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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Beissel, Stephan: Ein Gebetbuch des Kaisers Karl V.
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Witte, Fritz: Silbernes Gefäß für die heiligen Öle im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0065

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1909. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3

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schließen zwei der Anwesenden mit ihrer
Hand Mund und Nase, um nicht angesteckt
zu werden durch den Geruch. In beiden
Bildern befreit Petrus die Hände des Lazarus
von ihren Fesseln, hat der Erstehende das
Leichentuch über den Kopf geschlagen, wächst
ein Baum auf usw. Die Ähnlichkeit beider
Malereien ist so groß, daß sie auf ein nieder-
ländisches Original zurückzugehen scheinen.

Die naturalistisch aufgefaßten Blumen in der
2. Abbildung und die kostbaren Geschmeide
der 1. sowie der Charakter der Schrift passen
zu den Ateliers von Brügge. Doch möchte
ein Entscheid einstweilen noch nicht zu geben
sein, weil die Kenntnis der niederländischen
und französischen Miniaturen noch allzusehr
der Bereicherung bedarf.

Luxemburg. Steph. Beisse 1.

Silbernes Gefäß für die heiligen Öle im Hamburgischen Museum für

Kunst und Gewerbe.

(Mit Abbildung.)

efäße für die hl. Öle werden in
alten Schatzregistern des öfteren
aufgeführt, und es finden sich auch
in manchen Kirchen noch mehr
oder minder reiche im Gebrauche oder unter
den beiseite gelegten Gegenständen. — Daß
die Inventaraufnahmen der preußischen Pro-
vinzen so selten bessere Stücke veröffentlichen,
mag einesteils daran liegen, daß vor allem
das oleum infirmorum, das Krankenöl, in ganz
anders eingerichteten modernen Gefäßen für
sich allein aufbewahrt wird, andererseits aber
auch noch manches interessante Stück sich
im Pfarrhause befindet, wo — allerdings ent-
gegen den kirchlichen Vorschriften — das
Krankenöl heute mehrfach autbewahrt wird.
Es treten die verschiedenartigsten Formen für
die Ölbehälter auf, solche für jedes Öl ge-
trennt, und auch solche, wo zwei oder drei
zu einem Gefäße vereinigt sind.1) Meistens
mögen es auch im Mittelalter fast schmuck-
lose, zylindrische oder pyxisähnliche Behälter
gewesen sein, in vielen Fällen aber hat auch
hier das allgemeine Bedürfnis nach künst-
lerischem Dekor die Gefäße für die hl. Öle
mehr oder weniger reich ausgestattet, wie es
die Befunde aus alter Zeit und bildliche Dar-
stellungen erweisen, wie beispielsweise die
Bilder des Rogier v. d. Weyden. Häufiger
kommt die hohe zylindrische Form mit spitz
zulaufendem Deckel und die einer kleinen
Monstranz oder eines Ostensoriums vor. Ein
solches weist auch das Museum für Kunst
und Gewerbe auf: Auf einem gotischen Vier-

paßfuße sitzen die in Dreipaß gestellten drei
Ölbehälter.')

Dasselbe Museum hat aber neuerdings
ein Ölgefäß erworben, das ob seiner ebenso
reichen wie originellen Ausstattung höchste
Beachtung verdient. Es ist jedenfalls das
reichste und schönste zugleich, das mir je zu
Gesicht gekommen ist. Das köstliche Stück
stand bislang in der katholischen Pfarrkirche
zu Damme im Großherzogtum Oldenburg.
Der Verfertiger hat sich nicht damit begnügt,
für die Gefäße, die er vereinigen wollte, eine
künstlerische Form zu finden, er hat vielmehr
eine ganz einzigartige Fassung für sie ge-
schaffen, durch die er sein Werk als vollgültig
in die Reihe der kostbaren Gegenstände des
Kirchenschatzes eingliedert. Und gerade diese
Fassung ist es, welche die Aufmerksamkeit
auf sich zieht.

Auf einer kleinen, 11 cm langen, i^l^cm
breiten und 6 cm hohen silbernen Truhe stehen
nebeneinander die drei Ölgefäße, an ihrer
Peripherie sich berührend. Sie haben die
Form kleiner Rundtürme mit spitzen, kegel-
förmigen Helmen. Der Rumpf der Türmchen,
der eigentliche Ölbehälter, ist als Mauerwerk
gedacht. Die regelmäßig geschichteten, doppelt
umrandeten Quadern sitzen auf einem ver-
goldeten Sockelprofil auf. Das Mauerwerk ist
unterbrochen durch je vier schlanke gotische
Blindfenster mit Rautengravierung. Ein ver-
goldetes Profilgesims schließt den Turmunter-
bau ab. Die kegelförmigen Helme dienen als
Deckel und sind durch blattförmige Scharniere

l) Vergl. den Aufsatz von Schnü tgen: „Mate- *) Ein weiteres interessantes, als Burganlage ge-

riaux pour servir ä l'histoire des vases aux saintes ! dachtes Stück abgebildet bei Didron, »Annales
huiles" in der »Revuede rartchretien«. 1884. 452—462. I archeologiques«, tom XIX, 191.
 
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