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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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ausgenommen)so zahlreich sie aufweist. — Der „helle-
nistische Typus" wird zunächst durch die Fresken
der Katakomben, durch die Reliefs der Säulen, der
Elfenbeintafeln und -Gefäße, sodann durch die Sepul-
kral-Plastik illustriert; „der erste Syrisch-hellenistische
Typus" durch die Re'iefs in Südgallien, Italien, durch
die Miniaturen der Reichenau usw., „der zweite" i
durch die Ampul'en in Monza, durch die verschiedensten
Mosaiken. — Es folgen „der orientalische Typus",
der syrisch-byzantinische Kollektiv-Typus", „der helle-
nistische Typus in der karolingischen Kunst", der dem
„Typus der frühmittelalterlichen Epoche" in den deut-
schen Kunstkreis den Weg bahnt. — Der in Frank-
reich begonnene „Schauspiel-Typus" beherrscht die
folgenden Kapitel, die mannigfache Erweiterungen der
Legende bieten und, in Deutschland, wie in den Nieder-
landen verschieden, vom Verfasser als „Kölner Dombild-
Typus", „Rogier-", „Multscher-", „Schongauer-",
„Dürer-Typus" bezeichnete Gruppen herbeiführen. —
Damit haben die Typen ihre Au "gaben erschöpft, um
sie dem Individuellen zu überlassen, das für den Verfasser
außerhalb des Rahmens seiner Arbeit fällt. — Diese
war ohnehin weit genug gespannt, so daß es überflüssig
erscheinen könnte, sie noch zu vermehren, durch einige
(gelegentlich in dieser Zeitschr. abzubildende) Beispiele
meiner (dem Verfasser bekannten, mehrmals von ihm er-
wähnten) Sammlung. — In ihr erscheint als Variante
zu dem Diptychon (Abb. 75) mein byzantinisches
Specksteinrelief des X.Jahrh. (18 ä 25 cm) mit 12
gleichfalls die Madonna umgebenden Szenen, unter
denen das zweite die in der Ellipse liegende Mutter
und zu ihrer Linken, über dem wagerecht gelagerten
Kinde mit Ochs und Esel, die Brustbilder der Drei-
könige unter dem schwebenden Engel, dem in der
Diagonale der zusammengekauerte hl. Joseph entspricht.
— Zu dem Alabaster-Relief (Abb. 261) bildet Vari-
ante mein ebenfalls englisches Relief (29 ä 43 an)
des XIV. Jahrh. mit der senkrecht liegenden, das Szepter
führenden Gottesmutter neben dem in der Mandorla vor
der Krippe gelagerten ganz nackten Kinde über Ochs
und Esel. Die Bekrönung bi'den über dem hl. Joseph
die Köpfe der hl. Dreikönige, links darunter eine
staunende und eine anbetende Frau. — Neben die
Mitlelgruppe vom Kölner Domaltar (Abb. 189) gehört
als zweiter König nicht der abgebildete (Salomol,sondern
der in meiner Sammlung befindliche mit Ciboriengefäß
(Abb. im vorigen Heft, Tafel I, 1). -- Das (S. 202)
erwähn'e Papier-mache-Relief aus der Mitte des XV.
Jahrh. zeigt bereits den Stall mit Palisaden. — Die
(S. 233) angeführte (Hinter-) Glasmalerei ist hier
(XXI, 193 ff.) bereits mit Abbildung veröffentlicht. —
Den „Dreikönig-Münzen und -Medaillen" (S. 228) sei
noch beigefügt die hier (II, 395) abgebildete Wallfahrts-
Agraffe aus dem Anfange des XIV. Jahrh.

Seh nützen.

L'Art religieux de la fi n du moyen-äge en

rrance. Etüde sur l'iconographie du moyen-äge

et sur ses sources d'inspiration par Emile Male.

250 gravurs. — Armand Colin, 5 nie de Mezieres

ä Paris 1908. (Pr. 25 fr.)

Dieser Quartband von 550 Seiten bildet die Fort-

Setzung des erheblich kleineren Buches über die

religiöse Kunst des XIII. Jahrh., dem hier (XII, 95)

eine sehr anerkennende Besprechung gewidmet wurde.

— Das neue Buch geht von dem Grundsatze aus,
daß an die Stelle der von den großen Enzyklopä-
dien des XIII. Jahrh. beherrschten Bildersprache, nach
Ablauf desselben, eine mehr fragmentarische, d. h. von
einzelnen großen,vbesonders durch die Bettelorden ver-
breiteten Ideen beeinflußte getreten sei, deren Mittel-
punkt Schmerz und Tod. Das Leiden des Heilandes und
das Mitleiden der Gottesmutter sind die Quellen dieser,
vornehmlich von den Franziskanern inspirierten Dar-
stellungen, die mit dem Zuge des Leidens zugleich an
Zartheit und Natürlichkeit zunehmen. Hierfür ergibt
sich als der tiefere Grund das immer mehr an Bedeutung
gewinnende religiöse Schauspiel, auf das vom
Verfasser die Umgestaltung der alten Ikonographie
zurückgeführt wird, so daß die neue realistische Bilder-
sprache dem Wesen nach ein Widerschein der
Mysterienbühne ist, die selbst wieder aus den
religiösen Gedanken der Theologen, namentlich der
Mystiker und Kanzelredner herausgewachsen. — Dank
diesen Einflüssen gewinnt der Bilderkreis bereits im
XIV., namentlich aber mit dem XV. Jahrh. an Mannig-
faltigkeit und Umfang, daher an Eigenart und Aus-
breitung, um sein Ende mit dem Konzil von Trient
(1563) und mit den Zügeln zu finden, die es den
Künstlern hinsichtlich ihrer Erfindungsfreiheit anlegte.

— Obwohl der Verfasser für diese Zeit auch Italien
und Deutschland in den Kreis seiner Untersuchungen
hineinzieht, so bleibt doch Frankreich seine eigentliche
Domäne, aus der er mit unsäglichem Fleiß sein enormes,
zum Teil ganz unbekanntes Material zusammengesucht
hat, aus den Figuren und Glasgeinälden seiner Kirchen,
noch mehr aus den Miniaturen und Holzschnitten seiner
Sammlungen. Durch dasselbe wird in überraschender
Weise illustriert, was der Verfasser über die Bereiche-
rung des Darstellungsapparates anführt, vornehmlich
über die neuen Formen der Passion, der hl. Familie,
der Heiligen im Zusammenhange mit den neuentstandenen
Vereinigungen; über die biblischen Analogien usw. —
Mit dem menschlichen Leben, seinen Lastern und
Tugenden, dem Tode, dem Grabe, dem Endgericht,
der Ewigkeit beschäftigt sich der II. Teil, der besonders
reich ist an frappanten Enthüllungen. — Mehr noch
als sein Vorgänger wird dieser Band auch in Deutsch-
land Beachtung finden, Anregung bietend für die
Würdigung der neuen Gesichtspunkte, die hier nicht
minder Bedeutung haben. SchnUtgen.

Job. Martin Niederee. Ein rheinisches Künstler-
bild von Dr. Paul Kaufmann. Mit 23 Abbil-
dungen in Autotypen. — J. H. Ed. Heitz in Stras-
burg 1908. (Pr. Mk. 5.50.)
Einem, 1853 im Alter von noch nicht 23 Jahren
gestorbenen, trotz seiner eminenten Begabung ver-
schollenen rheinischen Maler, wird hier ein überaus
sympatisches Lebensbild gewidmet durch den Lands-
mann Präsident Dr. Kaufmann, der mehrerevon ihm her-
rührende Bilder in seinen Besitz, und in die deutsche
Jahrhundertsausstellung zu Berlin 1906 gebracht hatte.—
Der Bildungsgang wird durch 23 (zum Teil gemalte) Porträts
und religiöse Zeichnungen aus den Jahren 1848 bis 1853
illustriert und in 4 Kapiteln näber beschrieben, die über
den künstlerischen Betrieb dieser, noch von der Romantik
erfüllten, Zeit viele wichtige Notizen bringen, und
mehrere berühmte Künstler wie Müller und Ittenbach,
 
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