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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Braun, Joseph: Mittelalterliche Pontifikalschuhe im Dom zu Brixen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0186

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277

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

278

Mittelalterliche Pontifikalschuhe im Dom zu Brixen.

(Mit Abbildung.)

[er Pontifikalsandalen aus dem XI.,
XII. und XIII. Jahrh. haben sich
verhältnismäßig manche erhalten,
wenn auch nicht immer intakt, so
doch in solchen Fragmenten, daß eine Rekon-
struktion der ganzen Sandale keine Schwie-
rigkeiten bietet. Anders verhält es sich mit
dem XIV. und XV. Jahrh., aus dem nur
einige wenige Exemplare in die Gegenwart
gekommen sind. Die Sandale hat zwar noch
stets ihren alten Namen, der Form nach aber
ist sie zum hohen Schuh geworden, der auf
dem Rist, oder wohl gewöhnlicher an der
nach einwärts gerichteten Seite mit einem

steht aus kräftigem, violettrotem, mit Blatt- und
Rankenwerk, Greifen, Löwen und Inschriften
gemusterten Brokat. Die Ranken sind in Gold
ausgeführt und gelb konturiert, die Blätter bald
den Ranken gleich behandelt, bald umgekehrt
gelb mit goldenem Rand. Im Kern der größeren
Blätter ist mit Gelb und Grün ein granatapfel-
artiges Gebilde angebracht. Die Löwen und
Greife sind in Gold gewebt, ihre Flügel teils
grün teils gelb, die verkehrt gestellten und
darum von rückwärts zu lesenden Inschriften
GRIFONE und LEONE wieder golden.
Das Dessin zeigt hiernach außer Gold zwei
Hauptfarben, Violettrot für den Fond und

Schlitz zur Erleichterung des Anziehens ver-
sehen war. Statt aus Leder besteht der Ober-
stoff jetzt regelmäßig aus Seide; Leder ist nur
noch als Futter verwendet. Die früher so
häufigen dicken Kork- und Holzsohlen sind
außer Gebrauch gekommen; die Sohlen sind
nunmehr regelmäßig aus leichtem, biegsamem
Sohlleder gemacht.

Eines der besten Beispiele spätmittelalter-
licher Pontifikalschuhe bewahrt der Dom zu
Brixen. Sie bilden ein vollständiges, im ganzen
recht gut erhaltenes Paar, haben die übliche
Form eines hohen Schuhes und sind an der
Innenseite mit einem bis zur Sohle reichenden
Schlitz versehen, neben dem rechts wie links je
fünf Löchlein zur Aufnahme einer Schnur zum
Zubinden angebracht sind. Ihre Länge beträgt
27V4 cm, ihre Höhe 9V2 cm. Der Oberstoff be-

Gelb neben Gold für das Muster, dazu als
Nebenfarbe für untergeordnete Teile Grün.
Als Gold wurde Häutchengold verwendet,
weshalb denn auch das Gold sehr gelitten hat.
Löwen, Greifen, Ranken und Blätter zeigen
ausgesprochenen orientalischen Charakter, doch
ist der Stoff, wie aus den Inschriften erhellt,
nicht orientalischen, sondern italienischen Ur-
sprungs und nur italienische Nachbildung eines
orientalischen Musters, Stoffe, deren im XIII.,
XIV. und noch im XV. Jahrh. so zahlreiche
in Italien entstanden. Das Futter der Schuhe
besteht aus dünnem, weißlichem Leder.

Pontifikalschuhe von der Art der Brixener
gibt es sonst noch zu Comminges, Oxford
(Magdalena Colleg), Strengnäs (Schweden),
Halberstadtu. Kopenhagen (National-Museum).

Luxemburg. Jos. Braun S. J.
 
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