Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 20.1929-1930

DOI Heft:
Heft 4/5
DOI Artikel:
Ring, Thomas: Held gesucht: Ein Spiel des Publikums und der Kulissen mit dem Theater
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47222#0057

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Held gesucht
Ein Spiel des Publikums und der Kulissen mit dem Theater

Thomas Ring
Vorderste Sitzreihe unter bürgerlichem
Publikum. Zwei Arbeiter. Vorhang zu.
1. Arbeiter:
Sach mal, ick hab mir schon immern
Kopp zerbrochen dariewa, det hier,
det soll dochn Arbeeterstick wern, und
wenn de dir umkiekst, denn siehste
kaum een, der so angezogen is, det
man denken kann, det interessiertn.
2. Arbeiter:
Nachn Anzuch jehtetaber nich immer.
1. Arbeiter:
Det nich, un alle mögen ihre Zwölf-
markplätze ooch nich bezahlt ham.
2. Arbeiter:
Abgesehn von de Statisten un
Klackisten is aber schon n Intresse da.
1. Arbeiter:
Na ja, Intresse, bloß ick denke,
n Arbeeterstick isn Arbeeterstick,
dann muß et doch jegen ihre Intressen
sind.
2. Arbeiter:
Eben det wolln se wissen, obs jegen is.
1. Arbeiter:
Wat machen denn die damit? Reden
se nachher zesammn, besprechn se
sich det, wat wir wollen un wie wir t
wollen und wat se dajegen tun können?
So wie wir de Burschwasieh studiern,
uns mit det, wie un von wat se leben
dhun, alsn Problem befassen?
2. Arbeiter:
Ja weeste, eigentlich is et rätselhaft,
det dhun se eben nich.

1. Arbeiter:
Awer se könn doch nich damit ein-
verstanden sind?
2. Arbeiter:
Soweit dürfen se t nich kommn lassen.
1. Arbeiter:
Na, ick heer awa, se klatschen doch
jedesmal, un ick denke, klatschn tut
man bloß, wo een wat jefällt un wo-
mit man einverstanden is.
2. Arbeiter:
Et is eben wat Neues für sie, ne
Sensazion. Ick kann mir det ooch
bloß so erklären, det sowat für sie
ne janz besondere Art von Verjnüjen
sein muß, wat vorn janz besondern
Fimmel, weeste, det zu sehn, wat man
nich is.
1. Arbeiter:
Awer doch ne andre Art Fimmel, wie
für uns Proleten der unfreiwillige
Jenuß, an de andern zu sehn, wat
wir nich ham.
2. Arbeiter:
Laß dir bloß nich verblüffen un woll
wat ändert von die, wie ne halweje
Bude un Futter für dich un deine
Kinder. Un det kriegste bloß, wenn
se de Faust unter de Neese spürn.
Wat se aber an Zivilesazion so rum-
hängn ham is Jift für die, die vor-
wärts wolln.
Vorhang geht auf, zwei Arbeiterführer,
eskortiert von Soldaten. Beide Arbeiter
im Publikum:

49
 
Annotationen