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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Creutz, Max: Aus der Werkstatt des Rogerus
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0242

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35?

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

358

Aus der Werkstatt des Rogerus.

(Mit i Abbildungen.)

einschmidt hat in dieser Zeitschrift *)
die Rogerusfrage aufgenommen und
aut die große Schwierigkeit bei der
bekannten Rogerus - Theophilus-
hypothese hingewiesen. In der Tat ergaben
sich auch dem Verfasser starke Bedenken gegen
die Zuteilung der beiden Paderborner Trag-
altäre des Domes und der Franziskanerkirche
an einen Künstler, den urkundlich beglaubigten
Rogerus von Helmwardshausen.2) Der Stil
des Abdinghofener Tragaltares scheint viel
beweglicher, in gewissem Sinne überlegener,
der des Domes derber und strenger. Aber
bei näherem Vergleiche von Einzelheiten er-
geben sich so starke Übereinstimmungen, daß
beide nur im engsten Zusammenhang ge-
schaffen sein können. Um nur eine Einzel-
heit herauszuheben, so vergleiche man den
Kopf des hl. Blasius vom Abdinghofer Trag-
altare mit dem Kopfe eines der Apostel des
Domaltares; beide sind so identisch, daß sie
fast nur von einer Hand herrühren können,
es scheint künstlerisch kaum möglich, daß eine
die tote Kopie des anderen sein kann. Sie
sind so verwandt, daß beide nur von einem
Künstler oder von zwei geistig überaus ver-
wandten und gleich bedeutenden Künstlern
herrühren können. Wichtig sind bei beiden
Köpfen die Unterschiede der Behandlung. Der
Kopt des Blasius ist weicher gezeichnet, der
des Apostels energischer und strenger. Und
hier taucht die wichtige Frage auf, ist der
Domaltar oder der Abdinghofener früher ent-
standen. Hier hält Kleinschmidt, wie schon
Kayser und von Falke, an den Zahlen X. V. II. I.
auf den vier Klauenfüßen des Abdinghofener
Tragaltares und an der Datierung auf das
Jahr 1118 fest. Es ist unwahrscheinlich, daß
man das Datum 1118 so signieren würde.
Vielleicht kann man die Zahlen auch anders
verbinden X. I. V. II. auf das Jahr 1107.

Stimmt diese Datierung, so würde sich
allerdings, dank dem Hinweise Kleinschmidts,
auf eine bisher nicht beachtete Urkunde, nach
der im Jahre 1107 der Abt Gumbert dem
Goldschmied Reinbold für geleistete Dienste

') Zeitschrift f. Chr. K. 1909 Nr. 9 S. 259 mit
Angabe der Rogenisliteratur.

*) vgl. d. Verfassers, »Geschichte der Goldschmiede-
kunst« S. 142.

einen Hof überließ, in der Rogerusfrage neue
Perspektiven eröffnen, denn 1107 fand gleich-
zeitig die Überführung von Reliquien statt,
die in neuen Reliquiarien, mit großer Wahr-
scheinlichkeit dem Abdinghofener Tragaltar
beigesetzt wurden. Wir würden dann in
Reinbold den Künstler des bewegten Stiles der
Märtyrerdarstellungen des Abdinghofener Trag-
altares und der nieliierten Evangelisten-
symbole des Kreuzes im Berliner Kunst-
gewerbemuseum vor uns haben. Daß der
Paderborner Altar nach der Urkunde von
Rogerus stammt, kann als erwiesen gelten.
Wir haben um 1100 eine Urkunde, nach
welcher der Bruder Rogerus zu Ehren des
hl. Kilian und Liborius einen Schrein ange-
fertigt habe. Ein Schrein, mit Darstellung
dieser Heiligen und des Bischofs Heinrich,
der für diesen Schrein bezahlte, befindet sich
aber im Dome zu Paderborn. Es ist nicht
ersichtlich, weshalb man an der Identität
zwischen dem erwähnten und dem noch vor-
handenen Schreine zweifeln soll. Kleinschmidt
führt verschiedene Gründe gegen diese Identität
an. 1. Seien Liborius und Kilian neben der
Mutter Gottes genannt, der an erster Stelle
die Arbeit dargebracht sei. Hier ist doch
wohl die Nennung der beiden Namen das
wichtige. 2. Die beiden Heiligen treten unter
den ca. 20 Figuren nicht genügend hervor,
wenn der Schrein zu ihrer Ehre angefertigt
worden wäre. Beide sind doch wohl als
plastisch hervortretende Gestalten neben dem
thronenden Heiland, gegenüber den anderen
gravierten Figuren, ganz besonders hervorge-
hoben. Ferner glaubt Kleinschmidt, daß
Bischof Heinrich sich für die Domkirche nicht
mit einem Kästchen begnügt hätte. Aber die
Tragaltäre waren in dieser Zeit alle nicht
größer, die großen Schreine entstehen erst
unter dem Eindrucke der großen architekto-
nischen Bewegung im Ende des XII. Jahr-
hunderts. Auch war der Preis, den der Bischof
zahlte, für die damaligen Verhältnisse durchaus
nicht hoch. Eine weitere Frage würde jedoch
sein, wer von den beiden Künstlern war
Lehrer, war der Schüler Rogerus oder Rein-
bold? Verfasser neigt der Ansicht zu, daß
Reinbold der ältere in vieler Beziehung über-
legene Meister war, während Rogerus mehr
 
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