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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Oidtmann, Heinrich: Das alte Glasgemälde der Pfarrkirche zu Capellen-Stolzenfels bei Coblenz
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0168

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249

1909.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

250

ins Hellgrau spielende Weiß des großartigen
Autbaues von dem roten, grau gemusterten
Rankendamast ab. Wohlabgewogen ist das
Verhältnis zwischen dem festen Mittelturm und
den stämmigen Pfeilern, die durch Streben mit
dem Kern des Sakramentshäuschens verbunden
sind. Ähnlich gleichzeitigen Prachtstücken
deutscher Plastik beherbergen die Strebepfeiler
winzige Figuren, der Schaft unterhalb des
Turmhelms goldlockige Propheten, lebendig in
Mienenspiel und Bewegung. Natürlich durften
gemalte Untiere als Wasserspeier nicht fehlen.
Und wie vortrefflich sind die goldhaarigen
Engel aufgefaßt, die in langer Albe auf den
Plattformen der Seitenpfosten als Schildhalter
Wache halten, wobei die Wappen, in Gold
schattiert, geschmackvoll ziseliert, als heraldische
Meisterleistungen anerkannt werden dürfen.

Auch die B i 1 d e r sind verstän dnisvoll durch-
geführt, die Gesichter mit Ausdruck gemalt.
Die Nasen, desgleichen die vorstehenden
Backenknochen der beiden Johannes, fand ich
ähnlich, nur weniger gut, auf Glasresten des
Jülicherlandes.

Links steht, breitspurig, das mächtige Haupt
von stumpfgrünem, grau gestrahltem Nimbus
umscheint, in gelber Kameelhaut und weißem
Mantel, der Täufer, ein rauher Geselle, vielleicht
als Patron der mutmaßlichen Stifterin. Üppiger,
tiefgoldiger Haarwuchs umrahmt das wetter-
feste, bärtige Gesicht und flutet in vollen Wellen
zum Nacken.

Gleich tüchtig ist die Kreuzigungsgruppe.
Der Christus, in rotem Schein mit goldenem
Lilienkreuz, an gelbem Stamm, zeigt volles
Ebenmaß; auf dem edlen Antlitz ruht Friede.

Bei der h. Maria bedeckt ein weißer Mantel
das tiefblaue Kleid und umhüllt in großzügigem
Faltenwurf die hohe Gestalt. Unruhig bewegt
ist der h. Johannes in rotem Rock und weißem
Überwurf. Sein Kopf, tiefgoldig gelockt, ist
wie bei der Schmerzensmutter von stumpf-
grünem Strahlenschein umgeben. Sein etwas
altes, durchfurchtes Gesicht trägt bekannte
Züge; der lebenswahre Ausdruck furchtbaren
Entsetzens wird durch die abwehrende Ge-
bärde starren Schreckens noch gesteigert.

Jetzt prangt das Glasgemälde, durch meinen
Sohn unter gewissenhafter Schonung des Be-
standes wiederhergestellt, umrahmt von weißen
Butzen, in der ursprünglichen Schönheit vor-
nehm abgeklärter Farbenstimmung, die desto
mehr gewinnt, je länger man sie aufs Auge
einwirken läßt. Für die zukünftige Erhaltung
wäre es vorteilhaft, wenn das herrliche Kunst-
werk, das ja ohnehin seinen ursprünglichen
Standort verlassen mußte, in der Kirche durch
eine genaue Nachbildung ersetzt, den schäd-
lichen Witterungsein Aussen entrückt würde.
Meines Erachtens sollte man solche gefährdete
Schätze vor dem auf die Dauer unausbleib-
lichen Verderben schützen, indem man den
Tafeln, die zwischen Glasscheiben durch Holz-
rahmen luftdicht abgeschlossen werden müßten,
in einem Musenm schützende Unterkunft ge-
währt, wo bei passender Aufstellung der vor-
züglichen Kunstarbeit erst die volle, verdiente
Würdigung zuteil würde8).

Linnich. Heinr. Oidtmann.

s) Dieses Verfahren wäre dringend zur Erhaltung
der oben erwähnten Glasgemälde im Erkervorbau der
Hardenrath'schen Kapelle zu empfehlen.

Bücherschau.

Festschrift zur Eröffnung des Koilegs der
P. P. FranziskanerSt.LudwigbeiDalheim
(Rheinland) am 4. Oktober 1909. — Westf.
Vereinsdruckerei in Münster.
Die Franziskaner der sächsischen Ordensprovinz
haben die Einweihung ihres neuen, in Holland unmittel-
bar an der deutschen Grenze erbauten Studienhauses
auch durch eine 212 Seiten umfassende, einfach aber
durchaus korrekt ausgestaltete und gut illustrierte F e s t -
schrift ausgezeichnet, die dem wissenschaftlichen
Streben dieses Klosters ein vortreffliches Zeugnis aus-
stellt. — Der in den Kreisen der kunslgeschichtlichen
Forschung längst rühmlich bekannte P. Beda Klein-
schmidt widmet sie als Rektor dem Provinzial, mit
der „Gründungs- und Baugeschichte des Kollegs" sie

eröffnend und von der langen, durch fünf Türme be-
herrschten Front, wie von der es schmückenden, durch
den Klosterbruder Laurentius gut ausgeführten Stand-
figur des hl. Bischofs Ludwig von Toulouse, eines der
Hauptheiligen des Franziskanerordens, Abbildungen
beifügend. — Daran schließen 12 Abhandlungen, welche
lokalen und pädagogischen, namentlich aber auch kunst-
geschichtlichen Fragen gewidmet sind, zum Beweis
dafür, mit welchem Erfolge P. Beda beflissen gewesen
ist, auch auf diesem Gebiete Schule zu machen. —
Seine Studie betrifft: „Des hl. Ludwig von Toulouse
Leben und Erscheinung in der Kunst," welche dem
namentlich in Italien viel gefeierten, allmählich aber
selbst in seiner französischen Heimat, obgleich er hier
auf die Königskrone großmütig verzichtet hatte,
 
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