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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Atz, Karl: Über schmiedeeiserne Grabkreuze
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0226

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335

1909.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

33B

lieh der Abschluß des oberen Kreuzesbalkens
oder die Spitze des Kreuzes; ja es schmückt
diese Stelle eine förmliche Kreuzblume, und
ein aus ihr hervorragender Stengel trägt ein
silhouettbehandeltes Bild des Auferstandenen.
Das Fußende des Längebalkens geht bei
größeren Grabkreuzen gabelförmig aus, um
demselben im Steinsockel, auf welchen es
aufgerichtet wird, einen festeren Halt zu geben.

Der Mittelpunkt des Grabkreuzes ist mit
einer Tafel besetzt, wodurch sich dieses Kreuz

von anderen Kreuzen, __

z. B. auf Kirchen-
dächern und Gloken-
türmen, unterscheidet
und so den Charakter
eines Grabmals an-
nimmt. Die Tafel
hat eine regelmäßige
schöne Vierpaßgestalt,
folgt einer verwandten
langgezogenen Form,
an welcher die Länge-
teile geradlinig sind,
oder ist oval, auch
kreisrund, seltener ein-
fach viereckig. Diese
Tafel hat man aber
in der Regel nicht ein-
fach an die Vorder-
seite des Kreuzmittel-
punktes genagelt,
sondern die vier
Kreuzesarme durch
dessen Rahmen ge-
streckt, so daß an der
auf der Vorder- wie
Rückseite eingesetzten
Platte die gewünschte Inschrift nebst dem Bilde
des Verstorbenen oder dessen ganzen Familie
angebracht werden konnte. Zum Schutze für
Schrift und Bild gegen die schädlichen Ein-
flüsse von Sonne und Regengüssen erhielt
die vordere und hintere Seite der Tafel ein
Türchen, das beliebig geöffnet und wieder
geschlossen werden konnte. Selbst Doppel-
türchen trifft man an.

Von der Tafel in der Mitte des Kreuzes
aus suchte sich die Phantasie der alten
Schmiede und Schlosser aufs mannigfaltigste
zu betätigen, um ihre Grabzierde ornamental
zu behandeln. Die vier Winkel zwischen den
Kreuzesarmen erhielten ein oft sehr reiches

Schmiedeeisernes Grabkreuz, Anfang XVIII. Jahrh., im
Kunstgewerbe-Museum zu Köln.

Rankenwerk, das sich in künstlerischen Be-
wegungen und Verschlingungen gefällig aus-
breitet und sich gegen die Enden der Kreuzes-
balken hin immer mehr verjüngt. Kräftige
oder nach Bedarf auch zarte Blätter in Ver-
bindung mit verschiedenen Blumen durften
nicht fehlen, um das Rankenwerk recht
lebendig zu machen und dem ornamentalen
Schmucke die Krone aufzusetzen. Die grö-
ßeren Zweige des Rankenwerks sind aber
nicht einfach und mechanisch an die Kreuzes-
balken genagelt, son-
dern durch zarte Bän-
der damit zierlich ver-
bunden. Bei reicherer
ornamentaler Behand-
lung des Ranken-
werkes zieht sich das-
selbe am unteren
Längebalken bis zum
Fuß und Stein hin-
unter, von welchem
sich das Grabkreuz
erhebt.

An den gewählten
Blättern lassen sich
gleichfalls ziemlich ab-
wechselnde Gattungen
und Formen beobach-
ten. Wir begegnen
dem Blatte der Wein-
rebe, der Lilie, mannig-
fachen, stark einge-
schnittenen freieren
Formen u. a. m.; der
Vorzug gehört aber
dem Eichenblatt, das
in gewandter Führung
mit kräftigen Erhöhungen am vorteilhaftesten
wirkt. Einigermaßen getrieben erscheint jede
Blätterart. — So finden wir in jeder Beziehung
die alten Grabkreuze aus Schmiedeeisen als
eine gediegene und mustergiltige Probe der
Meister aus alter Zeit, so daß man mit vollem
Rechte die noch vorhandenen zu erhalten
sucht und bei neuen Aufträgen von Arbeiten
dieser Art nach den alten Vorlagen zu schaffen
sich bemühen soll.

In unserer Zeit weist man aber den Eiferer
für Herstellung schmiedeeiserner Grabkreuze
nach alter Form vor anderem damit ab, daß
er eine Form empfehlen will, welche ein
Bild des Gekreuzigten in plastischer Ausfüh-
 
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