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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Graus, Johann: Die Abteikirche St. Jak in Ungarn
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0142

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207

— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

208

abzogen, und überall eifrigste Restaurations-
tätigkeit unter des Königs tatkräftigster Führung
sich entfaltete, scheint es in St. Jak unter dem
Drang der Notwendigkeit zu einem völligen
Neubau der Kirche gekommen zusein. Die
Kloster- und Kirchenweihe, 1256 geschehen
durch den Raaber Bischof Omode, hat ihn
abgeschlossen, soweit es die Zeitumstände nur
gestatteten. Vollendet ist damals alles worden,
was wir noch vom Stilgepräge der ersten Hälfte
des XIII. Säkulums am Baue von uns haben,
selbstverständlich mit
Ausnahme der Er-
gänzungen und Er-
neuerungen der jüng-
sten Restauration.

Von Belang ist es
nun zu wissen, von
woher die künstleri-
schen und technischen
Kräfte berufen wurden,
um hier den Kirchen-
bau auszuführen?
Direkte Nachrichten
hierüber fehlen was
wir aber von den all-
gemeinen Gepflogen-
heiten erfahren, in
Übung bei den leiten-
den Faktoren Ungarns
jener Zeiten, kann
sicher bezogen werden
auf den Fall von St.
Jak. Als Hauptmittel
zur Einführung und
Förderung von Kultur
und Kunst in Volk und
Reich gebrauchen die
ungarischen Könige
mindestens vom hl. Stephan (997—1038) her-
wärts die Berufung und Begünstigung von
Kolonisten aus dem deutschen Reiche ins-
besondere. Nicht die Abwendung vom eigenen
Volke sondern, die sorgsame Rücksicht auf des-
selben Wohl bewog die Herrscher, Fremde herein
zu verpflanzen und in diesem Sinne legte der
„apostolische König Stephan testamentarisch
seinem Sohne es ans Herz, daß er der Fremden"
sich annehme. Wenn er zu gleichem Anlaß
den Ausspruch hat: „ein Land mit einer
Sprache und einer Sitte ist schwach und ge-
brechlich," so trug schon er, der echte Sproß
des Urgeschlechtes ungarischer Könige, keinen

st. Jak.

Abb. 2.

Widerwillen im Herzen gegen die fremd-
ländische Kunstsprache, die vom deutschen
Westen in sein Reich drang. Und diese Kunst-
sprache freilich zumeist im Dialekte des so-
genannten Übergangsstiles des XIII. Säkulum,
redet zu uns von Ungarns älteren Denkmalen,
die nach dem schrecklichen Tartarensturm
1241 errichtet wurden. Die Verödung, die
Verheerung seines Reiches veranlaßte König
Bela IV. (1235—1270) Kolonisten in Menge
zu rufen, die zumeist aus Mitteldeutschland
herbeikamen und in
offiziellen Kundgebun-
gen den Ehrentitel
„cari hospites" erhiel-
ten samt wertvollen
Privilegien für ihre
Ansiedlungen. Als
Zeugen dieser kultu-
rellen Restauration der
Mitte etwa des XIII.
Jahrhunderts stehen
in den Gefilden Un-
garns noch eine kleine
Anzahl von Kirchen
mehr oder weniger
im Stilcharakter er-
halten da; unter ihnen
wäre St. Jak als die
hervorragendste zu
rühmen. Mit den
übrigen (Lebeny,

Zsambek) hat sie die
höchste Einfachheit
der Plananlagen ge-
mein : zwei Türme
an der Westfront,
drei Schiffe, deren
mittleres die seitlichen
basilikal übersteigt, drei Apsiden am Ostende
wozu hier in St. Jak die Einschaltung des Chor-
quadrates zwischen Schiff und Hauptapsis
den Altarraum vergrößert. Im Erdgeschoß
der Westtürme und zwischen ihnen zieht sich
die dreiteilige Vorhalle hin; drei Pfeilerpaare
sondern darauf die Schiffräume, kreuzförmig
alle und mit vorgelegten Säulchen gegliedert,
also deutlich berechnet für eine vollständige
Einwölbung der Schiffe unter Anwendung von
Quergurten und Diagonalrippen. Zustande-
gebracht wurde dieselbe nicht, wahrscheinlich
wegen der schwierigen Zeitläufte; nur im Chor-
quadrat, im nördlichen Seitenschiff in den

Westfassade.
 
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