Abhandlungen.
Sechs Armreliquiare des XL bis
XVI. Jahrhunderts.
(Mit (i Abbildungen,
Tafel VII.)
it der Erhebung der
Heiligenreliquien und
deren Bergung in be-
sonderen, größeren wie
kleineren, öfters sehr
kostbaren Behältern,
entwickelte sich allmäh-
lich die Sitte, die Form der letzteren den vor-
handenen Gebeinen anzupassen, so daß direkt
das Glied erkennbar war. So entstanden seit
dem XI. Jahrh., in Metall und Holz, die Kopf-
und Büsten-, die Arm-, Hand-, Finger-, Fuß-,
Rippen-, Kinnbacken-Reliquiare — Zahllos
sind, namentlich seit dem XV. Jahrh , die
Reliquiare in Gestalt von holzgeschnitzten
Büsten, deren sich über 30 in meiner Samm-
lung befinden (vgl. diese Zeitschrift XXL,
33/34). — Auch Armreliquiare (Brachialia)
haben sich in großer Anzahl erhalten, und
das romanische, dem hl. Basilius gewidmete
im Münsterschatz zu Essen dürfte zu den
ältesten zählen. Manche derselben sind aus
Metall gebildet, zum Teil mit reichem Auf-
gebot von Stein-, Filigran- usw. Verzierungen.
Bei weitem die meisten bestehen aus Holz,
von denen die ältesten mit Metall überzogen,
die späteren geschnitzt und bemalt sind, in
lückenloser Reihe vom XII. bzw. XIV. bis
ins XVIII. Jahrh. — In meiner Sammlung
befinden sich deren 17 Exemplare, (von denen
3 paarweise vorhanden), fast alle in den 70 er
und 80 er Jahren des vorigen Jahrhunderts
von mir im antiquarischen Betriebe Deutsch-
lands erworben, wo sie am meisten ver-
breitet waren, aber um diese Zeit wenig
Beachtung fanden. — In der Gestaltung zeigt
sich eine, vornehmlich stilistischen aber auch
kostümlichen Gründen entstammende Mannig-
faltigkeit, trotz der Übereinstimmung in der
Gesamtanordnung. Diese stellt immer bald
kleiner, bald größer einen glatt oder faltig
umkleideten Unterarm mit flach ausgestreckter,
oder segnend geformter Hand dar, der auf
einem profilierten Sockel steht und zur Bergung
des Gebeins ausgehöhlt ist, so daß dieses durch
eine, in der Regel längliche Öffnung hindurch-
schimmert.
Die hier abgebildete Auswahl aus meiner
Sammlung veranschaulicht einige der geläufigen
Typen, die übrigens sehr mannigfaltig sind.
Diese aufragenden Behälter hatten die Be-
stimmung, bei feierlichen Anlässen auf den
Altären aufgestellt zu werden, nicht selten in
deren Aufsätze, oder in größere Wandschreine
aufgenommen, in denen sie zuweilen mit stoff-
lich umhüllten Reliquienschädeln abwechselten.
Laus Norddeutschland stammend, wohl kurz
vor 1100 unter dem Einflüsse der Hildesheimer
Werkstätten ausgeführt, ist 02 cm hoch, ohne
den (verschwundenen) Sockel, also von, zumal
für die Frühzeit, ungewöhnlichen Dimensionen.
Aus Eichenholz in dünner Wandung ganz
glatt geschnitzt, die Höhlung ausgemeißelt
und hinten mit einem flachen Brett geschlossen,
die Hand äußerst schlank und elegant geformt;
das Ganze war mit nur blattdickem Silber-
blech überzogen, von dem sich vereinzelt
vergoldete Lappen auf der Hand erhalten
haben; Silbernägelköpfe überall in großer An-
zahl. Aus ihnen ist mit hinreichender Deut-
lichkeit die Art der Verzierung erkennbar, die
in gemusterten, also wohl gestanzten Streifen
bestand. Schmaler und breiter zonenartig
rings umlaufend, mögen sie in ihren Medaillons
Nachbildungen orientalischer Stoffe gezeigt
haben, wie sie in den Kodizes dieser Zeit
begegnen (z. B. in dem Evangelienbuch Hein-
rich III., Bd. XIII, 77 dieser Zeitschrift). Von
dem Schmuck hat sich sonst nur das Medaillon
inmitten der Hand erhalten, ein Bergkristall
von 4 und 372 cm, hinter dem, wie es scheint,
Kreuzpartikelreste geborgen sind. Seine durch-
aus charakteristische Fassung besteht in einer
silbervergoldeten Filigranarkatur, um deren
Fuß eine aus zwei Kordeln eingefaßte Borte
läuft mit sporadischen Ösen als den Haltern
für eine Perlenschnur, wie sie auf Kreuzen des
XL Jahrh. (Hildesheim, Herford-Berlin, Fritz-
lar usw.) wiederkehrt.
2. vor zirka drei Jahrzehnten in Köln ge-
kauft, aus Ahorn geschnitzt, 48 cm hoch mit
dem Sockel, dem der Arm eingepaßt ist. Dieser
ist vergoldet, die Hand versilbert. Die spitz-
bogige, fensterartige Öffnung gestattet durch
Sechs Armreliquiare des XL bis
XVI. Jahrhunderts.
(Mit (i Abbildungen,
Tafel VII.)
it der Erhebung der
Heiligenreliquien und
deren Bergung in be-
sonderen, größeren wie
kleineren, öfters sehr
kostbaren Behältern,
entwickelte sich allmäh-
lich die Sitte, die Form der letzteren den vor-
handenen Gebeinen anzupassen, so daß direkt
das Glied erkennbar war. So entstanden seit
dem XI. Jahrh., in Metall und Holz, die Kopf-
und Büsten-, die Arm-, Hand-, Finger-, Fuß-,
Rippen-, Kinnbacken-Reliquiare — Zahllos
sind, namentlich seit dem XV. Jahrh , die
Reliquiare in Gestalt von holzgeschnitzten
Büsten, deren sich über 30 in meiner Samm-
lung befinden (vgl. diese Zeitschrift XXL,
33/34). — Auch Armreliquiare (Brachialia)
haben sich in großer Anzahl erhalten, und
das romanische, dem hl. Basilius gewidmete
im Münsterschatz zu Essen dürfte zu den
ältesten zählen. Manche derselben sind aus
Metall gebildet, zum Teil mit reichem Auf-
gebot von Stein-, Filigran- usw. Verzierungen.
Bei weitem die meisten bestehen aus Holz,
von denen die ältesten mit Metall überzogen,
die späteren geschnitzt und bemalt sind, in
lückenloser Reihe vom XII. bzw. XIV. bis
ins XVIII. Jahrh. — In meiner Sammlung
befinden sich deren 17 Exemplare, (von denen
3 paarweise vorhanden), fast alle in den 70 er
und 80 er Jahren des vorigen Jahrhunderts
von mir im antiquarischen Betriebe Deutsch-
lands erworben, wo sie am meisten ver-
breitet waren, aber um diese Zeit wenig
Beachtung fanden. — In der Gestaltung zeigt
sich eine, vornehmlich stilistischen aber auch
kostümlichen Gründen entstammende Mannig-
faltigkeit, trotz der Übereinstimmung in der
Gesamtanordnung. Diese stellt immer bald
kleiner, bald größer einen glatt oder faltig
umkleideten Unterarm mit flach ausgestreckter,
oder segnend geformter Hand dar, der auf
einem profilierten Sockel steht und zur Bergung
des Gebeins ausgehöhlt ist, so daß dieses durch
eine, in der Regel längliche Öffnung hindurch-
schimmert.
Die hier abgebildete Auswahl aus meiner
Sammlung veranschaulicht einige der geläufigen
Typen, die übrigens sehr mannigfaltig sind.
Diese aufragenden Behälter hatten die Be-
stimmung, bei feierlichen Anlässen auf den
Altären aufgestellt zu werden, nicht selten in
deren Aufsätze, oder in größere Wandschreine
aufgenommen, in denen sie zuweilen mit stoff-
lich umhüllten Reliquienschädeln abwechselten.
Laus Norddeutschland stammend, wohl kurz
vor 1100 unter dem Einflüsse der Hildesheimer
Werkstätten ausgeführt, ist 02 cm hoch, ohne
den (verschwundenen) Sockel, also von, zumal
für die Frühzeit, ungewöhnlichen Dimensionen.
Aus Eichenholz in dünner Wandung ganz
glatt geschnitzt, die Höhlung ausgemeißelt
und hinten mit einem flachen Brett geschlossen,
die Hand äußerst schlank und elegant geformt;
das Ganze war mit nur blattdickem Silber-
blech überzogen, von dem sich vereinzelt
vergoldete Lappen auf der Hand erhalten
haben; Silbernägelköpfe überall in großer An-
zahl. Aus ihnen ist mit hinreichender Deut-
lichkeit die Art der Verzierung erkennbar, die
in gemusterten, also wohl gestanzten Streifen
bestand. Schmaler und breiter zonenartig
rings umlaufend, mögen sie in ihren Medaillons
Nachbildungen orientalischer Stoffe gezeigt
haben, wie sie in den Kodizes dieser Zeit
begegnen (z. B. in dem Evangelienbuch Hein-
rich III., Bd. XIII, 77 dieser Zeitschrift). Von
dem Schmuck hat sich sonst nur das Medaillon
inmitten der Hand erhalten, ein Bergkristall
von 4 und 372 cm, hinter dem, wie es scheint,
Kreuzpartikelreste geborgen sind. Seine durch-
aus charakteristische Fassung besteht in einer
silbervergoldeten Filigranarkatur, um deren
Fuß eine aus zwei Kordeln eingefaßte Borte
läuft mit sporadischen Ösen als den Haltern
für eine Perlenschnur, wie sie auf Kreuzen des
XL Jahrh. (Hildesheim, Herford-Berlin, Fritz-
lar usw.) wiederkehrt.
2. vor zirka drei Jahrzehnten in Köln ge-
kauft, aus Ahorn geschnitzt, 48 cm hoch mit
dem Sockel, dem der Arm eingepaßt ist. Dieser
ist vergoldet, die Hand versilbert. Die spitz-
bogige, fensterartige Öffnung gestattet durch