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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Braun, Joseph: Ein Bilderpluviale im Dom zu Salzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0021

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1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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Aurifrisium nebst Schild anzufügen. Das
Pluviale, was man so schüfe, wäre durchaus
nicht das ursprüngliche. Es erhellt das erstens
aus den unternormalen Maßverhältnissen, die
das auf solche Weise rekonstruierte Pluviale
haben würde, dann aus der schrägen Stellung
der Figuren an der Geradseite, die sonst bei
Bilderpluvialien hier senkrecht zu stehen pflegen,
und namentlich drittens endlich aus der ganz
und gar ungewöhnlichen Bewegungsrichtung
der Ranken von der Geradseite zur Peripherie.
Ausgangspunkt aller Bewegung im Ornament
und bestimmend für die Anordnung und
Gruppierung des bildlichen Schmuckes ist
nämlich auf den bestickten Pluvialien regel-
mäßig die Mitte des Gewandes, nie der Vorder-

der Mitte des Gewandes aus horizontal und
parallel zur Geradseite nach rechts und
links. Dann müssen die jetzt verstümmelten
Medaillons und Figuren an den nunmehr
einander zugekehrten Seiten der Quadranten
ergänzt und das Mittelstück der Stickerei,
welches gegenwärtig völlig fehlt, und einen
Jessebaum darstellte, wiederhergestellt werden.
In der Mitte der Rückseite muß sich nämlich
ein Jessebaum befunden haben, von dem die
Ranken horizontal nach rechts und links aus-
gingen. Endlich wäre auch noch an der Peri-
pherie die Stickerei wieder zu vervollständigen.
Denn auch hier ist sie, wenngleich minder be-
deutend der Schere zum Opfer gefallen. Zwar
waren schon von Anfangan nicht alle Medaillons

Abb. 1.

säum; begreiflich. Denn es ist nicht nur die
Mitte der Rückseite gerade jene Partie, welche
am meisten bei einem Pluviale in die Er-
scheinung fällt, sondern es läßt sich auch von
hier aus das Bildwerk am leichtesten und
gefälligsten über die Fläche des Gewandes
verteilen.

Will man das Pluviale so wiederherstellen,
wie es ursprünglich aussah, so muß man daher
vor allem die beiden Quadranten des Kreis-
abschnittes, die jetzt verkehrt aneinander ge-
fügt sind, wieder in ihre richtige Lage zu ein-
ander bringen. Es muß nämlich die Seite,
an der sie miteinander vernäht sind, zur
Vorderseite gemacht werden, damit so die
Weinranken wieder die ihnen anfänglich eigene
Bewegungsrichtung erhalten. Denn sie liefen
ursprünglich nicht wie jetzt von der Gerad-
seite zur Peripherie, sondern zweifellos von |

und Figuren intakt. Der Umstand, daß die
Medaillons in horizontalen Reihen angeordnet
wurden, brachte es hier wie bei den andern ähn-
lich disponierten Bilderpluvialien notwendig mit
sich, daß einzelne der Medaillons auf dem
Gewand nicht ausreichend Platz fanden und
darum von der Peripherie zerschnitten wurden.
Indessen war das jedenfalls nicht bei allen
der Fall, namentlich nicht bei den Medaillons
und Figuren an den Ecken und in der Mitte
des Gewandes. Diese also müssen nach-
träglich verstümmelt worden sein. Aber auch
die ungleiche Größe der beiden Quadranten,
namentlich die ungleiche Höhe, und der
schmale Streifen Stickerei mit dem Fragment
einer Figur, mit welchem einer der Quadranten
an einer seiner beiden Ecken geflickt ist,
beweisen deutlich, daß das Gewand an der
Peripherie zugestutzt wurde. Übrigens läßt
 
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