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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

DOI Artikel:
Atz, Karl: Über schmiedeeiserne Grabkreuze
DOI Artikel:
Schmid, Andreas: Polychromie der Kirchen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0227

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337

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

33Ö

rung bietet, wie die modernen Grabkreuze
aus Gußeisen und dergleichen. Aus mancherlei
Gründen verdienen die alten schmiedeeisernen
Grabkreuze ohne plastisches Christusbild den

Vorzug. _________

Über „Schmiedeeiserne Grabkreuze im
Badischen Lande" informiert Dr. H. Luckenbach
in der Beilage zum Jahresbericht des Großherzoglichen

Gymnasiums zu Heidelberg 1909 durch eine sehr lehr-
reiche mit 27 guten Abbildungen illustrierte Abhand-
lung. — Auf diese fast ausschließlich Zeichnungen ent-
nommenen Bilder möge hier besonders hingewiesen sein,
wie auf das vorstehend abgebildete Kreuz, welches sich
(157 cm hoch, 88 an breit) als ein charakteristisches
Exemplar, wahrscheinlich bayerischer Herkunft, im
j Kunstgewerbe-Museum zu Köln befindet.

Terlan. Karl Atz.

Polychromie der Kirchen
IL Zweckmäßigkeit der Poly chromie

s wird kaum jemand behaupten,
die farbige Ausmalung der Kirchen
sei absolut notwendig, nachdem
der Sohn Gottes sich nicht ge-
scheut hat, in einem Stalle zu Bethlehem ge-
boren zu werden. Allein wer gläubigen Sinnes
daran festhält, daß im Tabernakel einer
katholischen Kirche der nämliche Gottmensch
„wahrhaft, wirklich und wesentlich" gegen-
wärtig sei und unter uns wohne, wird auch
nicht leugnen können, es schicke sich, ja es
sei gerade Pflicht, die Wohnung Gottes, das
Gotteshaus so schön zu schmücken, als die
Verhältnisse es gestatten. Soll denn nur das
Zimmer des Pfarrherrn und der Salon des
Millionärs farbig geschmückt sein dürfen, nicht
aber die Wohnung des höchsten und reichsten
aller Herren ? Schon Papst Leo der Große
predigt im V. Jahrh. : Wenn die Paläste der
Könige und die Amtswohnungen der höheren
Machtinhaber vernünftigerweise mit allem
Schmuck ausgestattet werden, damit die Woh-
nungen derer sich auszeichnen, deren Ver-
dienste größer sind, mit welch großer Sorg-
falt muß dann die Wohnstätte Gottes selber
erbaut, mit welchem Schmucke ausgestattet
werden?1) Bei den Protestanten fällt dieser
Beweggrund weg, weil sie die Präsenz Christi
im Altarssakrament leugnen und im Kirchen-
gebäude nur einen religiösen Versammlungsort
sehen; allein auch sie neigen immer mehr
und mehr zur katholischen Anschauung hin
und dekorieren aus einem gewissen natür-
lichen Gefühl die Wände ihrer Kirchen mit
Farbe. Den Protestanten als Menschen der
Gegenwart geziemt es, „der Kunst eine öffent-
liche Stätte zu bereiten, und welche wäre wür-

diger und bedeutender als die Kirche?"2)
Man kann allerdings einwenden, die Kirchen
ziehen, weil sie schön geschmückt sind, die
Gaffer an; nach dieser Anschauung aber müßte
man alle katholischen Zeremonien zur Seite
schieben, während das Tridentinum gerade
wünscht, daß durch den äußeren Kult, wozu
auch die Polychromie der Kirche gehört, die
Sinne der Gläubigen durch diese sichtbaren
Zeichen der Religion und Frömmigkeit zur
Betrachtung der erhabensten Dinge angeregt
werden.8) Die Welt urteilt in ihrem Bereiche
geradeso; denn sie ziert Theater- und Konzert-
säle und Festräume so gut als möglich, um
die Menschen anzuziehen. Warum soll denn
das Haus Gottes nur wie eine Hütte der
Armen Kalktünche als Wandschmuck haben?
2. Archäologen schwärmen für eine „alt-
ehrwürdige Patina"; allein eine Kirche existiert
nicht nur für die Archäologen, sondern muß
auch noch höheren Rücksichten Rechnung
tragen und darf nicht zu einem Museum für
Antike herabsinken. Es handelt sich bei
einem Kirchengebäude auch um die Gläu-
bigen, welche durch verzierte Wände mehr zur
religiösen Erbauung gestimmt werden
als durch kahle Flächen, welche leer und ge-
dankenlos eher zum Gähnen als zum Beten
anregen. Es mag ja sein daß ein einseitig
gebildeter Architekt aus den Fugen der Ziegel-
und Hausteine noch Gedanken herausliest
allein ein gewöhnlicher Laie wünscht eine
deutlichere Sprache und ei freut sich an farbigen
Ornamenten, Inschriften und Symbolen. Goethe,
welcher in seinem Pfaffenspiel ein feines
psychologisches Verständnis für den äußeren

') Hom. 47 (48) quadr. c.-I. Migne, lat. 54
p. 298.

') Falke, »Reich der Kunst«. (Berlin 1889.)
S. 843. *) Wissig O. »Wie schmücken.. (Leipzig
1899) S. 9.

*l Trid. s. 22 cap. 5.
 
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