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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Poppelreuter, Josef: Das Kölnische Philosophen-Mosaik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0164

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241

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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einem skeptischen Lächeln ergänzt, daß ich
hier eine neue Deutung des kölnischen Philo-
sophenmosaiks auszusprechen im Begriff bin.
Und in der Tat, ich stehe nicht an, mich
jedweder Skepsis auszusetzen; denn ich würde
etwas empfinden, wie von einer versäumten
wissenschaftlichen Pflicht, wenn ich mit dieser
Deutung, trotzdem ich sie nicht mathematisch
beweisen kann, aus Scheu vor Kritik zurück-
hielte; ich zögere nicht mit dem Schluß: Das
kölnische Philosophenmosaik ist der
Boden eines der Räume des viel-
gesuchten und anscheinend nie ge-
fundenen conventiculum ritus Christi-
an i; das umfangreiche Gebäude, von welchem
der vom Mosaik geschmückte Raum nur einen
Teil bildete, und dessen Grundriß bei den
Bauveränderungen 1844 wahrgenommen, aber
nicht näher untersucht wurde, war das Haus
der Christen im römischen Köln. Wenn wir
dabei der Cäcilienkirche selbst die alte Be-
vorzugung nehmen, nach welcher man in ihr
die Fortsetzung dieses conventiculum sehen
wollte, so werden gerade wir andererseits die
alte Überlieferung, an St. Cäcilien habe der
älteste Bischofsitz gelegen, gerne als eine
solche gelten lassen, welcher ein bestimmter
historischer Kern innewohnt.6)

Um hier nochmals auf die Frage nach der
Ergänzung der fehlenden Medaillons zurückzu-
greifen, so scheint es um so eher möglich, auch
bei Ergänzung von nur griechischen Geistes-
heroen an christlichen Charakter zu denken, als
es sich um einen Raum, etwa die Bibliothek
oder den Schulraum handelt, während Dar-
stellungen rein biblischen Inhalts sich in andern
Räumen gefunden haben mögen.

Harnack kommt (Mission S. 511) auf die köl-
nische Frage zu sprechen und sagt: „Aber wie
klein muß die Gemeinde gewesen sein, wenn sie
noch im Jahre 355 ein „Conventiculum" besessen
hat! Diese Nachricht genügt, um das Christen-
tum in ganz Germanien als sehr gering vor-
zustellen". Das ist vielleicht etwas zu pessi-
mistisch. Sprachlich ist das Deminutiv wohl
nicht zu streng auf die räumliche Ausdehnung
zu beziehen, und wir können auch wohl unser
Christenhaus unter jenem „oi jfeKjr/avo» . - •
ficyi'aiovg olxovgoixodofiovaiv", (Macarius Mag-
nes IV, 21; Harnack, Mission p. 346 Anm. 4)
mitverstehen. Freilich werwill das Verhältnis von
Christen und Heiden numerisch nachrechnen ?

6) H. Keussen »Westd. Zeitschr.» XX p. 43.

Sicher werden die Aussichten der Mission in
mancher Hinsicht bei den Eingeborenen der
Kolonien besser gewesen sein, wie an den alten
Bildungsstätten am Mittelmeer, wenn diesen
Eingeborenen die griechische Kultur gleich in
christlichem Gewände zugeführt wurde. Aber
die Größe des Gebäudes und die wirtschaft-
lichen Verhältnisse der Kolonien, aus welchen
uns über ganz erstaunliche einzelne Reichtümer
berichtet wird, in welchen die schönen christ-
lichen Gläser gefunden werden, für die sich
doch ein zahlendes Publikum finden mußte,
lassen uns einen anderen Satz Harnacks
(Mission S. 539) auf die kölnischen Verhält-
nisse anwenden „. . daß numerische Stärke
und Einfluß nicht überall zusammenzufallen
brauchen: eine kleinere Zahl kann sehr
einflußreich sein, wenn sie in den führen-
den Ständen ihre Stärke hat....." Wir

fügen hinzu: namentlich in den reichen Ständen,
welche imstande waren, der Gemeinde große
Stiftungen zu machen, und das waren in Köln
zumeist Großgrundbesitzer und Fabrikanten,
und zwar diese eher östlicher wie italischer
oder gar eingeborener Nationalität.

Wer meine Deutung in Erwägung zu
nehmen bereit ist, wird es als selbstverständlich
ansehen, daß hier die Christenschule, entspre-
chend dem Umstände, daß der ganze Lehrgang
sich mit dem heidnischen zu decken begonnen
hatte, so auch die künstlerische Gesamtanlage
der Dekoration aus den Gelehrtenschulen des
Heidentums herübernahm, und zwar entweder
ganz oder aber leicht modifiziert. Die Aus-
stattung der Hallen, Bibliotheken usw. hatte
schon eine lange, in den älteren Hellenismus
hinaufgehende, Geschichte hinter sich, und
nicht nur in literarischer und geistiger Be-
ziehung, sondern eben auch in dieser Frage
der künstlerischen Dekoration schweift unser
Blick wiederum nach Alexandrien hinüber,
der Stadt der Gelehrten und der Bibliotheken,
der Stadt der altchristlichen Literatur. Die
Büsten und Medaillons berühmter Männer
machten wohl auch dort ein wesentlich Teil
der Dekoration aus. Die Ausstattung mit
Medaillons war den Wänden und Gewölben
angemessen und in unserem Mosaik haben
wir, worauf ich hier nicht näher eingehen will,
die Übersetzung solcher Gewölbedekorationen
auf den Fußboden vor uns.

So denke ich, erscheint es denn wahr-
scheinlich genug, daß uns ein gütiges Geschick
 
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