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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Hase, Conrad Wilhelm: Der hölzerne Reliquenschrein des Klosters Loccum
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Justi, Carl: Die Goldschmiedfamilie der Arphe, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0214

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S33

1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

334

Arkaden in den Langfeldern zwischen den
Giebeln herausgenommen, wahrscheinlich um
dem Publikum den Einblick in das Innere des
Schreines zu gewähren. Auch ist der Bretter-
verschlufs des Mittelgiebels statt der gemusterten
vergoldeten früheren Weise, auf Anordnung der
Geistlichkeit mit der zuvor schon beschriebenen
Malerei versehen worden.

In all seiner Einfachheit der grofsen Form
ist der Schrein als ein Unicum romanischer
Bildung in Holz hochinteressant — durch die
architektonische und ornamentale Ausstattung
der einfachen Form aber wohl das entzückendste
Werk unter allen vorhandenen hölzernen Reli-
quienschreinen.

Hannover. C. W. Hase.

Die Goldschmiedfamilie der Arphe.
IL

Die Renaissance,
'chdem die alten Metropolen der
Krone Castilien mit solchen weit-
hin strahlenden Prachtwerken voran-
gegangen waren, war vorauszusehen,
in jenen Tagen der Ergiefsung des indischen
Goldstroms, dafs es bald keine Kathedrale,
Collegiate oder Abtei mehr geben würde, die
nicht eine ähnliche Krone ihres Kirchenschatzes,
nach ihren Mitteln und ihrem Geschmacke, be-
sitzen wollte.

Gerade jetzt aber erlebte die spanische Kunst
jene Katastrophe, die einen Umsturz der, wie
es schien, kanonisch und unübertrefflich fest-
gestellten Form herbeiführen mufste. Man hatte
eben den Gipfel erreicht, und nun zeigte sich,
dafs man wieder heruntersteigen und von vorn
anfangen mufste.

Der Sieg der Renaissance in Spanien fiel etwa
zusammen mit dem Regierungsantritt des Habs-
burgischen Karl V. Dem vierten Jahrzehnt des
Jahrhunderts gehören die meisten und schönsten
Werke der ersten Phase der hier akklimatisirten
italienischen Art an, des plateresken Stils.

Was sollte nun aus dem pyramidalen Thurm',
der typischen, sanktionirten Form der Custodie
werden? Vitruv liefs hier im Stich. Der pyra-
midale Thurm war den Italienern von Alters
her ein fremder und widerstrebender Gedanke.
Während man im Norden die äufserlich un-
bedeutende Erscheinung ihrer Basilika zu einer
malerischen Thurmgruppe umformte, haben sie
selbst jede Angliederung des Glockenthurms
abgelehnt. Auf seine künstlerische Gliederung
sind sie, auch in der Zwischenzeit der gothischen
Invasion, nur in kümmerlichen Nachahmungen
eingegangen. Auch ihre damaligen Schüler in
Spanien lernten es rasch als ihre Mission be-
trachten, die Kunst vom .Modernen' zu reinigen;

sie gingen mit freudiger Ueberzeugung nur da ans
Entwerfen, wo sie so glücklich waren, ein etwa
passendes antikes Muster ausfindig zu machen.
Doch waren es keineswegs, wie man wohl
denken möchte, die Künstler allein, welche hier
den Ton angaben. Die neue Form wurde ihnen
von den geistlichen Herren, die oft in Rom
besser zu Hause waren als in ihrer Diözese,
vorgeschrieben. Wie in manchen Kontrakten für
Retablos aus dieser Zeit, so wurde auch bei einer
der ersten Custodien des neuen Stils, der von
Jaen, ausdrücklich bestimmt, sie solle d lo
romano gearbeitet sein, womit nicht etwa in
Rom befindliche Muster, sondern der klassische
Stil gemeint ist. Sie dachten darum aber
keineswegs, irgend etwas von dem was sie
für eine wesentliche Schönheit der bisherigen
Schöpfungen hielten, aufzugeben. Die Meister
mochten zusehen, wie sie sich in ihrer neuen
Formensprache mit der alten Aufgabe zurecht-
fanden.

Indes die Künstler jener Zeit waren keine un-
behülf liehen Doctrinäre; sie verstanden System-
geist und Anpassungsfähigkeit in Einklang zu
bringen. Die platems der spanischen Kirchen
machten es mit ihren pyramidalen Thürmen
wie der französische Baumeister von St. Eustache
und der spanische der Kathedrale von Granada.
Ohne Skrupel und Schwierigkeit hatten es diese
fertig gebracht, dem gothischen Leib mit allen
seinen Gliedmafsen und unveränderten Pro-
portionen ein Gewand klassischer Ordnungen
anzumessen. Auch den Goldschmieden war die
Neuheit der Aufgabe nur ein Sporn für ihren
erfinderischen Geist.

Die Metamorphose ging so rasch wie glück-
lich von Statten. Der Schmetterling, der dem
abgestofsenen gothischen Gebilde entschlüpfte,
hatte mit diesem scheinbar nicht die mindeste


 
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