Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

DOI Artikel:
Oidtmann, Heinrich: Die Glasgemälde des Obergadens im Hochchor des Kölner Domes, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
133

1909.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

134

grünen Bändern, in mannigfaltigen Farbenzu-
sammenstellungen ein festes Hauptnetz von
Vierecken, Kreisen und Pässen bilden; in die
freien Räume sind die weißen Flechtwerk-
gruppen geschickt eingeschoben, eine äußerst
wirkungsvolle, dabei reichlich Licht spendende
Art des Fensterschmucks, die in den Spitzen
einen gefälligen Abschluß findet Nur ein
Muster (V) wird von einem Fries aus roten,
gelblich gefleckten Rosen und gelben Blumen-
rauten auf blauem, weiß gesäumtem Grunde
begleitet; bei zwei anderen (VII und IX) bilden
Rosen den Mittelpunkt der Pässe.

Daß der Glasmaler für die Bekrönungen
wiederum ein durch Farben wirkendes Mosaik
wählte, zeugt abermals für seine zutreffende
Beurteilung der Raumverhältnisse. Die reich-
gegliederten Maßwerkformen verlangten ge-
bieterisch eine farbensatte Füllung, für die der
Künstler eine fruchtbare Erfindungsgabe an
den Tag gelegt hat. In der Zeichnung wechseln,
sich gegenseitig ergänzend oder ablösend,
geometrische Flächen, Bandmuster, Maßwerks-
formen, Sterne, Blumen, Blätter und Ranken.
Der Farbenwert ist ungleich ausgefallen, aber
selbst bei den weniger gelungenen, dürftigen
Mosaiken finden sich nachahmenswerte Einzel-
heiten. In Anbetracht der ungeheuren Höhe
ließ sich eine klare, zeichnerische Wirkung
nicht immer erreichen, weshalb der Schwer-
punkt auf reiches Farbenspiel gelegt werden
mußte.

Prächtiges Bandgewebe auf rotem Grund,
ringsum eingefaßt von blauen oder gelben
Streifen, bildet die Hauptfüllung des ersten
nördlichen Maßwerks. Bei dem folgenden ist
weißes Rankenwerk mit fünflappigen Blättern,
in den unteren Pässen um eine blaßviolette
Fratze gelegt, über den gelb umi änderten, roten
Grund recht hübsch verteilt. Schwere Formen
geben dem dritten Maßwerk ein besonderes
Gepräge. Weiß gezeichnete, rote Sterne mit
gelben Mittelscheiben, von gelben Ringen um-
rahmt, auf blauem Grunde, legen sich um
den großen Mittelstern; das Schachmuster in
Rot und Weiß; die blaugrundigen Fünfpäße j
enthalten je fünf grofe, gelbe Lilien, die j
gleichmäßig von einer roten, in der Mitte ]
weißen Scheibe ausgehen. Weniger an- |
sprechend sind Anlage und Farbenwahl im \
vierten Fenster; gelbe Blätter, zu steif auf- j
gebauten Zweigen angeordnet, ragen in die I
Lappen. Nicht viel günstiger wirkt die An- j

häufung von gemalten Maßwerksfiguren im
letzten Nordfenster.

Im ersten Fünfpaß des Chorabschlusses
blüht eine rote Rose; ein achtspitziger, weiß
eingefaßter, roter Stern strahlt aus dem Blau
der folgenden Bekrönung, in deren Lappen
gelbes Efeulaub das Rot belebt. Etwas
Ähnlichkeit hat das gegenüberstehende Maß-
werk. Im Fünfpaß des letzten zweiteiligen
Fensters hebt sich eine große, rote, weiß um-
ränderte Rose von den blau gequaderten
Lappen ab.

Kühl ist die Stimmung im Maßwerke des
nächsten vierteiligen Fensters der Südwand.
Teilweise zu blau, teilweise etwas bunt ist die
Farbengebung im Fenster der Overstoltz;
wärmer ist das Farbenspiel im dritten Fenster.
Diese Stimmung wird noch übertroffen von
der Maßweikfüllung des vorletzten; das letzte
Maßwerk endlich mit seinem reizenden Band-
geflecht bildet einen vollwertigen, prächtig
ausklingenden Abschluß.

Zeichnung. Der richtige Begriff von
der Fernwirkung, dazu die gebührende Rück-
sichtnahme auf die für den Beschauer steile
Höhe haben zweifellos den Stift des Meisters bei
der Zeichnung der Könige geleitet. In den
mächtigen Gestalten offenbart sich ein selbst-
bewußter Mut, unter vernünftiger Verzicht-
leistung auf unnötige Kleinigkeiten sich auf
großzügige, weitwirkende Einfachheit zu be-
schränken, wobei der Zeichner sich überdies,
allerdings unbewußt, die Arbeit wesentlich er-
leichterte. Er war sich verständnisvoll bewußt,
daß der Standort seiner Werke andauernder
Betrachtung entrückt war, daß es lediglich
galt, durch die Gesamtheit kräftig und derb
gehaltener Zeichnung eine für den gewaltigen
Raum befriedigende Wirkung zu erzielen.
Von diesem Gesichtspunkt aus, als rein deko-
rative, groß angelegte Werke betrachtet, ver-
dienen die Glasmalereien des Hochors un-
eingeschränktes Lob. Bei solcher Voraussetzung
darf es nicht sonderlich überraschen, daß der
Künstler sich mit einer verhältnismäßig ge-
ringen Zahl von Vorbildern begnügte und sich
bei der Umrißzeichnung der drei vertretenen
Lebensalter innerhalb dieser Stufen mit ziemlich
ähnlichen Formen zu behelfen suchte, die er
freilich gar mannigfach abzuwandeln verstand.
Änderung der Kleidung und ihres Faltenwurfs
ersetzen Verschiedenheit der Körperhaltung;
Verschiebungen von Gliedmaßen sollen bei
 
Annotationen