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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Creutz, Max: Aus der Werkstatt des Rogerus
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0245

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363

1909. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

364

Bauer die Spreu vom Weizen sondert. Der
Faltenwurf des Mantels ist in streng linearen
Falten betont und herausgehoben. Und hier
läßt sich eine interessante Beobachtung machen.
Faltenwurf und Einzelheiten, besonders die
Sternchen des Gewandsaumes, sind auf dem
Oberkörper des Heilandes viel vollendeter,
am unteren Gewandsaume flüchtiger und
gleichgültiger wiedergegeben. Hieraus kann
man vielleicht schließen, daß der Meister selbst
die Hauptpartien des Körpers vorgearbeitet
und die gleichgültigeren dem Schüler über-
lassen hat. Verwandt mit der Kölner Platte
sind die Christusgestalt des Paderborner Dom-
altares und die Figuren des Hildesheimer
Godehardus-Schreines (Abb. Creutz a. a. 0.>
Abb. 135 u. 136). Die Bedeutung des Rogerus

führt vom Kopf von Fischbeck in Hannover,
einem Leuchter mit Rankenwerk und drei
sitzenden Engeln im Berliner Kunstgewerbe-
museum, der Porträtbüste Friedrich Barbarossas
in Kappenberg weiter, bis man schließlich
am großen Taufbecken des Hildesheimer
Domes noch Spuren jenes großen Stiles aus
der 1. Hälfte des XII. Jahrhunderts verfolgen
kann. Selbst bei zwei schon gotisierenden
Taufbecken in Halberstadt und einem Reliquien-
arme des dortigen Domschatzes ist die Er-
innerung an Rogerus nicht verwischt. An
anderer Stelle soll diese Gruppe behandelt
werden. Es erübrigt hier zwei Werke aus
einem ganz anderen Stoffgebiete heranzuziehen,
die gleichfalls den streng romanischen Charakter
und die lineare Art des Rogerusschreines

Abb. 3. Teil des Abrahamteppichs im Dom zu Halberstadt.

für die zeitgenössische Plastik ist so umfassend,
daß wir überall in Sachsen Merkmale seiner
Anschauung wiederfinden!6)

Die frühen Werke der Monumentalplastik
lassen sich in sein Lebenswerk und in das
Werk Reinbolds einordnen. Auf der Stufe
des Abdinghofer Tragaltares der Franziskaner-
kirche stehen das Denkmal Rudolfs von
Schwaben in Merseburg, das Widukinddenkmal
zu Herford und die Externsteine; den streng
romanischen Rogerusstil vertreten die Quedlin-
burger Äbtistinnen, das Stucktympanon zu
Erfurt, die Gröninger Figuren im Berliner
Kaiser-Friedrichmuseum u. a. in Zusammen-
hang mit dem plastischen Stil der Hildes-
heimer Sarkophage. Die Weiterentwicklung

6) vgl. d. Verf. in »Berliner Sitzungsbericht 1906«
Bd. V.

nicht verleugnen, die beiden Wirkteppiche
im Chore des Halberstädter Domes, der Engel-7)
und Apostelteppich (Abb. 3 u. 4).

Diese Arbeiten sind bisher auch vom Ver-
fasser unrichtig in die Zeit um 1200 angesetzt
worden. Dazu verleitete der zackige Stil, der
in dieser Zeit in Sachsen unter Einwirkung
des byzantischen Stiles in Erscheinung trat.
In der Tat unterscheidet sich dieser Falten-
stil sehr wesentlich von der linearen Auffassung
der Halberstädter Teppiche. Der Unterschied
wird besonders deutlich, wenn man die Figuren
der späteren Quedlinburger Teppiche aus

7) Abb. vgl. d. Verf. in Lessings »Wandteppiche
und Decken des Mittelalters« Taf. 22 ff. Zu einer
stilistischen Bestimmung dieser Teppiche ist es bisher
nicht gekommen Sie erschienen immer als vereinzelte
Schöpfungen, deren Stil innerhalb der allgemeinen
künstlerischen Entwicklung schwer festzustellen war.
 
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