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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Schmid, Andreas: Kreuzwegbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0116

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163

1909. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

164

Kreuzwegbilder.

(Mit 3 Abbildungen.)

eit dem II. Jahrh. finden sich ein-
zelne Szenen des Leidens Christi
dargestellt z. B. eine Verspottung
Christi im Cömeterium des Prätex-
tates;1) doch läßt sich nicht leugnen, daß Szenen
der Erniedrigung Christi aus äußern Gründen
selten sind. Auf einem Sarkophag des IV. bis
V. Jahrh. sieht man die Kreuztragung2) und
unter den Malereien in S. Apollinare nuovo
zu Ravenna aus dem VI. Jahrh. den Kuß des
Judas, Christum vor dem Synedrium, die
Kreuztragung, die Frauen am Grabe und
die Bekehrung des Petrus,3) nicht aber die
Kreuzigung selbst Letztere ist jedoch schon
auf einem Brustkreuz und einem Enkolpium
des VI. Jahrh. in Monza4) u. ö. abgebildet. Um
diese Zeit wurde Golgatha von Jerusalem in der
Kirche S. Croce in Rom verewigt; von einer
Nachahmung des ganzen Kreuzwegs von
Jerusalem kann aber erst die Rede sein, nach-
dem die hl. Orte durch die 1.— 7. Kreuzzüge
(1096—1270) im Abendlande mehr bekannt
geworden waren und der Franziskanerorden
1312 die Seelsorge in Palästina übernommen
hatte. Bekannt ist, daß ein Dominikaner
Alvaro (gest. 1420) in der Nähe von Cordova
auf einem Hügel einen Kreuzweg errichtete.
Andere Anlagen folgten im XV. Jahrh. an
verschiedenen Orten nach.5) Seit Anfang des
XV. Jahrh. kommen auch schon Kreuzweg-
bilder in verschiedener Zahl auf Tafelgemälden
zum Vorschein z. B. 9 Bilder aus der Zeit
1410—1420 im Georgianum zu München,
beschrieben und abgebildet in dieser Zeitschrift
1907 S. 209. Im Georgianum ist auch ein
anderer Kreuzweg mit 6 Tafelbildern erhalten,
welcher vielleicht noch früher zu datieren ist
(Abb. 1). Martin Schongauer hinterließ um
1490 einen gemalten Kreuzweg mit 12 Bildern;
Adam Krafft um 1500 7 plastische Bilder auf
dem Wege zum Johannsfriedhof in Nürnberg.
(Abb. 2).

Albrecht Dürer zeigt, daß zu seiner Zeit
der Kreuzweg schon sehr populär war; denn

J) Wilpert, »Malereien in Katakomben«, II
Taf. 18.

J) Garucci, sarcof. 350 n. 1.

») A. a. O. 250, 251.

*) Kraus, Real. II S. 241.

') Vgl. Kneller, »Kreuzwegandacht«. (Freiburg
1908). S. 21 ff.

er fand es nicht unter seiner Würde, die
Passion dreimal abzubilden, in 16 Darstellungen
in der Kupferstichpassion, in 12 Foliobildern
in der großen Passion in Holzschnitt und in
37 in der kleinen Passion. Von Tilman
Riemenschneider sind in Würzburg nur drei
Stationen erhalten. Die großartigsten Dar-
stellungen des Kreuzwegs finden sich aus dem
XV.—XVI. Jahrh. auf dem hl. Berge zu Varallo
in der Lombardei in 46 Kapellen mit einer
Menge plastischer und teils angemalter Figuren
von Gaudenzio Ferrari. (Abb. 3).

Ein Gegenstück sieht man in Würzburg an
dem Kreuzweg auf der Strecke von der Stadt
zum Käppeli. Die Figuren sind freistehend in
Lebensgröße von Joh. Georg Auvera aus Rom
(gest. 1766) und vollendet von Peter Wagner.

In die Pfarr- und Dorfkirchen fand der
Kreuzweg erst allgemeinen Einzug, nachdem
seit Ende des XVII. Jahrh. die Ablaßprivilegien
für den Franziskanerorden, immer mehr ein-
geschränkt wurden. Nach einer Bulle Inno-
zenz XL 5. Sept. 1686 konnten nämlich nur
Mitglieder des Franziskanerordens jene Ablässe
an Kreuzwegen außer Jerusalem gewinnen,
welche mit den Originalstationen in Jerusalem
verbunden waren. Benedikt XIII. dehnte
5. März 1726 diese Ablässe auf alle Gläubige
aus, und Klemens XII. erlaubte 16. Jan. 1731,
daß auch in andern Kirchen als jenen der
Franziskaner Stationen errichtet werden dürfen.
Erst seit 14. Mai 1871 darf die Errichtung
ohne Rücksicht auf die Nähe von Franziskaner-
kirchen stattfinden und sogar in Privatoratorien
(S. Indulg. C. 15. Marl. 1884).

Aus dieser Entwicklung des Kreuzweg-
ablasses erklärt sich, warum Kreuzwegbilder
bis in das XVIII. Jahrh. herauf so selten auf
uns kamen.

2. Zur Gewinnung der Kreuzwegablässe,
welche hier nicht weiter besprochen werden
sollen, sind B i 1 der gar nicht notwendig, sondern
nur 14 Holzkreuze6) ohne Kruzifixus. In den
französischen Kirchen sieht man meistens
nur größere Kreuze an den Wänden mit
kleinen Bildern in der Vierung; dagegen in
Deutschland kann man sich einen Kreuzweg
ohne große Darstellungen der Leidensszenen
kaum denken. Die deutsche Sitte verdient

«) S. C. Indulg. 23. Nov. 1878 ad 1 n. 442.
 
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