Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0171

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
255

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

256

Stickerei-Zeitung. Illustrierte Zeitschrift zur
Pflege und Förderung künstlerischer Handarbeiten. —
Zentralorgan für die Fabrikation und den Handel
von Stickereien, Tapisseriewaren, Spitzen und Besatz-
artikeln. — X. Jahrg. I. Heft. — Alexander Koch
in Darmstadt. — Vierteljährlich 2 Mk.
Diese aus der „Tapisserie- und Stickerei-Zeitung"
hervorgegangene Monatsschrift verfolgt den Zweck,
im Sinne des in die modernen Kunstbestrebungen so
mächtig eingreifenden Darmstädter Verlags, die in den
letzten Jahrzehnten etwas zurückgebliebene Kunst der
Stickerei und der verwandten Techniken, also nament-
lich der weiblichen Handarbeiten, wiederum zur Blüte
zu bringen durch eingehende Belehrungen, sowie durch
Darbietungen neuer Vorlagen wie sie für die moderne
Hausausstattung und Bekleidung im Fortschritt der
Mode gefordert werden — Was auf diesem Gebiete
Jahrzehnte hindurch Frau von Lipperheide durch die
Wiedereinführung der alten Muster und Wiederbelebung
der alten Herstellungsarten in unermüdlicher Weise
geleistet hat, behauptet dauernd seinen Wert, und im
Zusammenhang mit diesen Bestrebungen liegen die Vor-
bedingungen für die Schaffung korrekter neuer Formen

und Verfahren zur Befriedigung der modernen An-
sprüche. — Daß von diesen Grundsätzen auch die neue
Zeitschrift geleitet wird, scheint aus diesem I.Hefte
gefolgert werden zu dürfen, das, prächtig und lehrreich
ausgestattet, überall der Handiertigkeit das Wort redet
und das vorbildliche Material anpaßt. Durch die dabei
zur Geltung kommenden Techniken, deren das Mittel-
alter und die Renaissance einen unerschöpflichen Schatz
zurückgelassen haben, erhält die Zeichnung schon von
selbst einen gewissen Ernst, zugleich die Frauenhand
eine solide Schulung, die ihr auch für das erfolgreiche
wirtschaftliche Schaffen neue Aussichten erfreulichster
Art eröffnet. —Wandbehänge und Möbelbezüge, Wand-
schirmfüllungen-, Kissen- und Tischläufer, Handtaschen
und Kinderhäubchen, Borten, Monogramme, Embleme,
Buchzeichen, zumeist von Frauen entworfen, werden
in reicher Auswahl und klaren Zeichnungen geboten
mit mancherlei durchaus praktischen Unterweisungen.
— Wenn auf diese Weise durch diese Zeitschrift die
Handarbeit wieder in die richtigen Bahnen geleitet und
recht fruchtbar gemacht würde, so wäre damit nicht
nur der Sache des Geschmacks und der Kunst ein großer
Dienst erwiesen. Schnütgen.

Entgegnung-.

|u der vom Grafen Vitzthum S. 203 ff. des Zentral-
blattes für kunstwissenschaftliche Literatur und
Bibliographie, Jahrg. 1909, Heft 8, gegebenen Be-
prechung meiner „Neuen Studien zur Evangelienhand-
schrift Nr. 18 (,Des hl. Bernward Evangelienbuch') im
Domschatze zu Hildesheim" glaube ich mich äußern
zu müssen. Dies geschieht an dieser Stelle, nachdem
merkwürdigerweise die Aufnahme meiner Entgegnung
in das genannte Blatt, nach Genehmigung durch die
Redaktion, vom Heiausgeber mit dem Hinweise ab-
gelehnt wurde, daß von jetzt ab prinzipiell Repliken
jeder Art ausgeschaltet werden sollen.

Vitzthum erklärt lediglich auf Grund der wenig
guten Lichtdrucktafeln in Beissels Publikation der
Handschrift und einer Erinnerung an das Original aus
einer Zeit, zu der ein Anlaß zu genauerer Beachtung
gerade dieses Punktes kaum vorlag, meine Zuweisung
des Schmuckes an verschiedene Künstlerpersönlichkeiten,
einen „Bildermaler" und einen „Maler der Initialseiten",
für unhaltbar. Ich kann dazu nur bemerken, daß
meine Zuweisung wohlüberlegt nach mehrwöchentlichem
Studium des Originals, bei der mir meine Erfahrung
in zeichnerischer und malerischer Praxis zu Hilfe kam,
und nach eingehendsten Untersuchungen besonders auch
an Vergrößerungen meiner Originalaufnahmen aller Zier-
seiten der Handschrift erfolgte. Die Wiederkehr von
Motiven der Initialseiten auf den Bildhintergründen habe
ich, wie Stellen meiner Arbeit beweisen, wohl bemerkt
und meine den Befund erklärenden Schlußfolgerungen
daraus gezogen.

Ebensowenig ist mir der Gegensatz zwischen dein
Flächenstil der Hildesheimer und dem illusionistischen
der angezogenen Handschriften des VI. Jahrb.. ent-
gangen. Umsomehr mußte es aber auffallen, daß in
der Hildesheimer Handschrift trotz der großen, aber
ganz allmählich erfolgten Stilwandlung die gerade im
Vergleich zu anderen gleichzeitigen Schulen höchst
charakteristische Manier, Nasen und Augen, Haar
und Bart zu zeichnen wie Falten anzugeben, über-

einstimmt, was Vitzthum nicht bestreiten kann. Dieses
Argument wird jeder richtig bewerten können, der selbst
einmal den Stift in der Hand hatte. Von einem Zu-
sammenhang dieser technischen Methodik mit der
Gesamterscheinung kann nicht die Rede sein, und
weitere verwandte Züge habe ich nicht behauptet.

Bei meiner Annahme der orientalischen Herkunft
einzelner formaler und ikonographischer Motive — ich
vermisse in Vitzthums Besprechung hier eine Erwäh-
nung der dafür wohl nicht ganz wertlosen von mir
entdeckten griechischen Inschrift in der Einzugsszene —
war ich mir wohl bewußt, daß das eine oder andere
angezweifelt werden könne, habe daraus aber auch kein
Hehl gemacht und keinen besonderen Wert darauf ge-
legt, weil sich in jedem Falle eine auffallende
Vermischung des morgen- und abendländischen Bilder-
kreises als Gesamtergebnis herausstellte, das übrigens auch
Vitzthum nicht in Zweifel zog, und weil ich trotz Vitz-
thums gegenteiliger Annahme sehr wohl wußte, daß es
auf eine scharfe Unterscheidung beider Bilderkreise zu
dieser Zeit nicht ankommt. Es handelte sich durchaus
nicht darum, eine auch nur mittelbare Abhängigkeit
von einem oströmischen Original nachzuweisen, — wie
Vitzthum zu dieser Annahme kommt, ist mir uner-
findlich —, sondern ausschliefälich darum, den Bilder-
kreis der Handschrift als einen mit keiner der bisher
bekannt gewordenen Schulen identischen festzulegen.
Aus der zu diesem Zwecke zusammengestellten Tabelle
ergab sich zufällig ein deutlicher Hinweis auf St Gallen,
dem ich zu meinem Bedauern seiner Zeit nicht weiter
folgen konnte. An ein wirkliches Fehlen — ich
sprach von einem scheinbaren, da die noch in
St. Gallen befindlichen Handschriften bis heute nicht
publiziert sind — einer Parallele in St Gallen glaube
ich darnach nicht, hoffe vielmehr, in kürze den Beweis
für die Richtigkeit memer Annahme — es war keine
Behauptung — erbringen zu können.

Berlin.

) Osten.
 
Annotationen