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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Braun, Joseph: Ein Kaselkreuz in Reliefstickerei in St. Peter zu Salzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0140

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203

1909. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

204

Ein Kaselkreuz in Relief Stickerei in St. Peter zu Salzburg.

(Mit Abbildung.)

an mag die Reliefstickerei, wie man An den Enden der Kreuzesarme und zu
sie um den Ausgang des XV. und Füßen des Kreuzes je ein Engel, der das aus
in der ersten Hälfte des XVI. Jahrh. den Wunden der Hände und Füße hervor-
pflegte, vom Stand- „^^^____^^^^_ quellende Blut in einen Kelch

punkt der Paramentik aus so
ungünstig wie möglich beurteilen,
faßt man sie vom rein kunst-
technischen und künstlerischen
Standpunkt
auf, so läßt
sich nicht
verkennen,
daß man-
che dersel-
ben durch-
aus die
Qualifizie-
rung von
Kunstwer-
ken verdienen. Ein solches
Kunstwerk ist beispielsweise ein
Kaselkreuz im Schatz von St.
Peter zu Salzburg, das zudem
vor vielen anderen Stickereien
dieser Technik den Vorzug
einer geradezu tadellosen Er-
haltung besitzt. Würden nicht
die verblaßten Farben der bei
der Stickerei verwendeten Seide
das Alter des Kreuzes bekunden,
so könnte man fast zum Glauben
kommen, es sei erst vor kurzem
angefertigt worden. In solcher
Frische glänzen noch die silber-
vergoldete Lahn des zur Her-
stellung des Fonds und der Ge-
wänder gebrauchten Goldfadens
sowie die im Fond der Figuren,
bei dem Rankenwerk der Bal-
dachine und in der Musterung
des Kreuzesstammes gebrauchten
silbervergoldeten Pailletten.

Der Gegenstand der Dar-
stellungen auf dem Kaselkreuz
bietet nichts Außergewöhnliches.
In der Mitte der Gekreuzigte mit knitterigem,
flatterndem Lendentuch, über ihm der ewige
Vater, als Halbbild aus stilisierten Wolken
hervorragend, in langem Bart, die Rechte
segnend erhoben, in der linken die Weltkugel.

auffängt. Unterhalb der Kreuzes-
darstellung unter spätgotischem
gedrückten Baldachin Johannes
der Evangelist, noch weiter nach
unten der
Auferstan-
dene mit der
Siegesfahne,
der dem

Grabe ent-
steigt.

Was das
Salzburger
Kaselkreuz
besonders
auszeichnet, ist zunächst die
äußerste Sauberkeit der Arbeit und
die meisterhafte Technik, gleich-
viel ob es sich um das reiche Flecht-
werk der Fonds, das Ranken- und
Astwerk der Baldachine oder umdie
Figuren handelt, dann die vortreff-
liche Modellierung der Figuren.
Die Borte des Kreuzes ist in
dreifarbiger Seide über einer
Kordeleinlage im Korbstich aus-
geführt. Es wechseln grüne, rote
und weiße Partien.' In Seide ge-
stickt sind ferner der mit Platten
gemusterte Fußboden bei den
beiden untersten Figuren (grün,
rot, blau), der Fond der Bal-
dachine (grün bzw. rot), der
Fond hinter dem Auferstandenen
und dem hl. Johannes (rot bzw.
grün), das Kreuz und die Flügel
der Engel. Gearbeitet sind alle
diese Stickereien in der Abheft-
technik. Der Teppich hinter den
beiden unteren Figuren und das
Kreuz sind mit einem Netz von
Goldfäden überspannt, in dessen Maschen eine
Paillette angebracht ist. Das wertvolle Kaselkreuz

— derVorderstab ist leider nicht mehr vorhanden

— ist eine Arbeit aus der Frühe des XVI. Jahrh.
Luxemburg. Jos. Braun S. J.
 
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