberbaiern, S. 2285.
tz Ebenda, S. 958.
°) Nagler, Künstlerlexikon IV, 1837, S. 265.
Originalnotiz des Verfassers, dessen übrige, immer
wieder nachgeschriebencn Angaben über die Feicht-
mayr unselbständig und verworren sind.
 
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