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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Czihak, Eugen von: Die kirchliche Kunst auf der Ausstellung von Geräthen und Gefäßen aus Edelmetall zu Königsberg, 1894
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0093

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135

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

136

Die kirchliche Kunst auf der Ausstellung von Geräthen und Gefäfsen aus

Edelmetall zu Königsberg, 1894.

Mit 2 Abbildungen.

dem

(och heutzutage ist selbst unter den
gebildeten Bewohnern des Westens
die Meinung verbreitet, dafs das
kunstgewerbliche Schaffen des Mit-
telalters jenseits der Elbe nur wenig Bemerkens-
werthes hervorgebracht habe, jenseits der Oder
aber ganz aufhöre. Die weite Länderstrecke
von da bis zur Weichsel und über diese hinaus
bis zur Memel kommt erst recht nicht in Be-
tracht. Zwar haben kunstsinnige Männer, in
denen sich gediegene Kenntnisse und durch
dieVergleichung geschärftes Urtheil vereinigten,
— ich nenne in erster Linie den verstorbenen
R. Bergau und Professor Dittrich in Brauns-
berg — sich seit Jahrzehnten bemüht, in zahl-
reichen Aufsätzen und Abhandlungen Zeugnifs
zu geben, dafs im fernsten Osten eine nicht
geringe Hinterlassenschaft alter Kunstübung
zu finden ist — die Veröffentlichungen sind
insbesondere in der »Zeitschrift für ermländi-
sche Geschichte«, in der »Altpreufsischen Mo-
natsschrift«, in den »Mittheilungen des erm-
Iändischen Kunstvereins« und sonst an ver-
schiedenen Orten niedergelegt — jedoch das
grofse Publikum aufserhalb der beiden Pro-
vinzen West- und Ostpreufsen ging unver-
dienterweise an diesen Studien achtlos vorüber,
zum Theil, weil die betreffenden Schriften
wenig bekannt und nicht überall zugänglich
sind. Reisende, insbesondere solche, die künst-
lerischen oder kunstgeschichtlichen Interessen
nachgehen, verlieren sich selten in die abge-
legenen, stillen Städte und Städtchen des Ostens,
und so kam es, dafs die Schätze, aufser den
betreffenden Geistlichen, nur wenigen Personen
durch den Augenschein bekannt waren und
von diesen hatte die Mehrzahl wohl nur einen
kleinen Theil, wie es gerade die Gelegenheit
fügte, gesehen. Eine Uebersicht über alles
Vorhandene besafs kaum Jemand.

Die Aufmerksamkeit gröfserer Kreise erhielt
erst infolge der seit etwa zehn Jahren in der Pro-
vinz Westpreufsen begonnenen Inventarisation
der Kunstdenkmäler durch Bauinspektor Heise
einen kräftigeren Anstofs, sich dem hier noch
Vorhandenen zuzuwenden. Schon die ersten
Hefte brachten gute Lichtdruckabbildungen
von zahlreichem und mannigfaltigem Kirchen-

geräth, das dem in anderen Provinzen er-
haltenen keineswegs nachsteht und zuweilen
besondere Züge aufweist. Mit dem Fortschrei-
ten der Veröffentlichungen wächst die Zahl
der unser Interesse in Anspruch nehmenden,
bisher unbekannten Kunstwerke und ist noch
lange nicht abgeschlossen.

Für die Provinz Ostpreufsen hat die durch
Adolf Boetticher seit 1889 durchgeführte In-
ventarisationsarbeit denselben Erfolg gehabt.
Vieles Unbekannte ist an's Licht gezogen wor-
den; wenn das Ergebnifs der bisher veröffent-
lichten drei Bände in Bezug auf kirchliches
Geräth der "Zahl nach den westpreufsischen
nicht gleichkommende Werthe geliefert hat, so
liegt dies daran, dafs die bis jetzt erschienenen
Bände das fast ganz protestantisch gewordene
Bisthum Samland behandeln, in dem natur-
gemäfs das aus dem Mittelalter übrig gebliebene,
ehemals katholische Kultgeräth weniger zahl-
reich ist. Dagegen verspricht der noch in
diesem Jahr zu erwartende, das Ermland be-
handelnde Band des Werkes eine reiche Aus-
beute. Preufsen ist, wie der ganze Osten,
Colonistenland, das durch den Zuzug aus
dem Mutterland eine fertige Kultur und Kunst-
übung übernahm und dem hierdurch die Vor-
stufen des Tastens und Suchens, des Ringens
nach der Form erspart blieben.

Es war ein glücklicher Gedanke des ost-
preufsischen Central-Gewerbevereins, in diesem
Jahre eine Ausstellung von — aus der Provinz
stammenden — Geräthen und Gefäfsen aus
Edelmetall zu veranstalten. Zum ersten Male
wurde durch diesen bereits mehrfach mit Glück
beschrittenen Weg der Sonderausstellung eines
begrenzten Gebietes eine Uebersicht des vor-
handenen Besitzes gegeben und dadurch eine
Gelegenheit zum Vergleich und zur Erweite-
rung unserer Kenntnisse der Geschichte des
Kunstgewerbes eines abgelegenen, wenig ge-
kannten Landestheiles dargeboten, wie sie
vielleicht in vielen Jahrzehnten nicht wieder zu
ermöglichen sein wird.

Die Ausstellung fand in der Zeit vom
28. Januar bis zum 11. Februar in dem dem
polytechnischen und Gewerbeverein gehörigen
Gewerbehause auf dem Vorderrofsgarten 49
 
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